Wenn man mit Tanja Schätz über „Fräulein Kurvig“ spricht, hört man das Lachen in ihrer Stimme. Ein bisschen aufgeregt ist die 45-jährige Wernerin schon, gibt sie zu. Es ist auch kein Wunder. Schließlich steht sie im Finale der Wahl zu „Miss Curvy 2023“ von der Agentur „Fräulein Kurvig“ und ist damit unter den letzten 24 von insgesamt 2.300 Bewerberinnen.
Bei der Idee, sich zu bewerben, hat sie erst gezögert. „Eine Freundin von mir hat schon vor einem Jahr gesagt, ich solle doch da mitmachen“, erzählt sie. „Am Anfang habe ich aber gedacht: Ich weiß nicht. Ich mache doch sowieso schon so viel.“ Tatsächlich: Die Wernerin ist an mehreren Fronten aktiv. So arbeitet sie als selbstständige Rechtsanwältin in der Kanzlei Diekmann-Denkert in Lünen, ist auch in der Werner Politik für die FDP aktiv und ist alleinerziehende Mama von zwei Kindern. Mehr als ein Vollzeitjob also.
Dennoch entschied sie sich, bei der „Miss Curvy“-Wahl teilzunehmen. Denn Tanja Schätz will ihre Geschichte erzählen. Sie hat ein bewegtes Leben hinter sich. Über dreißigmal ist die Wernerin umgezogen, geboren ist sie im heutigen Namibia. Ein ständiger Begleiter war dabei auch das Thema des eigenen Körpers. „Eigentlich hatte ich nie Probleme damit. Meine Familie hat mich so geliebt, wie ich bin und ich hatte immer Freunde, die mich so akzeptiert haben.“
Beleidigungen wegen ihres Gewichts
Trotzdem gab es ein Erlebnis, das sich nachhaltig in das Gedächtnis der fast 1,90 Meter großen Anwältin eingebrannt hat. In der neunten Klasse besuchte Tanja Schätz ein halbes Jahr ein Gymnasium in Heidelberg. „Da wurden mir jeden Tag auf dem Schulhof jeden Tag Beleidigungen wegen meines Gewichts hinterhergerufen. Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht“, erinnert sie sich.
Sonst habe sie nie Probleme gehabt, sei nicht gehänselt worden. „Und plötzlich war ich das Allerletzte, nichts mehr wert und konnte gar nicht zur Ruhe kommen, nur weil andere Menschen beschlossen haben, dass ich zu groß, zu dick und nicht normal bin. Auf einmal wurde ich nur noch auf mein Gewicht reduziert.“ Eine schwierige Zeit, die die 45-Jährige nachhaltig geprägt hat.
„Ich habe darunter wirklich mehrere Monate gelitten“, erinnert sich Tanja Schätz zurück. „Deswegen war ich auch froh, als wir wieder umgezogen sind.“ Nach und nach hat sie dann auch ihr Selbstbewusstsein zurückgewonnen. „Ich war auch schon immer groß, dazu ein paar Kilos mehr. Ich werde nie so aussehen wie andere, aber das hat mit meinem Charakter nichts zu tun.“
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Mit ihrer Teilnahme an der „Miss Curvy“-Wahl will Tanja Schätz die Botschaft vermitteln, dass alle Menschen schön sein können - ganz unabhängig von der eigenen Konfektionsgröße. „Man muss andere Körper nicht bewerten. Jeder ist auf seine Art schön“, sagt sie. „Ich will den Leuten zeigen: Was ihr bei Instagram seht, ist nicht das Normale. Jeder kann das alles machen, egal welches Gewicht, welche Hautfarbe oder sonst was.“
Das soll sich dann auch beim Finale der „Miss Curvy“-Wahl in der Veranstaltung zeigen. Bereits vor ein paar Wochen war Tanja Schätz zum Halbfinale nach Düsseldorf gefahren. „Da wusste davon noch fast niemand“, sagt sie. Mit dem Einzug ins Finale hat sich das nun aber geändert: Freunde aus Werne, Mönchengladbach, Lünen und Düsseldorf haben sich angekündigt, bei der großen Show am 16. Dezember vor Ort zu sein.
Für Tanja Schätz bietet die Show vor allem volles Programm. Bereits im Vorfeld gibt es Make-up-, Tanz- und Catwalk-Training, dazu kommen diverse Fittings. Beim Finale hat jede Kandidatin gleich mehrere Auftritte mit Kleidern der Sponsoren, wie etwa „Aschenbrödel“ Braut-und Festtagsmoden. Die ersten drei Plätze bekommen am Ende einen Modelvertrag, die Siegerin dazu noch eine Krone. Das ist für Tanja Schätz aber zweitrangig. Dabei sein zu können, den Gedanken der Bodypositivity und Selbstliebe in den Köpfen der Menschen zu vervielfältigen und weiterzutragen, das ist der eigentliche Hauptgewinn.
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