Viehhändler gibt es einige im Westmünsterland, aber selten findet man sie in einem Strafprozess vor Gericht wieder. Doch genau das ist jetzt einem Vredener Viehhändler passiert.
Der Vredener musste sich gemeinsam mit seinem Fahrer dem Vorwurf stellen, seine Rinder nicht artgerecht im Sinne des Tierschutzgesetzes transportiert zuhaben. Ein Vorwurf, der mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann - wenn er denn zutrifft.
Vorwurf der Staatsanwaltschaft
Die Anklage: Dem Vredener und seinem Stadtlohner Fahrer wurde zur Last gelegt, „gemeinschaftlich am 7. Februar 2023 einem Wirbeltier länger anhaltende Schmerzen und Leiden zugefügt zu haben.“ Hinter diesem eher juristisch formulierten Anklage verbirgt sich eine Art des Viehtransportes, wie sie nach deutschem Recht nicht zulässig ist. Dies fiel bei einer Polizeikontrolle in der Nähe des Westfleisch-Schlachthofes im Kreis Vechta auf.
Doppelstöckige Beladung
Gleich mehrere Aspekte trugen dazu bei, dass die Polizei Anzeige erstattete. Zum einen war die zusätzliche Gesamthöhe des Viehtransportes von vier Metern um 30 Zentimeter überschritten. Doch das eigentliche Problem sahen die Beamten im Innern des Anhängers. Auf der unteren Ebene des Anhängers wurde aufgrund der „flüchtigen Beladungsweise“ - wie es die Staatsanwaltschaft nennt - der vorgegebene Mindestabstand zwischen Decke und Widerrist ebenfalls nicht eingehalten.
Im Gegenteil: Nach Angaben der Polizei, die dies auch durch Fotos und Videos dokumentierte, zeigte sich, dass bei manchen Tieren kaum eine flache Hand Platz zwischen den Schultern und der Decke festzustellen war.
Ähnlich sah es auch auf der oberen Ebene des Anhängers aus. Auch dort wurde der Abstand deutlich unterschritten. „Innerhalb des Laderaums und auch im Zwischenwerk stand nicht genügend Platz zur Verfügung, um eine angemessene Luftsituation über den stehenden Tieren zu gewährleisten“, fügte die Staatsanwältin der Anklage hinzu. „Die Tiere waren stark in ihrer natürlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt und das natürliche Heben des Kopfes war nicht möglich.“
Tiere leiden unter wenig Platz
Eines schienen die Angeklagten gleich nach der Verlesung der Anklage klarstellen zu wollen. „Wir haben nie ein Tier gequält oder ähnliches“, betonte der Viehhändler. „Das wäre auch nicht gut fürs Geschäft, wenn die in der Schlachterei Verletzungen sehen würde.“
Doch soweit sollte die Anklage der Staatsanwaltschaft überhaupt nicht gehen. Vielmehr unterstellte man dem Vierhändler bewusst den Anhänger doppelstöckig beladen zuhaben, um eine zusätzliche Fahrt einzusparen. Der Bewegungsfreiraum der Kühe war dadurch für eine rund zweieinhalb Stunden lange Fahrt stark eingeschränkt.
Das Problem dabei: Kälber, Schweine oder Schafe legen sich kurz nach
Fahrtbeginn in den jeweiligen Transportern hin. Wichtiger als die Deckenhöhe ist
dabei also die Besatzdichte. Rinder hingegen bleiben stehen und erleiden, wenn nicht genügend Platz nach oben vorhanden ist, Schmerzen.
Das bestätigte auch die vorgeladene Tiermedizinerin des Veterinäramtes des Kreises Vechta in ihrer Einschätzung. Zusätzlich wies sie darauf hin, dass genau aus diesem Grund die doppelstöckige Beladung von Rindviehtransportern sehr umstritten ist. In einigen EU-Ländern sei sie sogar strikt verboten.
Vorsätzlich sei dies jedoch nicht geschehen. Das betonte zumindest der Anwalt des Viehhändlers, der zusätzlich darauf hinwies, dass sein Mandant als Disponent der Firma nicht in der Lage gewesen wäre, ständig zu kontrollieren, ob diese Höhe bei jedem einzelnen Tier eingehalten wurde.
Auch der Stadtlohner Kraftfahrer des Unternehmens habe bei der Übernahme des Fahrzeugs keine weitere Kontrolle durchgeführt. „Vielleicht haben sie es ja tatsächlich nicht vorsätzlich gemacht“, erwiderte der Vorsitzende Richter auf die Ausführungen der beiden Angeklagten. „Aber es war Ihnen schlichtweg egal, wie viel Platz die Tiere haben.“
Denn unbekannt war dem Disponenten und seinem Fahrer diese Regelung keineswegs. Ganz im Gegenteil: Bereits vor wenigen Jahren stand der Viehhändler schon einmal im Verdacht, sich nicht an die Anforderungen für doppelstöckige Beladungen zu halten. „Sie wussten also genau, was daraus folgen kann“, mutmaßte der Richter.
Da beide Angeklagten jedoch bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind und sich nach der Aufklärung des Sachverhaltes geständig zeigten, bot der Richter den beiden einen „Deal“ an. Danach sollten beide eine Geldstrafe auf Bewährung bekommen.
Konkret wird für den Disponenten eine Strafe von 45 Tagessätzen á 130 Euro und für den Fahrer eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 60 Euro vorbehalten. Des Weiteren muss der Viehhändler 175 Euro als sogenannten Wertersatz zahlen.
Das entspreche dem Betrag, den er für eine weitere korrekt beladene Transportfahrt hätte zahlen müssen. Zusätzlich sollen beide Angeklagten je 500 Euro an den Deutschen Tierschutzbund spenden.
„Verstehen Sie das hier bitte als allerletzten Warnschuss“, mahnte der Vorsitzende Richter. „Sollten Sie in den kommenden zwei Jahren wiederholt auffällig werden, kommt nicht nur die jetzt veranlasste Strafe auf Sie zu. Da können Sie sicher sein.“
Dieser Appell sorgte augenscheinlich für Einsicht bei den Angeklagten bei beiden Angeklagten. So betonte der Viehhändler: „Für uns hat sich das erledigt. Wir fahren einfach keine doppelstöckigen Touren mehr.“
Diesen Artikel haben wir am 6. August 2024 veröffentlicht.