Die Deutsche Wirtschaft (DDW) ordnet quartalsweise in einem Ranking verschiedene deutsche Städte als Wirtschaftsstandort ein - so auch die Stadt Werne. Doch nach einem veröffentlichten Bericht dieser Redaktion, der auf diesem Ranking basierte, zeigte sich: Die von der Deutschen Wirtschaft (DDW) veröffentlichten Kennzahlen stimmen in keiner Weise.
So ist im Standortranking beispielsweise das Unternehmen Böcker Maschinenwerke mit einem Umsatz von 78,1 Millionen Euro sowie einer Mitarbeiterzahl von 360 aufgeführt. Doch wie Unternehmenssprecherin Britta Lewitz mitteilt, entsprechen diese Zahlen nicht der Realität.
Laut Lewitz hat der Böcker Konzern mit der in Werne ansässigen Böcker Maschinenwerke GmbH über 700 Mitarbeiter. Darüber hinaus liege der für das Jahr 2022 vorläufig prognostizierte Umsatz bei rund 130 Millionen Euro - und damit fast doppelt so hoch wie im DWW-Ranking.
Weitere grobe Fehler
Auf Platz zwei des Rankings findet sich darüber hinaus das Unternehmen AB Elektronik. Das Unternehmen ist aber bereits im Oktober 2021 umbenannt worden: Es heißt mittlerweile Kyocera AVX Components (Werne) GmbH. Auch in diesem Fall stimmen die Zahlen nicht, wie die Firma auf Anfrage mitteilt. Das Unternehmen hat nicht etwa einen Umsatz von 150 Millionen Euro wie auf der DDW-Homepage aufgeführt, sondern kommt im Geschäftsjahr 2022 auf einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro. Auch die Mitarbeiterzahl von 500 ist falsch. Aktuell hat das Unternehmen rund 255 Mitarbeiter. Es ist somit auch nicht der größte Arbeitgeber in Werne.
Uniferm ist im DDW-Standortranking als größtes Unternehmen in Werne aufgeführt mit einem Umsatz von 111,6 Millionen sowie mit 410 Mitarbeitern. Diese Zahlen stimmen zumindest grob mit denen Nennungen auf der Uniferm-Homepage überein: Dort ist eine Mitarbeiterzahl von rund 400 sowie ein Umsatz von etwa 100 Millionen Euro aufgeführt.
Das Statement von DDW
Doch wie kommt es zu den falschen Werten? Michael Oelmann, Herausgeber von Die Deutsche Wirtschaft, schreibt dazu: „Die Hinweise von vor Ort - durch Marktakteure, Medien und Wirtschaftsförderer - sind für das Standortranking traditionell eine wichtige Ergänzung, um das Ranking möglichst optimal zu halten. Die DDW-Research versucht zwar auf Basis aller verfügbarer Quellen, möglichst aktuelle und optimale Daten zu verwenden und, wo möglich, mit den Unternehmen regelmäßig abzugleichen, doch ist dies aus der Menge der aktuell 22.500 als Top-Unternehmen qualifizierten Firmen nicht in jedem Einzelfall im idealen Turnus möglich.“
Weiter schreibt er: „Von daher werden alle Leserhinweise mit großem Dank entgegengenommen. Überhaupt ändern sich Geschäftszahlen laufend, was auch der Grund ist, warum das Standortranking quartalsweise neu berechnet wird - nämlich um die Dynamik der Unternehmenslandschaft abzubilden.“
Von Fehlern spricht Oelmann in seinem Statement nicht. Dabei sind auch in anderen Orten, wie etwa in Lünen, falsche Zahlen im Ranking aufgeführt worden. Nach der Anfrage dieser Redaktion haben die DDW-Verantwortlichen allerdings einzelne Kennzahlen auf der Homepage angepasst, ohne die Veränderungen kenntlich zu machen.
Ursprungsbericht vom 13. April
So haben wir zuerst am 13. April berichtet
Welchen Stellenwert haben deutsche Städte als Wirtschaftsstandort? Das quartalsweise erscheinende Standortranking Deutschland soll diese Frage beantworten. Dafür werden deutsche Städte einem Wirtschaftscheck unterzogen. Erstellt wird dieses Ranking vom Unternehmensportal „Die Deutsche Wirtschaft“ (DDW).
Die neuste Version des Rankings, wofür insgesamt 3807 Orte analysiert und nach Bedeutung gewichtet wurden, ist jüngst veröffentlich worden. Werne liegt im Standort-Ranking auf Platz 667. Damit ist die Lippestadt im Vergleich zum vorherigen Ranking um zwölf Plätze nach oben geklettert.
500 Mitarbeiter beim größten Arbeitgeber
Die DDW hat auf ihrer Homepage Umsatz- und Mitarbeiterzahlen zu verschiedenen Unternehmen in Werne aufgeführt, die in diesem Text genannt werden. Acht der von der DDW-Research erfassten größten Unternehmen finden sich in Werne. Der größte Arbeitgeber am Standort ist mit 500 Mitarbeitern demnach die AB Elektronik GmbH. Bei dem Unternehmen handelt es sich um einen mittelständischen Automobilzulieferer mit Sitz in Werne und einem jährlichen Umsatz von 150 Millionen Euro.
Doch das Unternehmen hat einen internationalen Eigentümer: Die AVX Corporation aus den USA ist Besitzer des Zulieferers. Somit ist die AB Elektronik GmbH eines von insgesamt vier Firmen in Werne, die im Besitz von internationalen Investoren sind. Die Lippestadt liegt damit bundesweit auf Rang 342.
Ein weiteres großes Unternehmen in Werne ist zum Beispiel Uniferm, ein international agierender Anbieter von Bäckerei-Rohstoffen mit 410 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von aufgerundet 111,6 Millionen Euro. Das Unternehmen Böcker Maschinenwerke, ein Produzent von beispielsweise Bau- und Industrieaufzügen, hat 360 Mitarbeiter und macht im Jahr rund 78,1 Millionen Euro Umsatz.
Schulnote für Standort
Wesentlich schlechter schneidet Werne bei einem anderen Ranking ab, und zwar bei der Standortbenotung. Jede Person kann hierbei seine eigene Stadt über insgesamt sieben Standortfaktoren bewerten. Zu den Kriterien, die in der Umfrage genannt werden, gehören zum Beispiel die infrastrukturelle Anbindung, das Unternehmensnetzwerk, das Angebot an Büro- und Gewerbeflächen sowie Wohnraum, aber auch das Angebot an Arbeitskräften.
Wenn mindestens fünf Stimmen pro Stadt zusammengekommen sind, wird am Ende aus den Ergebnissen ein Durchschnittswert gebildet, der mit einer Schulnote gleichbedeutend ist. Werne hat als Standort die Note 3,13 bekommen - und landet damit auf Rang 1306 von 3806 im deutschlandweiten Vergleich.
22.500 bedeutsame Unternehmen
„Das Standortranking Deutschland wird auf Basis der Anzahl der wichtigen Unternehmen am Standort sowie einer individuellen Standort-Benotung ermittelt“, heißt es auf der DDW-Homepage. Ziel des Rankings ist es, die dynamische Entwicklung in der Unternehmenslandschaft abzubilden. Aktuell sind rund 22.500 Unternehmen in Deutschland als bedeutend eingestuft.
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