Es ist so einiges aus dem Ruder gelaufen bei einem Vredener nach einem Kneipenbesuch im Frühjahr 2023. Der heute 37-Jährige randalierte zunächst vor der Gaststätte, mit tätlichem Angriff auf und Wiederstand gegen herbeigerufene Polizeibeamte samt Beleidigung und Bedrohung ging es weiter – bis in die Zelle in Ahaus. Erinnern konnte er sich an kaum mehr etwas im Amtsgericht Ahaus, bestreiten wollte er die Vorwürfe auch nicht.
Dennoch legte der Angeklagte über seinen Verteidiger Einspruch gegen den Strafbefehl ein – insbesondere, weil die Anzahl der Tagesätze schon „der Hammer“ seien, so der Anwalt. 160 an der Zahl. Eines vorweg: Hier erkannten weder Richter noch Anklagevertreterin Spielraum.
„Ich hab ein ganz krasses Jahr durchgemacht.“ Dem 37-Jährigen war im Gerichtssaal anzumerken, dass seine aktuelle Situation keine einfache ist. Nun, da er wieder in einer Beziehung und in Arbeit Halt finde, wolle er sein Leben grundlegend ändern.
Und exakt an diesem Punkt setzte der Verteidiger in seiner Einlassung an. Massive Probleme mit dem Alkohol, Medikamentenabhängigkeit, Cannabiskonsum, kein fester Wohnsitz, eine zerbrochene Beziehung, sein Kind werde ihm seitdem entzogen – „das kann bei meinem Mandanten zu aggressivem Verhalten führen“, erklärte dieser diese „Spirale“, in der sich der 37-Jährige befinde.
Polizist verletzt sich leicht
Mit Eskalationen wie im April 2023: Nach Randalen vor der Gaststätte widersetzte sich der Vredener unter anderem einer Durchsuchung, er trat in Richtung eines Polizeibeamten, beleidigte und bedrohte diesen und dessen Kollegen: „Du hässlicher Bulle“, „Ich hau dir die Fresse ein“, „Ich bringe dich um, wenn ich dich kriege“ – nur einige Bespiele.
Auch war letztlich ein Atemalkoholtest nicht möglich, er gab zu, dass er Cannabis konsumiert habe. Ein Polizist trug dabei Abschürfungen an der Hand davon.
So weit, so gut – und im Grunde unbestritten, auch weil sich der Vredener an nicht mehr viel erinnern konnte. Sicher sei: „Ich hab sicher zehn Jim Beam/Cola getrunken.“ Für eine kleine „Überraschung“ sorgte dann die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, als sie einen aktuellen Registeraufzug hervorholte. Statt keinem führte dieser plötzlich 16 Eintragungen, ein recht aktueller Fall auch wegen Beleidigung.
Diese neue Situation nahm der Richter auf. Bei der Anzahl der Tagessätze, 160 in Summe, gebe es eh kaum Spielraum, „da sind wir bei den Einzeltaten vielfach schon am unteren Ende“. Spielraum für eine mögliche Einstellung gebe es bei den vorgebrachten Vorwürfen (tätlicher Angriff auf Polizeibeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Bedrohung) ebenso nicht. Und so lenkte er den Blick in Richtung der Höhe der Tagessätze.
Dies vor allem, als der Verteidiger anmerkte, dass Unterhaltsverpflichtungen für gar zwei Kinder zu leisten seien. Der Richter reduzierte von 40 auf 15 Euro – und nach kurzer Beratung gingen Verteidigung und Staatsanwaltschaft mit. Der Verteidiger reduzierte den Einspruch gegen den Strafbefehl entsprechend auf die Höhe der Tagesssätze.
Therapie wird angetreten
So konnten dem Angeklagten letztlich auch die Aussagen der Polizeibeamten und das Sichten eines eindeutigen Videos vom Tatabend erspart werden. Der Richter ermahnte ihn aber eindringlich, die begonnene Therapie über die Caritas fortzusetzen.
„Ich habe so viele Probleme, will das jetzt in den Griff kriegen“, antwortete der Vredener. Er nutzte auch die Gelegenheit, sich vor Ort bei den Polizeibeamten zu entschuldigen. „Das war nicht ich“, betonte er noch einmal.