Die Pflastersteine wackeln, die wuchtigen Beton-Blumenkübel sind in die Jahre gekommen, Sitzgelegenheiten fehlen: Das mehr als 350 Jahre alte Kapuzinerkloster ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Werne. Anders als die übrigen Bereiche der Innenstadt - Steinstraße, Bonenstraße, Moormannplatz und Marktplatz - wirkt der Klostervorplatz aber nicht wirklich einladend. Die 2002 begonnene Innenstadtsanierung hat bislang einen Bogen um ihn und die angrenzende Südmauer gemacht. Das soll sich 2025 ändern - trotz der prekären Haushaltslage der Stadt.
1,2 Millionen Euro wird die Aufwertung des Innenstadtbereichs entlang der Südmauer zwischen dem Anschluss Am Griesetorn und Am Neutor kosten: eine Zahl, die schon seit August im Raum und inzwischen auch im Haushaltsentwurf steht. Dank einer 70-prozentigen Förderung bleiben für die in finanzieller Schieflage befindlichen Stadt noch rund 360.000 Euro aufzubringen.
Viel Geld in diesen schwierigen Zeiten, wie gleich mehrere Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Wirtschaftsförderung in ihrer November-Sitzung befanden. Christian Most, Inhaber des Kamener Planungsbüros DW-Ingenieure, stellte ihnen vor, was Werne mit dieser Investition bewirken könnte. „Die Situation wird deutlich besser werden: ein Vorzeigebereich.“ Und der Abschluss der Innenstadtsanierung nach fast einem Vierteljahrhundert. Das wird auch Folgen für den Verkehrsfluss haben.

Nur noch bis zur Tiefgarage
Wer Am Griesetorn keinen freien Parkplatz findet, kann derzeit einfach geradeaus in Richtung Neutor weiter fahren, das Kapuzinerkloster rechts und die Sparkasse an der Lippe links liegenlassen und hoffen, das Auto entlang der Mauer zum Klostergarten abstellen zu können. Damit soll bald Schluss sein. Mosts Entwurf sieht vor, dass sich die Südmauer nicht nur gestalterisch den übrigen Innenstadtbereichen annähert, sondern auch funktional.
„Der gesamte Bereich Südmauer wird als verkehrsberuhigt ausgewiesen“, sagte er. Die Fußgängerzone wachse praktisch vom alten Rathaus zu dem anderen bedeutenden Gebäude, das auf keiner Stadtführung fehlen darf: zum Kapuzinerkloster. Konkret: „Der Kraftfahrzeugverkehr wird dort nur noch eine untergeordnete Rolle spielen und sich im Wesentlichen auf Ein- und Ausfahrt aus der Tiefgarage beschränken“.
Die Einbahnstraßenregelung, die es zurzeit gibt, ist damit hinfällig. Künftig werden sich Autos - Müllfahrzeuge und Rettungswagen ausgenommen - ausschließlich zwischen dem Abzweig Neutor und der Tiefgarage hin- und herbewegen dürfen. Eine Durchfahrt vom Griesetorn wird es künftig nicht mehr geben. Stattdessen ist ein Wendehammer in Höhe der Tiefgarage der Sparkasse vorgesehen.
Ob auswärtige Gäste oder Wernerinnen und Werner: Wer sich auf dem künftig leicht angehobenen Vorplatz zwischen Kloster und Klosterkirche befindet, wird dort besser verweilen können - nicht nur wegen des dann ausbleibenden Autoverkehrs. Nach Mosts Entwurf könnte es dort regengeschützte Sitzgelegenheiten geben: „vielleicht mit einer Bücherbox, einem Wasserspiel oder einem Digitalmonitor, auf dem Gäste etwas über die Geschichte des Klosters erfahren können.“ Auch eine Ladestation für E-Fahrräder kann er sich dort gut vorstellen.

Die genaue Gestaltung dieses Aufenthaltsbereichs ist noch offen. Anderes steht dagegen jetzt schon fest: dass etwa der gesamte verkehrsberuhigte Bereich behindertengerecht gestaltet werde. „Eine Selbstverständlichkeit“, sagte Most. Stolperkanten würden verschwinden, sogenannte taktile Elemente im Gehwegbereich, die der Orientierung dienten, dagegen eingebaut. Auf Wunsch der Kapuziner erhält auch das Kloster selbst einen behindertengerechten Zugang, während die unter Denkmalschutz stehende zweistufige Treppe erhalten bleibe.
Unstrittig sei es auch, „dass die Parkplatzsituation im Bereich Südmauer aufrechterhalten oder sogar verbessert wird“, sagte Most. Das sei so mit den Anwohnern und dem Einzelhandel abgestimmt. Der Gehweg entlang der Klostermauer werde ebenfalls erhalten bleiben - sogar mit denselben Pflastersteinen. Sie würden aufgenommen, gereinigt und neu verlegt, damit der ursprüngliche Charakter erhalten bleibe. Bei der Gelegenheit würden auch die alten Straßenlaternen gegen moderne LED-Beleuchtung ausgetauscht.
13 zusätzliche Bäume
Was sowohl Planer Most, der selbst Werner Bürger ist, als auch den Ausschussmitgliedern wichtig ist: der Erhalt des alten Baumbestandes an der Klostermauer und am Klostervorplatz. Der Grünbestand soll noch erweitert werden. Most sprach von „mindestens 13 neuen Bäumen“, vermutlich „schlank wachsende Solitärbäume wie Ahorn“,. Die drei Akazien vor der Sparkasse - „Stämmchen von wenigen Zentimeter Umfang“, so der Planer - werden im Zuge der Umgestaltung verschwinden. An ihre Stelle sollen heimische Bäume treten. Damit sie und die anderen Neuanpflanzungen sich besser entwickeln als die kümmerlichen Akazien, sind nicht nur größere Baumscheiben vorgesehen, sondern auch sogenannte Baumrigolen: ein besonderes unterirdisches Bewässerungssystem, das aus dem Oberflächenwasser gespeist wird.
Zu früh für das Wärmenetz
Das Gros der Arbeiten für den letzten Schritt der Innenstadtsanierung wird ohnehin nicht überirdisch erfolgen, sondern unter der Straßendecke. Der Kommunalbetrieb Werne werde die schadhafte Kanalisation erneuern. Wie bereits in den anderen Bereichen der Fußgängerzone wird das Regenwasser künftig über sogenannte Schlitzrinnen in die Kanalisation abgeführt werden.
Ein Wermutstropfen dabei: Wenn die Bagger anrollen werden um die Tiefbaumaßnahmen durchzuführen, wird nach Auskunft der Stadtverwaltung noch nicht die Planung für das kommunale Wärmenetz abgeschlossen sein. „So lange können wir leider nicht warten“, sagte Tobias Gehrke, Leiter des Kommunalbetriebs Werne, auf Anfrage. Im schlimmsten Fall müsse die Straße später noch einmal aufgerissen werden.
Trotz der hohen Kosten: Kritik an der geplanten Umgestaltung von Klostervorplatz und Straße Südmauer war im Ausschuss nicht zu hören. Eine Abstimmung erfolgte noch nicht. Das wird erst am 4. Februar der Fall sein.
