In einem Punkt waren sich in der Ratssitzung am Donnerstagabend (15.2.) alle einig: An den Details der Planungen muss noch ordentlich gefeilt werden. Und doch haben die Politikerinnen und Politiker eine Entscheidung gefällt, die das Gesicht des Stadteingangs an der Ottensteiner Straße deutlich verändern wird.
Denn für das ehemalige Bierbaumgelände soll endlich der städtebauliche Planungsprozess starten. Das wurde am Donnerstag mit zwei Gegenstimmen entschieden.
Rückblick: Im Dezember 2019 hatte man noch beschlossen, vorerst keinen Planungsprozess auf dem Gelände zu beginnen. Damals waren die Pläne der Firma Stroetmann für einen Edeka-Markt und den Bau von rund 150 Wohnungen im Rat denkbar knapp gescheitert. Die Wohnungen wurden schon damals benötigt. Doch das Konzept scheiterte an dem Edeka-Markt.
Denn in unmittelbarer Nähe befanden sich auch damals schon Supermärkte – über die möglichen Auswirkungen auf die Innenstadt war man sich uneins.
Verschiedene Konzepte
Doch bei der Firma Stroetmann, der das Gelände gehört, gab man nicht auf. Im April 2023 stellte man drei verschiedene Konzepte zur Nutzung des Geländes vor. Allen gemeinsam: Es sollten ein Edeka-Markt und Wohnungen entstehen.
Die Diskussion dazu sollte in eine der nächsten Ratssitzungen vertagt werden. Rund 10 Monate hatten die Politiker und die Verwaltung nun nochmal Zeit, sich über das Thema Gedanken zu machen. Und nicht nur sie taten das.
Schon in der Einwohnerfragestunde kam das Thema auf den Tisch. Ob denn die Anwohner und Bürger auch noch ein Wort mitzureden hätten, wollte ein Bürger wissen. Das sei bei jedem Bauprojekt der Fall, so die Verwaltung. Überhaupt wurde am Donnerstag zunächst nur die Grundsatzentscheidung getroffen, dass geplant wird – es werden noch viele, viele weitere Schritte folgen.

Als Grundlage für die Planungen soll der Entwurf des Büros Nattler Architekten dienen. Dabei gehe es weniger darum, wie die Wohnbebauung angeordnet sei, sondern um die Ausrichtung des Marktes Richtung Innenstadt, erklärte Joachim Hartmann für die Stadtverwaltung. „Der Markt rückt ganz nah an die Stadt heran. Er ermöglicht einen Brückenschlag zur Innenstadt.“
Doch was ist jetzt anders als 2019? Einiges, findet die Verwaltung. So habe sich die Attraktivität der Innenstadt deutlich verbessert, erklärte Bürgermeister Dr. Tom Tenostendarp, die Aufenthaltsqualität sei gesteigert worden. „So konnten wir einen eigenen Anziehungsfaktor Innenstadt schaffen.“
Außerdem sei durch Verhandlungen mit dem Eigentümer die Chance entstanden, die Fläche für die Wohnbebauung kommunal selbst zu entwickeln. Ungefähr 100 Wohneinheiten sollen hier auf 16.000 Quadratmetern Fläche entstehen.
Chancen und Risiken
„Es bestehen nach wie vor Chancen und Risiken, die wir alle nur mit einem Blick in die Glaskugel bewerten können. Diese müssen wir hier im Rat gemeinsam abwägen“, so Tom Tenostendarp. Doch aus Sicht der Verwaltung überwiegen die Chancen. Jedes Jahr würden etwa 150 Wohnungen in Vreden fehlen – die Fläche für die Wohnbebauung wird also dringend gebraucht.
Dafür sei der Kompromiss, den Edeka zuzulassen – „mit allen Folgen, die wir vielleicht heute noch nicht absehen können, die aber aus unserer Sicht auch der Markt regeln muss“. Das Baurecht sei nicht dafür da, den Markt zu beschränken.
Auch ein Großteil der Politiker sah in dem jetzt gefundenen Kompromiss mehr Chancen als Risiken. „Mir geht es nicht um den Markt, sondern um die Chance, die die Wohnbebauung bietet“, so Heinz Gewering (CDU). Und: „Ich persönlich glaube nicht, dass der Markt der Innenstadt schadet.“
Man habe nun nach Jahren einen Kompromiss gefunden, so Reinhard Laurich (SPD). „Der wichtigste Punkt ist, dass die Entwicklung der Wohnflächen bei der Stadt Vreden liegt.“ So könnten etwa bezahlbare Sozialwohnungen integriert werden.
Und Gerd Welper (Grüne) machte noch einen Punkt ganz deutlich: „Was wir gar nicht brauchen können, sind weitere Jahre einer Brache. Das wäre die größte Blamage, die wir uns ans Bein binden können.“ Und mit Blick auf die frühere Ablehnung des Vorhabens und der jetzt geplanten Zustimmung meinte Kasper Neuendorf (FDP): „Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Wir sollten diesen Weg gemeinsam gehen.“
Einige Bedenken
Etwas anders sahen das Denis Gescher und Christoph Terrahe (beide CDU). Sie waren die Einzigen, die sich gegen den Kompromiss aussprachen. Und das aus verschiedenen Gründen. Zum einen habe sich die Innenstadt in den vergangenen Jahren gut entwickelt, „das wollen wir nicht aufs Spiel setzen.“ Durch den Verbrauchermarkt werde dort „ohne Zweifel“ Kaufkraft entzogen.
Auch dass die Stadt Vreden dann in der Plicht sei, den Wohnungsbau zu ermöglichen, sahen die beiden kritisch. „Unsere Prognose: In einem Jahr steht der Markt und bringt Gewinne ein und die Wohnbebauung lässt auf sich warten.“ Zudem müssten politische Entscheidungen eine Verlässlichkeit haben. „Ich habe damals dagegen gestimmt und fühle mich an mein Votum gebunden“, so Christoph Terrahe. Immerhin hätten einige andere Verbrauchermärkte nach diesem Votum kräftig investiert.
Am Ende blieb es bei den zwei Gegenstimmen. Der Planungsprozess kann also starten. Sicher ist: Viele Details werden noch besprochen werden müssen und auch die Bürger und Anwohner sollen im Prozess zu Wort kommen.