Ob Pneumokokken, Keuchhusten oder die Grippe: Die Zahl der Atemwegsinfektionen im Kreis Unna ist seit Jahresanfang deutlich höher als sie es noch im Vorjahresvergleichszeitraum waren. Das geht aus den Zahlen des Landeszentrums für Gesundheit in Bochum (LZG) hervor. Seit Jahresbeginn bis einschließlich Sonntag (9. Februar) haben sich im Kreis nachweislich 726 Mal Menschen mit einem Influenza-Virus infiziert. Im gleichen Zeitraum 2024 waren es 400 Fälle. Die Keuchhusten-Fälle belaufen sich seit Jahresbeginn auf 8, im Vorjahr waren es bis dahin 2 Fälle.
An Pneumokokken sind in diesem Jahr bisher 11 Mal Menschen erkrankt (1.1.2024-9.2.2024: 4). Auch die Fälle des RS-Virus sind aktuell mit 115 Fällen seit Jahresbeginn hoch, übersteigen aber bis dato noch nicht die Zahlen aus 2024 im Vergleichszeitraum (121). Dass die Atemwegs-Erkrankungen gerade grassieren, diesen Eindruck bestätigen auch die Apotheken in Werne. „Es ist schon heftig“, sagt Friederich Schneider, Inhaber der Adler Apotheke am Werner Markt.

Zwar sei es ein Gefühl, weil er die Diagnose nicht stelle, sagt Schneider. Doch auch in seinen Notdienstschichten in der Apotheke treffe er immer wieder auf Menschen, die entsprechende Symptome, etwa für die Grippe, aufwiesen. Seit fünf bis sechs Wochen, sagt der Apotheker, beobachte er ein gehäuftes Auftreten von Atemwegserkrankungen unter seinen Kunden. Nicht nur bei der Grippe klagten die Kunden über ein sehr starkes Krankheitsempfinden, sondern etwa auch über hohes Fieber. Das sei nicht zu vergleichen mit einem grippalen Infekt. „Vorher war es oft Corona, jetzt ist es eher die Grippe“, sagt der Apotheker. Und immer, wenn ein Kunde die typischen Anzeichen dafür zeige, weise er diesen auch darauf hin, sich ärztlich vorzustellen.
Diese Beobachtungen teilt auch die Pharmazeutisch-Technische Assistentin Sibylle Overfeld aus der Christophorus Apotheke in der Steinstraße. „Wo man hinhört, es sind viele Leute krank“, sagt sie. Darunter seien nicht nur Grippefälle, die in der Apotheke schwer zu diagnostizieren seien, sondern auch sehr hartnäckige Erkältungen mit Husten und Schnupfen, die sich über Wochen hielten. Die Kunden suchten dann Linderung in der Apotheke und probierten verschiedene Medikamente aus. Doch auch die Verschreibungen von Ärzten für Antibiotika für Atemwegserkrankungen habe zuletzt zugenommen. Ähnlich wie Schneider sieht auch Overfeld den Beginn der Atemerkrankungswelle am Jahresanfang.

Ob es aber in diesem Jahr mehr Fälle gebe als im Vorjahr, das mag Sibylle Overfeld nicht beurteilen. „Im Winter gibt es immer mal so eine Welle“, sagt sie. „Das kann man nicht eindeutig sagen.“ Immer mal wieder gebe es Fälle von Atemwegserkrankungen, die dann heftig und viel auftauchten.
Die Beobachtungen der Werner Apotheken decken sich mit denen aus dem Klinikverbund Lünen-Werne. „Aktuell erleben wir in der Tat einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen im Klinikum Lünen Werne hinsichtlich Influenza A und B, Covid ist aktuell eher selten geworden. Häufige Symptome sind Abgeschlagenheit, Belastungseinschränkung, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Reizhusten. Der Schweregrad ist sehr variabel“, erklärt Tim Lau, Sprecher des Klinikverbundes auf Anfrage.
Im Vorjahres-Saison sei die Influenza-Welle deutlich früher gewesen. „Insbesondere eher junge Patienten mit weniger relevanten Vorerkrankungen versuchen wir ambulant zu behandeln, wir haben jedoch auch einige insbesondere stark vorerkrankte Patienten, die wir sogar auf unserer Intensivstation aufnehmen müssen.“ Für die Notaufnahme bedeute die Infektionswelle eine hohe Mehrbelastung, personell wie auch räumlich. Das Personal müsse sich umso mehr schützen vor Ansteckung, Behandlungsräume seien unter anderem auch aus Reinigungsgründen nach der Behandlung deutlich länger gesperrt als sonst, was die Kapazitäten des Klinikums einschränke.
Wir haben zu diesem Thema auch mehrere Hausarzt-Praxen in Werne angefragt, leider war keine der angefragten dazu bereit, mit uns zu diesem Thema zu sprechen.