Verkaufsoffene Sonntage

Dämpfer für Werne: „Corona“ reicht als Grund für verkaufsoffene Sonntage nicht

Verkaufsoffene Sonntage könnten die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ein wenig eindämmen. Die Gewerkschaft verdi will dabei nicht mitziehen - und das sorgt auch in Werne für Unmut.

Werne

, 06.09.2020 / Lesedauer: 4 min

Ganz ohne Veranstaltung wie hier beim Weihnachtsmarkt in Werne 2014 können die verbleibenden verkaufsoffenen Sonntage in Werne 2020 nicht stattfinden. © Archivfoto

Noch Anfang August hatte eine Umfrage unter den Einzelhändlern in Werne ergeben, dass diese ihre Läden auch dann öffnen würden, wenn die begleitenden Veranstaltungen - wie etwa Sim-Jü - ausfallen. „Sie haben uns ganz klar die Rückmeldung gegeben, dass der Bedarf und der Wunsch da sind, drei verkaufsoffene Sonntage anzubieten“, sagte Carolin Brautlecht, Leiterin von Werne Marketing, Anfang August.

Der Euphorie musste die Leiterin des Ordnungsamtes, Kordula Mertens, dann am Mittwochabend (2. September) im Ausschuss für Soziales, bürgerschaftliches Engagement und öffentliche Ordnung einen Dämpfer verpassen: Denn die Gewerkschaft verdi hatte angekündigt, dass sie diesen Schritt nicht mitgehen werde - und sogar Klage einreichen würde.

„Corona“ als Veranstaltungsgrund reicht verdi nicht

Ein verkaufsoffener Sonntag muss immer in Verbindung mit einer Veranstaltung stattfinden. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie als Anlass zu nehmen, ist laut verdi nicht angebracht. Corona gelte dann ja quasi jeden Sonntag als Grund, so die Ansicht der Gewerkschaft. Damit war die Vorlage, die die Stadt zur Durchführung der verbleibenden verkaufsoffenen Sonntage in Werne fertig ausgearbeitet hatte „für die Tonne“, formuliert es Mertens.

Deshalb werde es keine neue Beschlussvorlage für dieses Jahr geben. Viel mehr gälten die bereits bekannten verkaufsoffenen Sonntagsdaten: 25. Oktober (Sim-Jü), 8. November (Martinsmarkt) und 6. Dezember (Weihnachtsmarkt), so Mertens. Auch wenn es die Veranstaltungen in diesem Jahr nicht gibt, kündigte verdi an, dass man dem Vorschlag der Stadt, zu den verkaufsoffenen Sonntagen ein Veranstaltungsprogramm parallel auf die Beine zu stellen, wohl zustimmen werde. „Wir versuchen, in irgendeiner Form Schausteller laufen zu lassen“, so Mertens.

„Viele Händler haben Federn gelassen und hätten so die Möglichkeit, wenigstens einen Teil des durchaus eklatanten Defizits aufzuholen.“ Hubertus Waterhues

Das NRW-Wirtschaftsministerium hatte im Juli grünes Licht für vier verkaufsoffene Sonntage bis Ende des Jahres 2020 gegeben. Diese sollten dem Einzelhandel dabei helfen, Umsatzeinbußen durch die Corona-Pandemie zumindest teilweise aufzufangen und gefährdete Arbeitsplätze zu sichern. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hatte in den vergangenen beiden Wochen allerdings in mehreren Fällen verkaufsoffene Sonntage verboten – etwa in Lemgo und Iserlohn.

Inzwischen hat verdi auch gegen weitere Öffnungspläne – unter anderem in Düren und Krefeld – geklagt. Von Seiten der Gewerkschaft hieß es, Sonntagsöffnungen würden insofern nichts bringen, als dass sie den Umsatz aus der Woche lediglich auf den Sonntag verschieben würden. Die Kunden hätten schließlich nicht mehr Geld im Portemonnaie als sonst. Eine Entzerrung des Einkaufverhaltes würde allerdings zumindest zu einer Reduzierung des Infektionsrisikos führen, entgegnete das Wirtschaftsministeriums daraufhin.

Kaufkraft kommt sonntags in Werne auch von außerhalb

Für die Argumentation der Gewerkschaft hat Hubertus Waterhues, Vorstandsmitglied der Aktionsgemeinschaft Wir für Werne, kein Verständnis. Die Händler hätten durch verkaufsoffene Sonntage definitiv die Chance, Zusatzeinnahmen zu generieren, meint Waterhues: „Viele Händler haben Federn gelassen und hätten so die Möglichkeit, wenigstens einen Teil des durchaus eklatanten Defizits aufzuholen.“

Durch drei verkaufsoffene Sonntage, die in der Lippestadt ja noch nicht gänzlich ausgeschlossen sind, lande man zwar sicher nicht bei plus/minus null. Aber vor allem den Gastronomen könne es helfen, wenn an einem weiteren Tag Kunden nach Werne gelockt werden. Laut Waterhues wären das auch keineswegs nur die Kunden, die normalerweise unter der Woche kämen: „Wir wissen aus Erfahrung, dass verkaufsoffene Sonntage keine reine Verschiebung der Kaufkraft sind. Es kommen dann ja auch Leute von außerhalb in unsere Stadt.“

Den Händlern keine Steine in den Weg legen

Und diese Kaufkraft von außerhalb bedeute eben zusätzlichen Umsatz. Ein Punkt, der sich aus seiner Sicht jedoch nicht wegdiskutieren lässt, ist die zusätzliche Arbeitszeit: „Ich denke aber, dass in unserer eher kleinteiligen Einzelhandelslandschaft 99 Prozent aller Händler ein so gutes Verhältnis zu ihren Angestellten haben, dass sie das vernünftig klären können.“

Drei verkaufsoffene Sonntage bedeuteten beispielsweise für die Angestellten in seiner Buchhandlung 15 Arbeitsstunden zusätzlich im Quartal. Und weil nicht immer das volle Team im Einsatz sei, komme eigentlich auch niemand auf drei zusätzliche Arbeitstage. Zudem gebe es für die Angestellten einen Ausgleich. Er selbst habe auch noch keinen seiner Mitarbeiter zum Dienst zwingen müssen, betont Waterhues. Und darüber hinaus hätten wohl die meisten Menschen inzwischen verstanden, wie ernst die Lage der Wirtschaft sei – vor allem diejenigen, die in einem Betrieb arbeiten, der besonders arg von der Krise gebeutelt ist.

„Ich denke, man sollte den Händlern, denen das Wasser bis zum Hals steht, jetzt nicht zusätzliche Steine in den Weg legen, wenn es um die verkaufsoffenen Sonntage geht“, sagt Waterhues. Und mehr als drei solcher Tage – so wie es ursprünglich für den Rest des Jahres geplant war – wolle man in Werne ja auch gar nicht: „Damit wären wir schon zufrieden. Wir wollen den Bogen nicht überspannen.“

mit Material von dpa