„Dinge, die ich sicher weiß“ - So heißt das Theaterstück des Ernst Deutsch Theaters Hamburg, das im Kolpingsaal in Werne rund 350 Besucher am Ende zu Begeisterungsstürmen verleitete. Das Publikum begleitete die sechsköpfige Familie durch Trauer und Leid, durch Lachen und Weinen, durch Harmonie und Streit, halt wie im richtigen Familienleben.
Treffsichere Dialoge reizen manches Mal zum Schmunzeln. Das eher minimalistische Bühnenbild lenkt zusätzlich auf die Handlung. In der Trennung und im Zusammensein offenbaren sich die Probleme, die jedes einzelne Familienmitglied mit sich und seinen eigenen Ansprüchen hat.
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Bewegende Familien-Bande
Vater Bob (Christoph Tomanek) war ehemals Fabrikarbeiter bei einem Autohersteller. Seine Stelle wird gestrichen, sodass seine Frau Fran (Maria Hartmann) als Oberschwester die Alleinverdienerin ist. Pip (Nina Petri) ist die älteste Tochter. Sie entscheidet sich, ihren Ehemann und die Kinder zu verlassen. Als Bürokratin im Bildungsministerium wollte sie in Übersee eine neue berufliche Chance nutzen und in eine erfüllendere Beziehung schlüpfen.
Mark (Rune Jürgensen) ist der älteste Sohn und als IT-Spezialist beruflich gut aufgestellt. Im Winter erklärt er den Eltern, dass er nach Sidney auswandern und dort als Mia ein neues Leben anfangen wolle. Ben (Maximilian von Mühlen) offenbart seinen Eltern im Frühjahr, dass er in seinem Job als Finanzdienstleister Geld veruntreut hat. Bleibt noch die jüngste Tochter Rosie (Roxan Safarabadi). Sie kehrt aus dem Ausland zu ihren Eltern zurück, wo sie sich unglücklich in einen Spanier verliebt hatte.
Jeder spielt seine Rolle
Typisch ist der Monolog von Rosie: „Ich brauche meinen Papa. Ich brauche meine Mama. Ich brauche meine Brüder und meine Schwester. Ich will hören, wie sie lachen und diskutieren und streiten.“
Jeder versucht in seiner Rolle als Vater, Mutter, Sohn oder Tochter der Erwartungshaltung der Gesellschaft und dem eigenen Anspruch zu genügen. Bob geht in seinen Rosen auf, die Fran hasst. Ihre Vorstellung vom Garten, in dem das Theaterstück hauptsächlich spielt, ist eine andere als die von Bob. Umgekehrt wollen die Eltern, die aus der Arbeiterschicht stammen, für ihre Kinder nur das Beste und die gesicherte Zukunft mit einem guten Verdienst und einem gängigen Familienbild. Doch diese Vorstellungen müssen ständig neu sortiert werden, eben auch wie im richtigen Leben.
Am Schluss wartet kein Happy-End. Mutter Fran stirbt bei einem Verkehrsunfall. Sie sei wohl auf dem Rückweg von ihrem Dienst beim Sekundenschlaf verunglückt. Das erfährt Bob am Telefon. Auch da zeigt sich im Schlussbild der Familienzusammenhalt, den es trotz aller Stürme und Dramen gibt.
Tosender Beifall belohnt eine hervorragende Darbietung in Werne.