Planungsdezernent Ralf Bülte vor einem Gartenhaus.

Planungsdezernent Ralf Bülte sprach im Ausschuss über Schwarzbauten. © Stadt Werne / Pixabay

Planungsdezernent über Schwarzbauten: „Die Leute werden immer dreister“

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Ob Gartenhütte oder Wintergarten – teils benötigt man für solche Bauten eine Genehmigung. Die Regeln scheinen aber viele Leute nicht zu kennen oder zu ignorieren. Das führt vermehrt zu Konflikten.

Werne

, 09.09.2022, 14:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es ist ein echter Klassiker, der sich nun anscheinend wieder zum negativen Trend entwickelt. „Wir haben immer mehr Nachbarschaftsstreitigkeiten. Die Leute werden leider auch immer dreister“, sagt Wernes Planungsdezernent Ralf Bülte. Das Problem, um das es geht, sind Schwarzbauten. Also Bauwerke, die illegal errichtet wurden, weil sie gegen das Baurecht verstoßen und/oder keine notwendige Genehmigung haben.

In welchen Fällen eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist, wird in Paragraph 62 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen geregelt. Und die Liste mit diesen „verfahrensfreien Bauvorhaben“ ist ziemlich lang. Sie umfasst fast 80 Unterpunkte.

Das Problem mit den Ausnahmen sind die Zusatzregeln

Dazu gehören unter anderem Garagen einschließlich überdachter Stellplätze, Terrassenüberdachungen, Photovoltaikanlagen, Wintergärten, Brunnen und Gartenhütten beziehungsweise – präziser formuliert – „Gebäude bis zu 75 m³ Brutto-Rauminhalt ohne Aufenthaltsräume, Ställe, Toiletten oder Feuerstätten“. Was hier auf den ersten Blick nach eindeutigen Vorgaben aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung jedoch oft als gar nicht so klar wie erhofft.

Planungsdezernent über Schwarzbauten: „Die Leute werden immer dreister“
„Manchmal ist den Leuten durchaus bewusst, dass sie gegen das Gesetz verstoßen.“
Petra Göbel

Der Grund: Es gibt sozusagen Ausnahmen von den Ausnahmen - und die stehen nicht unbedingt in Paragraph 62, sondern beispielsweise in Paragraph 6. Der regelt die Abstandsflächen von Bauten. Und diese gehen teilweise über die in Paragraph 62 aufgeführten hinaus.

So können etwa die verfahrensfreien „Garagen einschließlich überdachter Stellplätze mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m und einer Brutto-Grundfläche bis zu insgesamt 30 m²“ durchaus problematisch beziehungsweise genehmigungspflichtig werden. Und zwar dann, wenn man zwei direkt aneinander baut.

Beratung wird zu wenig genutzt - oder ignoriert

„Es gibt also Rahmenbedingungen, die einzuhalten sind und die man als Laie nicht immer wissen kann“, sagt Petra Göbel aus der Abteilung Bauordnung und Denkmalpflege bei der Stadt Werne. Ihr Rat ist eigentlich recht simpel: Wer etwas auf seinem Grundstück vorhat, sollte vorab lieber mal beim Amt nachfragen, was es zu beachten gilt und ob er eine Genehmigung benötigt.

Das klingt in der Theorie plausibel, sieht in der Praxis aber häufig anders aus und führt vermehrt zu Konflikten. Die Beschwerden von Nachbarn häufen sich. Teilweise sind es kuriose Fälle. Es habe schon Leute gegeben, die sich über einen angeblich nicht genehmigten Bau auf dem Nachbargrundstück beschwert haben, gleichzeitig auf ihrem eigenen Grundstück aber auch Schwarzbauten hatten.

Nicht jeder Wintergarten oder Terrassenüberdachung ist genehmigungsfrei.

Nicht jeder Wintergarten oder Terrassenüberdachung ist genehmigungsfrei. © Pixabay

„Das geschieht nicht immer in böser Absicht. Aber manchmal ist den Leuten durchaus bewusst, dass sie gegen das Gesetz verstoßen. Und diese Hemmschwelle sinkt“, sagt Göbel. Sie erinnert sich an einen Fall, in dem ein Eigentümer einen Wintergarten bauen wollte und sich vorher sogar bei der Stadt beraten ließ.

Anschließend baute er seinen Garten trotzdem nach eigenen Vorstellungen und gegen die Regeln. In einem anderen Fall habe ein Eigentümer sogar ein massives Gartenhaus errichtet - und zwar auf einem bekannten Baumschutzstreifen.

Städte verfügen über spezielles Kartenmaterial

Woher Göbel solche Dinge weiß? Jedenfalls nicht, weil die Mitarbeiter des Bauamts durch die Gärten der Bürger spazieren. Und auch nicht immer nur, weil jemand seinen Nachbarn anschwärzt. „Kommunen haben Zugriff auf Luftbilder. Wir können mit unseren Programmen genau sehen, wo in den vergangenen 20 Jahren etwas auf den Grundstücken gebaut wurde“, erklärt Göbel. Kommt der Verdacht auf, dass jemand einen Schwarzbau errichtet hat, schauen sich die Mitarbeiter des Bauamts diese Luftbilder an.

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Seitens der Stadt schrecke man dann nicht davor zurück, den Rückbau beziehungsweise den Abriss dieser Bauten zu verlangen. Wobei dies in Werne in den vergangenen fünf Jahren nicht vorgekommen sei. Das liegt unter anderem daran, dass viele Dinge noch im Nachhinein genehmigungsfähig sind.

Dennoch werde die Stadt künftig verstärkt auf das Thema Schwarzbauten schauen, sagt Göbel: „Wir wollen damit aber keinen Flächenbrand auslösen oder die Leute gegeneinander aufhetzen. Es geht nur darum, zu sensibilisieren. Auch im Sinne der Fairness.“ Oft drücke man ein Auge zu. Aber eben nicht immer.

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So lange wartet man auf eine Baugenehmigung

  • Eine Anfrage unserer Redaktion bei der Stadt Werne für den Zeitraum Januar 2020 und Oktober 2021 ergab, dass Antragsteller im Mittel 34 Arbeitstage auf das Erteilen einer Baugenehmigung warten mussten. Die kürzeste Bearbeitungszeit lag laut Angaben der Verwaltung bei sechs Arbeitstagen, die längste bei 120.
  • Rückblickend auf den Schnitt der Jahre 2010 bis 2019 hat sich die Wartezeit durchaus verlängert. In diesem Zeitraum lag sie im Mittel bei 31 Arbeitstagen. Der schnellste Antrag war nach zwei Tagen bearbeitet, der zeitaufwändigste nach 362 Tagen.
  • Für diese breite Spanne hat die Verwaltung eine simple Erklärung. „Es gibt einfachere und kompliziertere Anträge. Gut ausgearbeitete Anträge und fehlerhafte, unvollständige Anträge. Dieses hat alles Einfluss auf den Bearbeitungszeitraum“, heißt es in der Antwort der Stadt.
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