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Coronavirus und die Folgen: Werner Wirte sprechen von einer „Vollkatastrophe“
Besucherrückgang
Die Angst, sich am Coronavirus anzustecken, hat auch Werne fest im Griff. Nach den Absagen vieler Veranstaltungen kommt in den Werner Kneipen Katerstimmung auf.
Nach einer Schnell-Umfrage des Gaststätten- und Hotelverbandes DEHOGA, an der sich allein 1696 Unternehmer im bevölkerungsreichsten Bundesland beteiligten, verzeichnen 82 Prozent der befragten Gastronomen, Hoteliers und Caterer Umsatzeinbußen. Der durchschnittliche Umsatzausfall seit Februar liegt bei rund 33 Prozent, schreibt der Verband in einer aktuellen Pressemitteilung.
Absagen machen Stilvoll im Rathaus zu schaffen
„Wenn es so weitergeht, sehe ich für uns schwarz“, äußert sich Andreas Nozar, Inhaber von Stilvoll im Rathaus, bei einer kleinen Umfrage unserer Redaktion am Wochenende skeptisch.

Andreas Nozar verzichtet wegen des Corona-Virus auf das Spülbecken im Tresen und stellt stattdessen alle Gläser in die Spülmaschine. © Helga Felgenträger
Die Gesellschaft der Musikfreunde hat für Donnerstag ihr Konzert abgesagt, der Jazz am Sonntag fällt aus und die Großveranstaltung wie Bau- und Modefrühling ließ die Stadt Werne streichen. „Zwangsläufig wird es zu Umsatzeinbußen kommen.“
Kneipenveranstaltung „Werne live“ ist in der Schwebe
Nozar ist verunsichert, ob er unter den Bedingungen „Werne Live“ stattfinden lassen kann. „Ich möchte nicht, dass es hinterher heißt, dass sich die Leute bei mir angesteckt haben.“ Die Veranstaltung findet traditionell am 30. April als Tanz-in-den-Mai-Party statt.
Nächste Woche müsse er sich entscheiden. Auch Christoph Wördemann vom Restaurant Wienbrede hatte am Samstag auf einen Schlag 50 Prozent Abbestellungen. „Mein Laden wäre am Samstag voll gewesen“, sagt er. „Es ist eine Vollkatastrophe.“
Statt Tresenspülbecken kommen alle Gläser in die Spülmaschine
Hygiene wird in diesen Tagen bei den Gastronomen groß geschrieben. „Ich gebe keinem mehr die Hand und die schmutzigen Gläser wandern generell in die Spülmaschine“, sagt Andreas Nozar. Das Personal verzichte momentan auf das Spülbecken im Tresen.

Nils Drews von der Gaststätte Fränzers wechselt momentan häufiger das Spülwasser und desinfiziert mehr als sonst die Türgriffe. © Helga Felgenträger
In „Fränzers Schänke“ desinfizieren die Mitarbeiter öfter die Türklinken und wechseln häufiger als sonst das Wasser im Spülbecken, erläutert Kellner Nils Drews. Einen Besucherrückgang stellt er bislang nicht fest.
Geplantes Klassentreffen fiel noch kleiner als erwartet aus
Auch der Kneipenbesucher Johannes Heidtle lässt sich von den Corona-Nachrichten nicht verschrecken, er traf sich mit seinen Freunden auf ein Bier bei Fränzers: „Ich verzichte nicht auf das öffentliche Leben.“ Als Vorsichtsmaßnahme wasche er sich mehrmals am Tag die Hände.

Johannes Herdtle nimmt trotz der Ansteckungsgefahr wie bisher am öffentlichen Leben teil. Am Freitag traf er sich mit seinen Freunden bei Fränzers. © Helga Felgenträger
Das geplante Klassentreffen von Olaf Kesting hingegen fiel recht klein aus, wie er feststellte. „Die meisten haben abgesagt.“ Somit saß er am Freitag nur zu zweit mit einem ehemaligen Schulfreund an der Theke.
Ältere Stammgäste bleiben fern
Von einem ruhigen Café-Betrieb spricht Attilio Stival, Inhaber des Eis-Cafés Venezia. Er hatte am Freitag den Eindruck, dass vor allem seine älteren Stammgäste seltener als gewohnt sein Eis-Café aufsuchten. „Ich will nicht hoffen, dass auch die Kneipen und Cafés in Werne geschlossen werden müssen.“
Ihn hatten am Abend die Nachricht über die Schließung der Lokale in Berlin in Schrecken versetzt. Auch seine Kollegin der Eisdiele Campo am Markt stellte am Samstag deutlich weniger Publikumsverkehr fest. „Obwohl die Sonne scheint, bleiben die Gäste fern“, sagt Laila Corazza.
Darko Vukovic gibt seinen Optimismus nicht auf
Und auch Darko Vukovic, Inhaber des Hahnenbalkens, bemerkt einen Besucherrückgang. Die Absage der Bundesliga und vor allem des Derbys am Samstag hat ihn besonders getroffen. Die gewohnten Fußballfans am Nachmittag blieben aus. Aber auch viele andere hielten sich fern.
„Kneipen leben von der positiven Stimmung, die sei in Krisenzeiten nicht zu finden“, sagt er. Seinen Optimismus will sich der gebürtige Jugoslawe aber nicht nehmen lassen. „Notzeiten schweißen auch zusammen. Und wenn wir das überstanden haben, dann geht es wieder richtig aufwärts“, erwartet er Aufbruchsstimmung. „In Jugoslawien war das nach dem Krieg auch so“, sagt er.
Als Lokaljournalistin erfahre ich viel über Menschen und ihre Geschichte. Es gefällt mir, hinter die Kulissen schauen zu können.
