Borkenkäfer wüten in den Wäldern von NRW - die Hälfte der Fichten in Werne muss gefällt werden

© Roland Weihrauch/dpa

Borkenkäfer wüten in den Wäldern von NRW - die Hälfte der Fichten in Werne muss gefällt werden

rnInsektenbefall Werne

Eldorado für Borkenkäfer: Das Sturmtief und ein Hitze-Sommer sorgten für beste Bedingungen für die Insekten, die ganze Baumbestände vernichten können. Borkenkäfer wüten in ganz NRW.

von Andrea Wellerdiek

Werne, Herbern

, 07.11.2018, 11:18 Uhr / Lesedauer: 3 min

Sie sind nur millimeter-klein, aber haben eine große Auswirkung: Borkenkäfer wüten in ganz Nordrhein-Westfalen. Sie beißen sich vor allem an den Rinden von Fichten fest und saugen den Lebenssaft der Bäume aus. Die Pflanzen sterben, schon viele Bäume mussten gefällt werden - auch in Werne und Herbern.

„In den vergangenen Jahren hatten wir fast keine Population der Borkenkäfer hier. Aber aufgrund der Trockenheit sind die Bäume so gestresst, dass wir in diesem Jahr einen Befall an Borkenkäfern haben, die massive Schäden anrichten“, erklärt Martin Böckenhoff von der Graf von Merveldt’schen Forstverwaltung aus Dorsten-Lembeck, die in Werne etwa 250 Hektar Wald und auch rund um das Schloss Westerwinkel zahlreiche Wälder besitzt. Etwa die Hälfte des gesamten Fichtenbestands sei durch den kleinen Käfer zerstört worden, so der Forstverwalter. Einige abgestorbene Bäume mussten gefällt werden. Insgesamt bewirtschaftet die Forstverwaltung aus Dorsten rund 700 Hektar Wald.

Forstverwalter setzt auf Mischbestände

Weil die Forstverwaltung aber schon seit Jahren auf einen gemischten Baumbestand setzt, waren die Verluste hier aber geringer als etwa im Sauerland, wo deutlich mehr Fichten stehen. „Wir mischen schon lange, weil wir nicht wissen, welche Bäume diese extremen Wetterbedingungen am besten aushalten können“, erklärt Böckenhoff. So stehen neben heimischen Nadelholzbäumen auch Douglasien oder Küsten-Tannen. Auch dort, wo nun die Fichten aufgrund des Borkenkäfers weichen müssen, könnten künftig andere Arten gepflanzt werden, so Böckenhoff.

Die Trockenheit in diesem Jahr hat vielerorts die Forstschädlinge zur Plage werden lassen.

Die Trockenheit in diesem Jahr hat vielerorts die Forstschädlinge zur Plage werden lassen. © Matthias Hiekel/dpa

Sein Kollege Marco Adamek kümmert sich seit 30 Jahren als Revierförster beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW um die hiesigen öffentlichen Wälder. Noch nie hat er einen solchen Bestand an Borkenkäfern verzeichnet wie in diesem Jahr. Die Borkenkäfer konnten die dritte Generation entwickeln, sprich ein weibliches Insekt konnte seit April mehr als 100.000 Nachfahren produzieren.

Und das liegt an den besonders guten Bedingungen in diesem Jahr, wie Revierförster Adamek, der für Werne, Selm, Lünen, Cappenberg und Bork zuständig ist, erklärt: „Nach dem Sturmtief Friederike und dem heißen und trockenen Sommer konnten die Borkenkäfer die Bäume stehend befallen, weil diese geschwächt waren.“

Vor allem Fichten wurden von den Borkenkäfern befallen. Normalerweise können sich die Bäume mit ihrem Harz schützen. Damit verkleben und töten sie die Insekten. Doch in diesem Jahr bildeten die Fichten aufgrund der Wetterverhältnisse kein oder nur wenig eigenes Abwehrmittel aus.

Regelrechte Borkenkäfer-Invasion in NRW

Die Folge sind zerstörte Baumbestände. In Nordrhein-Westfalen spricht man längst von einer wahren Borkenkäfer-Invasion. Allein in diesem Bundesland geht das Umweltministerium von bis zu 2,1 Millionen Kubikmetern befallenem „Käferholz“ aus. Das entspricht knapp zwei Millionen abgestorbener Bäume. Überall dort, wo Fichten stehen, würde der Borkenkäfer auch wüten, sagt auch Marco Adamek vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW.

„Hätten wir mehr Nadelholz, hätten wir auch größere Probleme gehabt.“
Marco Adamek, Revierförster des Landes NRW

Der Revierförster kann dennoch etwas aufatmen. „In meinen zuständigen Forstbetrieben in der Region gibt es 95 Prozent Laubbäume, weil Fichtenholz von weniger wirtschaftlicher Bedeutung ist“, so der 58-Jährige. Die nun arg vermehrten Borkenkäfer-Arten Kupferstecher und Buchdrucker gehen primär ins Nadelholz. Und können einen Baum, gar ganze Bestände, vernichten.

Dabei setzen sich die Insekten an die Rinde und ernähren sich von dem saftigen Bastgewebe. Es ist gleichzeitig die Lebensader der Bäume. So können die Pflanzen absterben. Der Baum muss schließlich gefällt werden. Dass es weniger Verlusten in den Baumbeständen in Werne und Umgebung gibt als in vielen anderen Orten,liegt einzig an der Baumart. „Hätten wir mehr Nadelholz, hätten wir auch größere Probleme gehabt“, ist sich Marco Adamek sicher.

Noch längst keine Entwarnung

Eine Entwarnung gibt es im Allgemeinen noch nicht. „Man muss im Frühjahr erst einmal gucken, wie viele Borkenkäfer den Winter in den Bäumen oder Nadelstreu überstanden haben. Es kann auch so weitergehen“, sagt der Revierförster. Der Borkenkäfer-Befall hat bereits jetzt Auswirkungen auf die Fichtenholzpreise genommen. Sie haben sich teilweise halbiert, sagen Experten.

Auch Martin Böckenhoff von der Graf von Merveldt’schen Forstverwaltung glaubt, dass der Preis für Fichten, die als Industrieholz verwendet werden, wohl um etwa 10 Euro runtergehen wird. Zurzeit wird der Kubikmeter für 30 bis 35 Euro angeboten. An Sägewerke könne man derzeit gar kein Fichtenholz mehr verkaufen, weil diese bereits überlastet seien, so der Forstverwalter.