Es ist eine der verstörendsten Szenen aus den vielen Stunden verdeckt aufgenommenen Video-Materials im Mecke-Prozess. Der angeklagte Ex-Mitarbeiter steht mit Kindern vor einem Gatter. Dahinter ausgezehrte Kühe, die auf einen Transporter sollen. Ein Junge hat ein langes Kunststoffrohr in der Hand und der Angeklagte spornt ihn an: „Hau ihr vorn Schädel.“
„Wieso haben Sie Kinder dazu angeleitet? Was hat Sie dazu bewogen?“, wollte Oberstaatsanwalt Arkadius Wyrwoll von dem Angeklagten wissen. Der verkroch sich in seine schwarze Jacke, legte die Hand vor Augen, wirkte sichtlich betroffen. „Er hat schon alles gestanden, er möchte dazu nicht noch mal etwas sagen“, antwortete stattdessen sein Verteidiger Cengiz Kilic: „Er schämt sich dafür.“

Richter befragt Angeklagten
Es ist der zweite Tag im Berufungsprozess vor dem Landgericht Dortmund gegen einen ehemaligen Mitarbeiter der Mecke-Viehsammelstelle an der Lünener Straße in Werne. Das Urteil des Amtsgerichtes Lünen, zwei Jahre zur Bewährung, hielt die Staatsanwaltschaft Dortmund für zu gering und ging in Berufung. Sie will den Angeklagten hinter Gitter sehen. Am Donnerstag, 9. Januar, fand der zweite von insgesamt fünf Verhandlungstagen statt. Er startete mit der Befragung des Angeklagten durch Richter Ulf Pennig.
Pennig wollte den beruflichen Werdegang des mehrfachen Familienvaters wissen, vor allem bei der Firma Mecke. Dort war der Mann 2016 zunächst als Hausmeister geringfügig beschäftigt. Nach wenigen Wochen wurde er Pferdebetreuer auf der Viehsammelstelle an der Lünener Straße. Damals standen dort ausschließlich Pferde, „die meisten waren Schlachtpferde, aber auch andere standen da“, sagte der Angeklagte.
Wann kamen die Rinder?
Dann näherte sich Richter Pennig der Kardinalsfrage, die auch Staatsanwalt Wyrwoll brennend interessiert. Ab wann seien auf die Viehsammelstelle, die ausschließlich für Pferde zugelassen war, Rinder gekommen? Der Angeklagte wollte sich nicht auf einen genauen Zeitpunkt festlegen. „Etwa zwei bis drei Monate vor Beginn der Aufnahmen.“ Damit sind die verdeckten Kamera-Aufnahmen an der Lünener Straße gemeint, die von Anfang Mai bis Mitte Juli 2021 die verschiedensten Tierquälereien, eben auch die Szene mit dem prügelnden Kind, dokumentierten.
Der Ex-Mitarbeiter betonte, dass zu Beginn nur vereinzelt Rinder und vergleichsweise gesunde Tiere kamen. Marco Mecke, der Chef der Firma, habe ihm gesagt: „Es kommen ein, zwei Rinder, pack‘ die in eine Box und lass die da.“ Zunächst seinen noch Metzger vom Schlachtbetrieb Mecke gekommen, nachher habe er sich selbst um den Transport kümmern müssen.
„Durfte kein Futter geben.“
Warum er den Tieren kein Futter und kein oder nicht ausreichend Wasser gegeben habe, wollten sowohl Richter als auch Staatsanwalt wissen. Es habe nur Futter für die Pferde gegeben, „das war qualitativ gut, das durfte ich aber nicht an die Rinder verfüttern“, sagt der Mann. Wer ihm das verboten hätte? „Herr Mecke, der sagte, dass es fürs Schlachten sowieso besser sei, wenn sie kein Futter und kein Wasser bekommen hätten.“
Wann habe er mit den Misshandlungen der Rinder begonnen und warum?, lautete die nächste Frage. Der Angeklagte wurde unruhig, erhob die Stimme, wollte sich nicht auf einen genauen Zeitraum festlegen. Auf Nachfrage meinte er schließlich: „Ein oder zwei Wochen vor den Video-Aufnahmen.“ Man merkte Arkadius Wyrwoll an, dass er dieser Aussage keinen Glauben schenkte. Zuvor hatte er bereits angemerkt, dass er sich nicht vorstellen könne, dass diese Quälereien und Vernachlässigungen nicht schon viel früher eingesetzt hätten.
Unterstützung in seiner Meinung bekam er wenig später vom Zeugen Friedrich Mülln von der „Soko Tierschutz“, die den Skandal öffentlich gemacht hatte. Mülln sagte: „Wir haben am 4. Februar 2020 verlässliche Informationen bekommen, dass dort kranke Kühe liegen.“ Also mehr als ein Jahr vor Start der geheimen Video-Aufnahmen.
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