Man könnte von einer Lex Kreis Unna sprechen. Denn die noch immer schwelende Abrechnungsaffäre ist auch der Landesregierung in Düsseldorf nicht verborgen geblieben. Künftig wird es strengere Regeln beim Verdienstausfall geben.
Verordnung reagiert auf Abrechnungsaffäre
Über die Richtlinie debattieren wird die Politik indes erst am 6. und 7. November, wenn die „Richtlinie zur Gewährung von Verdienstausfall für mandatsbedingte Tätigkeit“ auf der Tagesordnung von Kreisausschuss und Kreistag steht.
Denn jetzt erst liegt die neue Fassung der Entschädigungsverordnung des Landes NRW vor, die ab 1. Januar 2024 gelten wird.
Dieses Regelwerk steckte schon früher den Rahmen ab, ist nun aber infolge der Abrechnungsaffäre im Unnaer Kreistag an vielen Stellen nachjustiert; viele Vorschriften sind strenger oder gar neu eingeführt geworden.
- Entgangener Arbeitsverdienst aus selbstständiger oder unselbständiger Arbeit ist – mindestens – in Höhe eines Regelstundensatzes zu ersetzen. Der Regelstundensatz entspricht der Höhe des Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz in der jeweils geltenden Fassung.
- In der Hauptsatzung kann ein höherer Regelstundensatz festgelegt werden. Die Verdienstausfallentschädigung darf einen Höchstbetrag von 84 Euro je Stunde nicht überschreiten.
- Selbstständige erhalten auf Antrag anstelle des Regelstundensatzes eine Verdienstausfallpauschale je Stunde, deren Höhe im Einzelfall auf der Grundlage des glaubhaft gemachten Einkommens festgesetzt wird. Die Höchstgrenze von 84 Euro gilt auch hier.
- Die Kommune kann im Hinblick auf die zu führenden Nachweise das Verfahren über den Ersatz des Verdienstausfalls für beruflich Selbständige für ehrenamtliche Feuerwehrleute entsprechend anwenden.
- Auf Antrag ist Arbeitern, Angestellten oder Beamten der tatsächlich entstandene Verdienstausfall in der nachgewiesenen Höhe gesondert zu ersetzen. Ferner ist neuerdings der auf den entgangenen Arbeitsverdienst entfallende Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung zu erstatten.
Zweifel hatten sich an Abrechnungen einzelner Mitglieder des Kreistages ergeben, die beruflich selbstständig sind. Der Verdienstausfall war als sehr hoch im Vergleich zu anderen Abrechnungen aufgefallen. Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt hierzu seit Monaten wegen Betrugs.
Das zuständige Kommunalministerium – Ministerin Ina Scharrenbach stammt aus Kamen – bezieht sich nun in seiner Begründung für gesetzliche Änderungen ausdrücklich auf Ungereimtheiten in den Kommunen.
Fraktionssitzungen in Arbeitszeiten
„In der Vergangenheit sind mehrere Fälle in Gemeinden und Kreisen öffentlich bekannt geworden, in denen sich für die örtliche Rechnungsprüfung Zweifel derart ergeben haben, dass Fraktionssitzungen anscheinend bewusst in Arbeitszeiten gelegt wurden, um im Anschluss Verdienstausfall geltend zu machen zu können“, heißt es in Erläuterungen zu der geänderten Entschädigungsverordnung.

Seine damals vierköpfige Fraktion hatte von November 2020 bis Oktober 2021 mehr als 136 Stunden in Fraktionssitzungen getagt – wesentlich länger als die beiden wesentlich größeren Fraktionen von SPD und CDU.
Missbrauch wird künftig geahndet
An diesem Punkt greift die Entschädigungsverordnung nun ein: Ergeben sich Anhaltspunkte, dass Sitzungen der Fraktionen „in missbräuchlicher Weise wiederholt in Arbeitszeiten gelegt“ und dafür Zahlungen geltend gemacht werden, kann die Hauptsatzung der Kreistags (oder der Gemeinderäte) bestimmen, dass in solchen Fällen der Ersatz des Verdienstausfalles nicht zu leisten ist.
Das hat künftig zweierlei zur Folge: Der Kreistag muss eine solche Regelung zwingend in seine Hauptsatzung aufnehmen und, ungleich schwieriger zu handhaben, es müssen sich „Anhaltspunkte“ für Missbrauch belegen lassen.
Das Ziel der Verschärfungen laut Ministerium: der Schutz des Ansehens des kommunalpolitischen Ehrenamtes. Zum einen sollen zwar eben nicht nur solche Personen Mandatsträger sein können, „die ihre Berufstätigkeit unproblematisch mit der Mandatsausübung vereinbaren können.“ Auf der anderen Seite komme Mandatsträgern aber auch die Verantwortung zu, „über ihr Verhalten dafür Sorge zu tragen, dass das Ansehen des kommunalen Ehrenamtes öffentlich nicht beeinträchtigt wird.“