
© Neubauer/Püschner
Feuer in Werne: Als die Bürger noch zum Ledereimer griffen
Video-Kolumne Heidewitzka
Bevor Werne eine eigene Feuerwehr bekam, waren die Bürger bei Löscharbeiten auf sich selbst gestellt. Um die Geschichte der Brandbekämpfung geht‘s diesmal in unserer Kolumne „Heidewitzka“.
Feuer war für die Menschen im Mittelalter neben Krieg und Krankheit eine der schlimmsten Katastrophen, die sie erleiden mussten. Da es in jedem Haus mindestens eine Feuerstelle zum Heizen oder für das jeweilige Handwerk gab, kam es oft durch Unachtsamkeit vor, dass ein Feuer ausbrach. Die Häuser in Werne bestanden zu ganz überwiegendem Teil aus Fachwerk und meist aus strohgedeckten Dächern, so dass es kein Wunder war, dass sich ein Brand über einen ganzen Straßenzug ausbreiten konnte.
Die Werner Bevölkerung war zu arm, um Häuser aus Stein zu errichten – nur vier steinerne Gebäude gab es im Mittelalter: Die Christophorus-Kirche, das Rathaus, das Steinhaus und später das Kapuziner-Kloster.
Wie sah nun die Brandbekämpfung in jener Zeit aus? Die einzige Methode, ein Feuer zu löschen, bestand damals darin, dass, wenn das Horn des städtischen Nachtwächters ertönte, jeder Bürger seinen Ledereimer, der hinter der Wohnungstür hing, ergriff und zur Brandstelle eilte, um als Teil einer Menschenkette vom nächstgelegenen Brunnen oder Teich Wasser zu schöpfen und das Feuer damit löschen zu können (Brandhorn und Ledereimer sind im Werner Museum heute noch anzuschauen).
Diese Methode war sicherlich nicht sehr erfolgreich und so hatte fast jede Generation einen Großbrand und verlor dabei oft ihr ganzes Hab und Gut. Eine besondere „Spezialität“ des Mittelalters war auch das sogenannte „Mordbrennen“. Dabei fielen feindliche Truppen von benachbarten Fürsten- oder Bistümern in Werne ein, überfielen und brandschatzten das Lippestädtchen, das an der südlichen Grenze des Oberstifts Münster lag.
Im Jahre 1400 stand der Werner Kirchhof in Flammen
Besonders die Grafen von der Mark jenseits der Lippe taten sich bei diesen Überfällen sehr hervor, so zum Beispiel im Jahre 1400. So berichtet die Chronik von Overhage / Brüggemann aus dem Bürgerbuch, dass „Anno Domini MCCCC do wan uns de greve van der Marck Weren aff up de Nacht... de comet to midden zommer und brannten dar degher ut so dar dar ny nich Hues stan bleef um de Kerckhoff un de Spicker…“ (die Grafen von der Mark kamen in der Nacht mitten im Sommer und brannten die Häuser am Kirchhof nieder, so dass kein Haus stehen blieb).
Die sicherste Methode, an das Hab und Gut der Einwohner zu kommen, war, Feuer zu legen und zu warten, bis die Bürger mit ihren Habseligkeiten aus ihren Häusern stürzten, um dann von den feindlichen Söldnern empfangen zu werden. Bei dem verheerenden Brand von 1400 fiel der ganze Kirchhof den Flammen zum Opfer und auch Teile der Christophorus-Kirche, so dass man sich einige Jahre später entschloss, eine neue Kirche, die jetzige, zu errichten.

Stadtführerin Heidelore Fertig-Möller mit einem Brandhorn. Der Nachtwächter alarmierte hiermit die Bevölkerung im Falle eines Feuers. © Felix Püschner
Aber nicht nur feindliche Truppen bedienten sich des „Mordbrennens“: Auch der eigene Landesherr ließ im Jahre 1433, als Werne wieder einmal von feindlichen Söldnern eingenommen worden war, seine eigene Stadt in Brand stecken, um die Feinde zu vertreiben. Zwischen 1457 und 1505 gab es ebenfalls mehrere große Brände in Werne. Die größte Feuerkatastrophe war jedoch im Jahre 1586, diesmal nicht durch feindliche Truppen verursacht, sondern aus Unachtsamkeit entstanden.
Es fielen diesem Brand 43 der ca. 200 Häuser innerhalb der Stadtmauer zum Opfer – ein ganzes Stadtviertel wurde ausgelöscht, auch die Burg von Werne, damals in der Nähe des heutigen Moormann-Teiches gelegen, die auch nie wieder aufgebaut wurde. Nur noch die Straßennamen „Burgstraße“, „Kleine Burgstraße“ und „Burgtor“ erinnern an die ehemalige Burg des Bischofs von Münster.

Brandhörner aus dem Werner Museum. © Förerverein Stadtmuseum Werne
Von einer Brandkatastrophe, mit der die Bürgerschaft von Werne fast schon fest gerechnet hatten, blieb sie allerdings verschont, denn als im Jahre 1622 Herzog Christian von Braunschweig – Wolfenbüttel das Oberstift Münster mit seinen Söldnern heimsuchte, wurde Werne verschont und nur die umliegenden Ortschaften und Bauernhöfe fielen dem „Tollen Christian“ zum Opfer. Wahrscheinlich wurde Werne nicht gebrandschatzt, weil sich zufällig 60 Reiter aus Olfen im Lippestädtchen aufhielten und Christian deshalb lieber anderswo plünderte und „mordbrannte“.
Im 18. Jahrhundert gab es in Werne dann endlich eine Feuerversicherung für Gebäude, die erste Brand-Assuranz mit Namen „Registrum der Constribution zur Brand-Societät pro Anno 1777“. In einer Verordnung des Werner Magistrats hieß es aber noch im Jahre 1846, dass „bei ausbrechendem Brande in der Stadt, sowohl bei Tage als des Nachts die gewöhnliche Stadt-Brand-Glocke gezogen wird, wobei in den Straßen getrommelt und der Nachtwächter in das Horn stößt.“
Bis 1879 sollte es noch dauern, bis nach einigen bürokratischen Hindernissen eine freiwillige Feuerwehr in Werne gebildet wurde, die nun Brände in der Stadt erfolgreich bekämpfen konnte.

Eine Hölzerne Einstellspritze zum Feuerlöschen aus dem 17. Jahrhundert © Förerverein Stadtmuseum Werne