Eine Pressemitteilung des Bistums Münster zu sogenannten „antijüdischen Darstellungen“ in und an Kirchen sorgte für Unruhe in der katholischen Gemeinde St. Christophorus Werne. Denn unter den 13 aufgelisteten Negativ-Beispielen findet sich unter Punkt 9 der Eintrag „Stockum-Werne, St. Sophia, Kreuzwegstation, Person mit Judenhut, Bronze, 20. Jhdt“. „Die Meldung kenne ich gar nicht, das ist mir völlig neu“, reagierte Pfarrdechant Jürgen Schäfer ratlos im Gespräch mit der Redaktion. Die Ratlosigkeit hat einen Grund.
Denn wie sich durch die Recherche der Redaktion herausstellte, handelt es sich um eine Falsch-Nachricht. Die beanstandete Kreuzweg-Darstellung in der Stockumer Kirche zeigt keine höhnische Darstellung eines Juden, sondern einen römischen Soldaten. Dessen hochgeklapptes Visier führte offenbar zur Verwechslung mit einem sogenannten „Judenhut“

Gefahr der Verwechslung
„Man kann das schon verwechseln“, sagt Prof. Thomas Flammer, im Bistum Diözesankonservator Kirchliche Kunst- und Kulturgüter, „aber wenn man genau hinschaut, dann erkennt man den Unterschied.“ So sind in der Stockumer Darstellung Elemente einer römischen Uniform zu erkennen. Der bemängelte „Judenhut“ entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Legionärshelm mit hochgeklappten, zweiteiligem Gesichtsschutz. „Also eindeutig keine antijüdische Darstellung“, sagt Flammer im Gespräch mit der Redaktion. Irrtümlich sei dieses Relief aus der Kreuzweg-Darstellung der Stockumer Kirche als „antijüdisch“ in der Datenbank des Bistums gelandet.
Die fünf katholischen (Erz-)Bistümer und drei evangelischen Landeskirchen in
Nordrhein-Westfalen, darunter auch das Bistum Münster, haben gemeinsame Leitlinien zum Umgang mit antijüdischen Bildwerken entwickelt. Grundsätzlich sei nicht jede Darstellung von Jüdinnen und Juden zugleich antijüdisch, an vielen Stellen diene sie dazu, diese als Vertreter des Alten Testaments zu kennzeichnen. Einige Darstellungen des Judentums entfalteten aber bis heute eine verletzende und herabwürdigende Botschaft und Wirkung.
Bistum Münster will ermutigen
Das Bistum Münster wolle dazu ermutigen, vor Ort bewusst und gut begründet mit den Objekten umzugehen und Verantwortung zu übernehmen. Zur Darstellung des sogenannten Judenhutes heißt es in den Leitlinien des Bistums, die Prof. Flammer mit erarbeitet hat: „Dementsprechend wurde in der christlichen Kunst vor allem im deutschsprachigen Raum dieser Hut als geläufiges, eindeutiges und sichtbares Zeichen für Juden eingesetzt. Dies geschah vor dem Hintergrund der seit langem betriebenen theologischen Abgrenzung des ‚wahren Gottesvolkes‘ im Neuen Bund gegenüber dem Alten Bund. Damit einherging aber auch zunehmende, kollektive Diffamierung und Schuldzuweisung – beispielsweise im Zusammenhang mit Jesu Verurteilung und Tod.“