Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) fordert, die Geschwindigkeit auf Landstraßen von 100 auf 70 Kilometer pro Stunde zu reduzieren. Seine Hoffnung: weniger Verkehrstote. Denn Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge kamen 2022 insgesamt 2788 Menschen bei Unfällen mit Personenschaden hierzulande ums Leben, 1593 davon auf Landstraßen. In 39 Prozent seien nicht angepasste Geschwindigkeit, in 48 Prozent das Abkommen von der Fahrbahn nach rechts oder links (28 Prozent) der Grund gewesen. Mehr als die Hälfte aller Unfälle seien Alleinunfälle.
96 Prozent der Unfälle geschahen laut dem Verkehrssicherheitsrat an Knotenpunkten wie Kreuzungen, Einmündungen oder Grundstückszufahrten. „Die Hauptunfallursachen bestehen hier in ungenügendem Sicherheitsabstand, Missachtung der Lichtzeichen oder Verkehrszeichen und Fehlern beim Abbiegen nach links.“ Die Forderungen des DVR lautet daher, unter anderem dort, wo keine Ampeln stehen, auf Landstraßen 70 Kilometer pro Stunde einzuführen, unfallanfällige Kreuzungen zu Kreisverkehren umzubauen und gut sichtbare Rad- und Verkehrswege anzulegen.
Verkehrszeichen wurden nicht beachtet
Wären derartige Maßnahmen auch in Werne angebracht? Die zuständige Kreispolizeibehörde in Unna erklärt dazu auf Anfrage der Redaktion zunächst, dass „aufgrund der Länge der Landstraßen und der weitläufig gefächerten auseinanderliegenden Unfallorte nicht von einer Bündelung von Verkehrsunfällen der Kategorien 1 bis 4 an Unfallorten gesprochen werden“ könne. Zum Hintergrund: Von der ersten Kategorie wird gesprochen, wenn es sich um einen Verkehrsunfall mit Getötetem handelt. Kategorie zwei meint einen Verkehrsunfall mit Schwerverletzten, Kategorie 3 einen Verkehrsunfall mit Leichtverletzten und hinter der vierten Kategorie 4 steckt ein schwerwiegender Verkehrsunfall mit Sachschaden.
In 2023 hat es laut der Polizei Unna insgesamt 22 Verkehrsunfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden gegeben. Betroffen waren die Lünener Straße (10 Verkehrsunfälle), Stockumer Straße (4 Verkehrsunfälle), Werner Straße (3 Verkehrsunfälle), Kurt-Schumacher-Straße (2 Verkehrsunfälle), Selmer Landstraße (2 Verkehrsunfälle) und die Steinstraße (1 Verkehrsunfall).
Als Hauptursachen hat die Polizei folgende Gründe ermittelt: Fünfmal seien die vorfahrtsregelnden Verkehrszeichen nicht beachtet worden und viermal seien andere Fehler (Auffahren auf ein parkendes Fahrzeug, Zusammenstoß mit anfahrendem Fahrzeug, Radfahrender stürzt aufgrund von Nässe und Zusammenstoß mit vorausfahrendem Fahrzeug) ausschlaggebend gewesen. Zweimal sei es zu Fehlern beim Abbiegen gekommen und zweimal sei die Geschwindigkeit nicht beachtet worden.

Schutz für Radfahrer und Fußgänger
Entsprechend wurden lediglich 9 Prozent der insgesamt 22 Unfälle nicht angepasster Geschwindigkeit zugeordnet, „was nicht bedeutet, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten worden ist“, so die Polizei. In beiden Fällen habe die zulässige Geschwindigkeitsgrenze bei 50 km/h gelegen. „Eine generelle Aussage, ob Verkehrsunfälle durch eine Geschwindigkeitsreduzierung reduziert werden könnten, kann von hier aus nicht getroffen werden, da jeder Verkehrsunfall im Einzelfall bewertet werden müsste“, erklärt die Polizeipressestelle. Eine Geschwindigkeitsreduzierung auf eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 Kilometer pro Stunde sollte zudem „immer nach den örtlichen Gegebenheiten und individuell erfolgen“, heißt es weiter.
Doch nicht nur Auto-, Motorrad oder Lkw-Fahrer sind an den Unfällen beteiligt, sondern auch Fußgänger und Radfahrer. Laut der Polizei Unna haben sich in 2023 insgesamt acht Verkehrsunfälle auf sowie an Landstraßen unter Beteiligung von Radfahrenden und Fußgängern ereignet. Ein Radfahrender und zwei zu Fuß gehende wurden bei drei Verkehrsunfällen als Unfallverursacher ausgemacht. „Der beste Schutz für Radfahrende und zu Fuß gehende ist ein separat neben der Straße geführter Radweg/Gehweg“, erklärt Polizeisprecherin Nadine Richter. Hinzu käme, dass Radfahrende und Fußgänger sich ebenfalls an die herrschenden Verkehrsregeln und Vorschriften halten.
Hauptursache sind Wildunfälle
Zu Unfällen mit leichtem Schaden teilt die Polizei mit, dass sich in dieser Kategorie im Jahr 2023 insgesamt 76 Verkehrsunfälle ereignet haben. Davon würden acht Verkehrsunfälle (11 Prozent) im ursächlichen Zusammenhang mit einer nicht angepassten Geschwindigkeit stehen, „was nicht bedeutet, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten worden ist“. Als Hauptursache wurde 32 Mal ein Wildunfall verzeichnet, gefolgt von neun Unfällen, bei denen die vorfahrtsregelnden Verkehrszeichen nicht beachtet wurden. Bei neun Verkehrsunfällen wurde der Sicherheitsabstand nicht eingehalten.