Schlimme Details im Mecke-Prozess Richterin: „Können Sie mir das erklären?“

Geschockte Richterin fragt im Mecke-Prozess: „Können Sie das erklären?“
Lesezeit

Wer vor zweieinhalb Jahren erstmals die Video-Sequenzen grausamer Tierquälereien bei der Firma Mecke gesehen hat, war erstens geschockt. Zweitens kam sofort die Frage auf: Was sind das für Menschen, die so etwas tun? So ein Mensch stand am Mittwoch, 10. Januar 2024, vor Gericht in Lünen.

Es ist ein Mann von 40 Jahren aus Werne. Verheiratet, Kinder. Vor seiner „Karriere“ bei Mecke war er im Landschaftsbau tätig. Wobei vor Gericht nicht ganz klar wurde, ob er eine Ausbildung hat. Aktuell geht er einer körperlichen Arbeit nach. Geringfügig beschäftigt. „Aber mit Aussicht auf Festanstellung“, sagt sein Verteidiger und stellt es als Pluspunkt dar.

Mit Kapuze und Sonnenbrille

Gegen 9 Uhr betritt der Angeklagte in Begleitung seines Anwaltes den Gerichtssaal in Lünen. Sein Gesicht mag er den rund 40 Prozessbeobachtern nicht zeigen. Er hat die Kapuze seines schwarzen Hoodies in die Stirn gezogen. Trägt eine tiefdunkle Sonnenbrille. Er setzt sich, hält den Kopf nach unten gesenkt.

Wenig später geht ein Justizwachtmeister auf ihn zu und fordert ihn auf, Kapuze und Sonnenbrille abzunehmen. Er gehorcht sofort. Überhaupt, das wird in der Verhandlung deutlich, scheint der 40-Jährige ein Befehlsempfänger zu sein. Ein gehorsamer Mensch. Wenn auch manchmal zähneknirschend. Mit Wut im Bauch. Vielleicht ist es dies im Inneren aufgestaute Wut, die er an den wehrlosen Tieren ausließ. Ein kleines Licht, das plötzlich uneingeschränkte Macht über andere Kreaturen hat. Es kommt einem bekannt vor.

Angeklagter versinkt im Stuhl

Als der Vertreter der Anklage über mehr als 30 Minuten die Vorwürfe gegen ihn verliest, scheint er Millimeter für Millimeter in seinem Stuhl zu versinken. Er hört sich an, was er alles getan haben soll: auf Tiere eingeprügelt, eingetreten, eingestochen, übers Pflaster geschleift. Er hat ihre Schmerzen ignoriert, sie unerträglichem Durst ausgesetzt. Es sind schreckliche Details, die der Staatsanwalt vorträgt.

Er hält den Blick gesenkt, schaut nur zwischendurch zu seinem Anwalt, als er leise sagt: „Ich kann es nur einräumen, es ist so passiert.“ Er entschuldigt es mit dem „großen Druck“, den sein Chef Marko Mecke ausgeübt habe. Mit noch leiserer Stimme sagt er dann. „Es ist grausam, wenn man es selbst so hört. Es ging mir nachher schlecht.“

Einer der Verdächtigen sticht mit einer Mistgabel auf eine Kuh ein.
Einer der Verdächtigen sticht mit einer Mistgabel auf eine Kuh ein. © Soko Tierschutz

Orgien der Gewalt gegen Tiere

Dann geht es ins Detail. Wie es zu dieser Orgie der Gewalt gekommen ist. Das will das Gericht erfahren. Der Angeklagte schildert, dass es unter dem alten Mecke-Chef korrekt gelaufen sei. Erst als Sohn Marko Mecke 2016 die Firmenleitung übernommen habe, sei es zu immer mehr Druck, zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Er bricht in Tränen aus, als er Einzelheiten gesteht. Ein Wachtmeister reicht ihm Papiertaschentücher. Er nimmt eins, zerknüllt es, hält es bis zum Prozess-Ende in der Hand. Als könne ihm dieses eine Stück Zellstoff Halt in einer Welt geben, die sich für ihn aufgelöst hat.

Der 40-Jährige stellt sich als Opfer dar, das letztlich die Befehle von „Herrn Mecke junior“ ausgeführt habe. Er führt an, dass er manchmal widersprochen habe. Aber er sei immer sofort eingenordet worden. Dann hat er wieder funktioniert. Hat zwischendurch bei den Quälereien sogar Eigeninitiative gezeigt. Ist er nun wirklich ein reuiger Täter, wie sein Geständnis uns seine Tränen glauben machen sollen? Oder doch ein „sadistischer Tierquäler mit krimineller Energie“, wie ihn Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz nach dem ersten Prozesstag beschreibt?

Genau das versuchte und versucht weiter das Gericht herauszufinden. Richterin Beatrix Pöppinghaus bohrte immer wieder nach. Besonders verwerflich empfand sie die Video-Sequenzen, in denen er Kinder zum Tierquälen angestachelt habe. Sie blickte ihn scharf an und fragte: „Können Sie mir das erklären?“ Der Angeklagte schaute kaum auf, sagte mit leiser Stimme, fast unterwürfig: „Nein, das kann ich nicht.“ Und schickte den entschuldigenden Satz nach: „Ich hatte so eine Wut auf Herrn Mecke.“

Haupt-Verdächtiger im Mecke-Prozess packt aus: Für Marko Mecke wird die Luft jetzt dünn

Re-Live vom Mecke-Prozess: So war der erste Verhandlungstag zum Tierschutz-Skandal

Nach Mecke und Prott: Heftige Tierquälerei-Skandale aus der Region