Bistum legt Bauvorhaben in Werne auf Eis Pfarrdechant Schäfer: „Müssen erst Geld besorgen“

Bistum legt Bauvorhaben auf Eis: „Müssen erst Gelder generieren“
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Irgendwann im April sollte die Sakristei der Stadtkirche St. Christophorus in Werne, dieses achteckige Zelt aus Stahl und Glas, abgerissen werden und Platz machen für einen schlichten Neubau. So war der Plan im Herbst 2024. Viele, die den modernen Baukörper neben der altehrwürdigen Kirche schon seit jeher verabscheuten, fiebern seitdem diesem Tag entgegen. Andere, die das 1999 errichtete Werk des Stararchitekten Prof. Dr. Stephan Böhm als Ausdruck zeitgenössischer Architektur schätzen, fürchten ihn. Jetzt steht fest: Alle müssen sich noch gedulden. Die katholische Kirchengemeinde hat den Termin nach hinten verschoben - wohl oder übel.

Nein, mit fehlenden Genehmigungen habe das nichts zu tun, sagt Pfarrdechant Jürgen Schäfer auf Anfrage. Die Abrissgenehmigung der Sakristei, an der sich in Werne die Geister scheiden, liegt schon seit Jahren vor. Und die Baugenehmigung für einen schlichten Neubau aus zwei runden, mit beigen Tonziegeln verkleideten Gebäudeteilen hatte die Stadtverwaltung auch bereits erteilt. Dass aus dem Baustart im April - und damit auch mit der Fertigstellung im Mai 2026 - erst einmal nichts wird, hat einen anderen Grund: das liebe Geld.

Darunter leidet auch ein anderes Bauprojekt der katholischen Kirchengemeinde Werne: der Abriss der baufälligen und bereits entwidmeten Kirche St. Johannes. Wie lange der weiße, schlanke Kirchturm weiterhin die Siedlungen Holtkamp und Thünen im Nordosten der Stadt überragen wird? Die Antwort darauf ist dieselbe wie die auf die Frage, wann die undicht gewordene Sakristei aus dem Straßenbild verschwinden wird: Sobald das Bistum dafür grünes Licht gibt - und Geld.

Aus der Siedlung Holtkamp in Werne hebt sich der weiße Kirchturm von St. Johannes heraus. Die Kirche ist baufällig geworden: eine Folge des sogenannten Sommerfrosts. Jetzt verzögert sich der Abbruch.
Aus der Siedlung Holtkamp in Werne hebt sich der weiße Kirchturm von St. Johannes heraus. Die Kirche ist baufällig geworden: eine Folge des sogenannten Sommerfrosts. Jetzt verzögert sich der Abbruch. © www.blossey.eu

„Müssen uns kleiner setzen“

Das Bistum Münster hat die Gemeinde aufgefordert, erst einmal alle Bauprojekte auf Eis zu legen. Grund für die plötzliche Zurückhaltung ist der anhaltende Mitgliederschwund in der katholischen Kirche. Er führt nicht nur zu leeren Kirchenbänken, sondern auch zu leere Kassen. Trotz des Baustopps sieht Pfarrdechant Jürgen Schäfer aber nicht schwarz - und das nicht nur berufsbedingt.

Er sieht es pragmatisch. „Wir müssen noch Geld generieren.“ Wie? Das werde derzeit geprüft. Klar sei aber: „Wir müssen uns kleiner setzen.“ Die breiten volkskirchlichen Strukturen, die in der Nachkriegszeit entstanden, brauche es nicht mehr für eine schrumpfende Gemeinde. Bei Null braucht die Gemeinde dabei nicht anzufangen. Denn schon seit 2021 hat sie ein Immobilienkonzept erstellt, die Auflistung aller Gebäude im Kirchenbesitz: von den sechs Pfarrhäusern und vier Pfarrheimen über die fünf Kitas bis zu den sechs Kirchenbauten inklusive der Kapelle in Horst. Diese mit Stärken und Schwächen versehene Aufstellung dient als Grundlage für Entscheidungen, was noch gebraucht wird und was veräußert werden kann, um etwa durch Mieten oder Erbpachtzahlungen die notwendigen Einnahmen in die Kasse zu spülen.

Kita-Finanzierung ein Problem

Wie das aussehen kann, lässt sich an der Stockumer Straße besichtigen. Wo bis 2018 noch ein Kirchenschiff von St. Konrad stand, befindet sich inzwischen ein modernes Bürogebäude. Die Gemeinde hat es langfristig an die Zentralrendantur Hamm-Nord, Werne, Lüdinghausen vermietet. Im Kirchturm entstand eine barrierefreie Kapelle mit rund 60 Sitzplätzen. Und wo einst das Bruder-Konrad-Haus stand, sollen künftig Familien wohnen. Auch in St. Johannes wird nicht nur - wann auch immer - abgerissen, sondern entstand auch Neues.

Im Juni 2024 hatte die Gemeinde nicht nur das Pfarrheim komplett renoviert, sondern dort auch im Erdgeschoss die Johannes-Kapelle eingerichtet. Der nächste Schritt wäre es, jetzt die Kirche abzureißen. „Die Ausschreibungen sind vorbereitet und sollten im Februar raus“, sagt Jürgen Schäfer. Daraus werde erst einmal nichts. Genauso wenig wie aus dem Abriss der Sakristei.

In beiden Fällen hofft Schäfer, dass es trotz der schwierigen Rahmenbedingungen doch noch etwas in diesem Jahr werden wird. Welche Immobilie die Gemeinde zu Geld machen will, sagt er indes nicht. Es wird in jedem Fall wohl nicht die letzte sein. „Die Einnahmen sinken“, sagt er mit Blick auf die Kirchensteuermittel. Die Ausgaben würden indes kräftig steigen. Allein bei den Personalkosten gebe es ein Plus von zehn Prozent. Und dann sei da noch die Sache mit den Kitas.

„Die Finanzierung ist schon lange nicht mehr auskömmlich.“ Neben einem Träger-Eigenanteil - er liegt bei der Kirche bei 10,3 Prozent, andere Träger zahlen weniger - erfolgt die Finanzierung der Kitas in NRW über Kindpauschalen nach dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz). Angesichts leerer öffentlicher Kassen und stark steigender Kosten für Energie, Instandhaltung und Ausweitung des Betreuungsangebots, blieben die kirchlichen Träger - auch die Kirchengemeinde St. Christophorus - auf Kosten sitzen. „Uns fehlt die notwendige Liquidität.“

Sakristei teurer als Wohnhaus

Die nötigen liquiden Mittel für die Sakristei auf dem Kirchplatz belaufen sich auf einen höheren sechsstelligen Betrag. Die genaue Summe nennt Pfarrdechant Schäfer nicht. Nur so viel: „Mehr als ein Einfamilienhaus.“ Noch ist er aber zuversichtlich, dass diese Summe - aus eigener Kraft und durch Unterstützung des Bistums - zusammenkommen wird und die Arbeiten noch in diesem Jahr beginnen können. Wenn auch später als geplant.