Die Diskussion um Vorgaben für Neubaugebiete in Werne zieht sich nun bereits seit mehreren Monaten. Stein des Anstoßes war ein von der Stadtverwaltung erarbeiteter „Festsetzungskatalog“. Der gibt vor, welche Maßnahmen künftige Häuslebauer in Wohnquartieren mit Blick auf den Klimaschutz einhalten müssen. Dazu gehören unter anderem Vorgaben zur Bepflanzung der Grundstücke, Fassadengestaltung und Photovoltaik-Anlagen. Insgesamt sind im Katalog etwa ein Dutzend Einzelmaßnahmen aufgeführt - aus den Themenfeldern Hitze, Starkregen und erneuerbare Energien.
Der Katalog soll als Grundlage für künftige Bebauungspläne dienen. Teilweise finden sich entsprechende Vorgaben auch schon in den Bebauungsplänen, die in der jüngeren Vergangenheit aufgestellt wurden - etwa beim Wohnquartier an der Schlägelstraße oder im Baaken.
Dennoch sorgte das Thema in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Wirtschaftsförderung am Dienstag (16. April) erneut für Zoff. Und dabei fielen deutliche Worte. Zum Beispiel, als Artur Reichert (FPD) nach einem Statement der Grünen resümierte: „Ich habe selten so einen Blödsinn gehört.“
Aber der Reihe nach. Liberale und Union hatten einen gemeinsamen Antrag zur Abstimmung gebracht, der das, was der Ausschuss vor ein paar Monaten schon mit nur einer Stimme Mehrheit beschlossen hatte, quasi rückgängig machen sollte. Überschrieben ist besagter Antrag mit den Worten: „Klimaschutz und bezahlbares Wohnen in Werne – Neufassung klimabezogener Festsetzungen“.
CDU und FDP wollten Regeln entschärfen
Darin fordern die Fraktionen unter anderem eine Entschärfung der Regeln. Insbesondere wolle man nicht über die Vorgaben hinausgehen, die bereits von Bund und Ländern beschlossen wurden. Hintergrund ist die gesunkene Bautätigkeit aufgrund gestiegener Baukosten. Zudem wollen CDU und FDP Bauherren einen „Zeitfaktor“ einräumen, damit diese beispielsweise teure PV-Anlagen zu einem späteren Zeitpunkt nachrüsten können und nicht direkt in der Bauphase 20.000 bis 30.000 Euro zusätzlich in die Hand nehmen müssen.

Wernes Klimaschutzmanager Dr. Tobias Gehrke machte zu Beginn der Sitzung einmal mehr klar: „Wir legen uns durch den Katalog keine Ketten an.“ Da jeder Bebauungsplan ohnehin eine politische Zustimmung erfordert, könne man bei ausreichender Begründung auch von den Vorgaben abweichen: „Der Katalog hat aber eine Signalwirkung. Wir sind damit deutlich später dran als andere Kommunen. Und früher oder später holt uns die Landesbauordnung ohnehin ein.“ So greife beispielsweise die Solarpflicht auf Dächern ab 2025 sowieso.
Genau diesen Punkt griff Artur Reichert auf: „Und warum sollen wir das jetzt schon ein Jahr früher machen? Das ist für mich überhaupt nicht einleuchtend. Wir machen es den jungen Familien, die bauen wollen, dadurch unnötig schwer“. Sein Parteikollege Benedikt Lange stimmte ein und verwies zudem auf den Bearbeitungsaufwand, den Abweichungen von den geforderten Maßnahmen mit sich bringen würden.
Abstimmung mit denkbar knappem Ergebnis
Ulrich Höltmann (SPD) räumte ein, dass man das Thema auch innerhalb seiner Fraktion durchaus kontrovers diskutiert habe. Vor allem die jüngeren Parteimitglieder hätten auf den Kostenaspekt verwiesen. Natürlich wolle man es möglichst vielen Menschen ermöglichen, zu bauen, aber letztlich müsse der Klimaschutz Vorrang haben: „Und wir behalten das Heft des Handelns ja weiter in der Hand - trotz des Festsetzungskatalogs.“
Auch Klaus Schlüter (Grüne) verwies auf den hohen Nutzen für das Klima. Dagegen seien die Kosten für eine PV-Anlage „Peanuts“. Zudem amortisiere sich eine solche Anlage nach einigen Jahren. Uta Leisentritt (CDU) gab zu bedenken, dass viele Familien aus Werne schon in die Nachbarorte abgewandert seien, weil Bauen in der Lippestadt einfach zu teuer sei. Christoph Schade (Grüne) warf der CDU daraufhin vor, schlichtweg keinen Klimaschutz zu wollen.
Nach hitziger Debatte endete die Abstimmung mit dem gleichen Ergebnis wie vor einigen Monaten: Der neue Festsetzungskatalog bleibt. Zehn der 19 Ausschussmitglieder lehnten den gemeinsamen Antrag von CDU und FDP ab.