Es wird viel geredet über die Grundsteuer B und die Hebesätze. Beides wurde bekanntlich reformiert und muss nun von Kommunen umgesetzt werden - auf die eine oder die andere Weise. In Werne soll die Entscheidung im kommenden Stadtrat fallen - dennoch gab es im Haupt- und Finanzausschuss bereits deutliche Worte.
Grundlage der Problematik ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2018. Das Gericht stellte fest, dass die bisher genutzten Grundstückswerte, die für die Berechnung der Steuer maßgeblich sind, in vielen Fällen heute nicht mehr den aktuellen Marktwerten entsprechen.
Drei Möglichkeiten
In den letzten Jahren mussten deshalb die Steuerwerte aller Grundstücke von den Finanzämtern neu festgesetzt werden. Für die kommunalen Haushalte stellt die Grundsteuer neben der Gewerbesteuer die bedeutendste Einnahmequelle dar. Für die Kommunen wie Werne gibt es nun drei Möglichkeiten.
Die Hebesätze könnte auf dem gleichen Niveau bleiben wie bisher. Im Haupt- und Finanzausschuss erklärte Stephan Krüger von der Kämmerei aber, das sei für Werne nicht wirklich eine Option. „Das würde ein Defizit von 1,7 Millionen Euro einbringen. Bei der aktuellen Haushaltslage ist das keine Möglichkeit.“ Auch der Grundsatz der Aufkommensneutralität werde dadurch durchbrochen.

Die zweite Variante wäre die Erhöhung der Hebesätze auf einen aufkommensneutralen Gesamthebesatz - also so, dass die Stadt Werne auch im kommenden Jahr wieder annähernd die gleichen Einnahmen über die Grundsteuer generieren würde. Der Nachteil: Es würde, aufgrund der neu bewerteten Steuersätze, zu einer starken Verschiebung der Belastung kommen. Eigentümer von Wohngrundstücken müssten wohl mehr zahlen, Eigentümer von Gewerbeflächen weniger.
Die dritte Möglichkeit wären differenzierte Hebesätze, die aber ebenfalls auf aufkommensneutrale Höhe angepasst werden. Das würde bedeuten: Die Hebesätze für Gewerbeflächen würden stärker angehoben werden als für Wohngrundstücke, um die Belastung einigermaßen auszugleichen.
Auch hier hat sich aber ein entscheidender Nachteil ergeben: Es gibt ein erhebliches Risiko der Rechtsunsicherheit, da nicht klar ist, ob Gewerbetreibende gegen die erhöhten Hebesätze klagen könnten. Wäre eine solche Klage erfolgreich, könnte sie für einen Steuerausfall sorgen und würde damit ein finanzielles Risiko mit sich bringen.
Deutliche Kritik
Bürgermeister Lothar Christ erklärte das noch mal an konkreten Zahlen: „Es gibt in Werne 646 Nicht-Wohngrundstücke. Wenn wir die Variante drei nutzen, könnten die vor Gericht gehen.“ Ein Szenario, das sich keiner der Politiker wünscht.
Alle drei Varianten hätten also ihre Vor- und auch Nachteile. Es wunderte im Haupt- und Finanzausschuss also wenige, als Stephan Krüger am Ende seines Vortrags zu dem Fazit kam: „Gerechtigkeit ist in dieser Debatte kein erreichbares Ziel.“
Auch Bürgermeister Lothar Christ fand deutliche Worte, sprach davon, dass die Landesregierung den Kommunen „ein Ei ins Nest gelegt“ habe. Lars Hübchen (SPD) pflichtete ihm bei. „Das ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera“, erklärte er und kritisierte die Landesregierung deutlich: „Egal, für welche Lösung wir uns entscheiden: Wir werden am Ende verhauen, weil es andere verbockt haben.“
Ähnlich sah das auch Benedikt Striepens (Grüne), der von einer „sehr unschönen Geschichte“ sprach. Eine endgültige Entscheidung soll aber aus Sicht aller Parteien erst im Stadtrat am Mittwoch (4. Dezember) fallen.