Angelika Osthues aus Selm besucht „Letzte-Hilfe-Kurs“ „Der Tod macht mir keine Angst“

Angelika Osthues im Letzte-Hilfe-Kurs: „Der Tod macht mir keine Angst“
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Vor einigen Tagen fand auf Anregung der Hospizgruppe Werne ein Tages-Lehrgang „Letzte Hilfe“ statt. Zwölf Interessenten nahmen daran teil und lernten, wie sie nahestehenden Menschen am Ende ihres Lebens beistehen können. Eine der Teilnehmerinnen war Angelika Osthues. Die 60-Jährige hat bereits Erfahrungen im Umgang mit dem Tod und sagt nach dem Lehrgang: „Ich habe für mich danach Konsequenzen gezogen.“

Den Lehrgang am Samstag (18. März) im Pfarrheim St. Christophorus in Werne leitete Anja Linker, Koordinatorin der Hospizgruppe, zusammen mit Monika Teigel, ehrenamtliche Helferin bei der Sterbebegleitung. Linker sagt: „Letzte Hilfe richtet sich - ähnlich wie ein Erste-Hilfe-Kursus - an alle Bürgerinnen und Bürger. Sie sollen Menschen unterstützen, sich mit verschiedenen Themen um Sterben und Tod auseinandersetzen.“

Die 60-jährige Angelika Osthues zeigt ein für sie wichtiges Bild mit v. l. ihrer Oma Maria, ihrer Mutter Elisabeth als Kind und Tante Elfriede.
Die 60-jährige Angelika Osthues zeigt ein für sie wichtiges Bild mit v. l. ihrer Oma Maria, ihrer Mutter Elisabeth als Kind und Tante Elfriede. © Jörg Heckenkamp

Muttergottes in der Ecke

Angelika Osthues kennt Anja Linker schon seit mehr als 15 Jahren über die Hunde, erzählt sie im Gespräch mit der Redaktion. Sie sitzt zu Hause am Esstisch, in der Ecke vor ihr steht eine Muttergottes auf einem kleinen Holz-Podest. Davor eine brennende Kerze. Hat das etwas mit Trauer und Tod zu tun? „Nein“, sagt Osthues. „Das ist die Muttergottes, die ich nach meiner Scheidung mitgenommen habe. Die Kerze steht oft für gute Wünsche. Sie dient mir aber auch zur Besinnung.“

Die 60-Jährige blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Auf verschiedene Ausbildungen und Berufe, auf verschiedene Wohnorte. Sie hat eine große Familie (eine Tochter, vier Söhne, drei Enkelkinder) und schon öfter Umgang mit dem Tod gehabt. Sei es im privaten Bereich, sei es durch einen ihrer Berufe in der ambulanten Pflege. „Dabei habe ich das Sterben zu Hause erlebt.“

Anja Linker (l.), Koordinatorin der Hospizgruppe Werne, leitete mit Unterstützung von Monika Teigel den Lehrgang "Letzte Hilfe".
Anja Linker (l.), Koordinatorin der Hospizgruppe Werne, leitete mit Unterstützung von Monika Teigel den Lehrgang "Letzte Hilfe". © Hospizgruppe Werne

Erfahrungen mit dem Tod

Doch auch im privaten Bereich machte die Selmerin diese Erfahrung. Sie war verheiratet mit einem Landwirt, lebte auf dem Hof und pflegte den Schwiegervater. „Er konnte daheim sterben. Die Nachbarn haben ganz traditionell daran teilgenommen. Das war ein schönes Gefühl“, erzählt sie. Bei ihrer Mutter Elisabeth war das nicht der Fall.

„Wir haben sie zuerst zu Hause gepflegt, das ging dann aber nicht mehr.“ Die Mutter kam in ein Krankenhaus nach Münster, wo sie schließlich starb. „Wir haben für sie einen Platz in einem Hospiz gesucht, aber überall nur Wartelisten.“ Doch die Situation auf der Palliativstation in Münster wäre auch sehr gut gewesen. Angelika Osthues, die 2017 noch in der Pflege gearbeitet hat, konnte ihre Mutter auf dem letzten Weg gut begleiten.

Schmusestunde: Angelika Osthues mit ihrer quirligen Rauhaardackel-Dame Ginny (9 Monate).
Schmusestunde: Angelika Osthues mit ihrer quirligen Rauhaardackel-Dame Ginny (9 Monate). © Jörg Heckenkamp

Jeden Tag zur sterbenden Mutter

„Meine Arbeitskollegen haben mir den Rücken freigehalten“, sagt sie. Jeden Tag sei sie im Krankenhaus gewesen. „Die Beschäftigten dort meinten, dass ich nicht jeden Tag kommen müsse. Aber ich wollte das. Das war wichtig für mich, so konnte ich Abschied nehmen.“ Sie erzählt ausführlich, wie sie und ihre Tochter Maria, ebenfalls in der Pflege tätig, Mutter Elisabeth bis in den Tod begleitet haben. Sie wurde 79 Jahre alt.

Angelika Osthues sagt: „Der Tod macht mir keine Angst. Es ist etwas Besonderes, jemanden dabei begleiten zu dürfen.“ Um das noch besser machen zu können, entschied sie sich zur Teilnahme an dem „Letzte-Hilfe“-Lehrgang. „Das ist wie bei der Ersten Hilfe, es gibt einem mehr Sicherheit“, sagt die 60-Jährige, die nun in der Erwerbsminderungsrente ist.

Angelika Osthues zeigt die Bestätigung für die Teilnahme am Kursus Letzte Hilfe.
Angelika Osthues zeigt die Bestätigung für die Teilnahme am Kursus Letzte Hilfe. © Jörg Heckenkamp

Aspekte des „Letzte-Hilfe“-Kurses

Es gebe verschiedene Aspekte, die man in solch einem Kursus lernt. „Man bekommt Anleitungen, etwas zu tun und nicht nur da zu sein. Man weiß dann, was man machen soll.“ Zum Beispiel, wie man Angehörige an die Hand nehmen, auf ihre Ängste und Probleme eingehen kann. Dann gehe es um bestimmte Handgriffe und Tätigkeiten, um beispielsweise den Sterbenden anders zu lagern oder sonst wie seine Situation zu verbessern.

Doch der Lehrgang vermittelt auch Wissen, das vor den letzten Tagen wichtig ist. Angelika Osthues: „Man kann als Sterbender meist nichts mehr bestimmen. Deswegen sollte man das rechtzeitig erledigen.“ Am besten durch Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. „Die Beleuchtung dieser Verfügungen war ein wichtiger Bestandteil des Lehrgangs.“

Leiden zu lindern ist ein Thema des Letzten-Hilfe-Lehrganges. Eine Neuauflage in Werne ist für Samstag, 9. September 2023, geplant.
Leiden zu lindern ist ein Thema des Letzten-Hilfe-Lehrganges. Eine Neuauflage in Werne ist für Samstag, 9. September 2023, geplant. © Jörg Heckenkamp

Verfügungen überprüfen

Die Selmerin, für die der Tod schon lange Teil ihres Lebens ist, hat natürlich schon länger eine Vorsorge-Vollmacht und eine Patientenverfügung verfasst. Aber der Lehrgang in Werne hat ihr neue Einsichten vermittelt. „Gar nichts Besonderes“, sagt sie. Aber es ging zum Beispiel darum, dass man Sterbenden die Hände mit Duftöl einreiben kann. Sie stellte sich vor, dass man das bei ihr mit einem Duft mache, den sie überhaupt nicht am Körper leiden kann: Lavendel.

„Also werde ich meine Patientenverfügung entsprechend ändern.“ Sie rät jedem, rechtzeitig solch eine Verfügung „möglichst detailliert aufzusetzen“. Sterbende haben ihrer Erfahrung nach sehr feine Antennen und sollten dann nichts erleben müssen, was sie stört. Ein weiterer Tipp von ihr: „Verfügungen und Vollmachten nach etlichen Jahren überprüfen.“ Was mit 60 verfügt worden sei, muss mit 80 nicht mehr stimmig sein.

Deswegen werde sie nun noch einmal das Gespräch mit ihrem betagten, 88-jährigen Vater führen. „Es ist wichtig zu überlegen, ob seine Patientenverfügung noch aktuell ist.“ Das sei auch für sie im Falle des Falles wichtig: „Das gibt mir Sicherheit.“

Neuer Lehrgang

  • Ein weiterer Lehrgang „Letzte Hilfe“ der Hospizgruppe Werne ist für Samstag, 9. September, geplant.
  • Anmeldungen sind jetzt bereits möglich.
  • Kontakt: Anja Linker, Kirchhof 2a, Werne, Tel. (02389) 779 73 01
  • www.hospizgruppe-werne.de