Zu einem Brand in einem Bewohnerzimmer von Haus Früchting wird in einer Nacht im April 2023 die Feuerwehr Vreden gerufen. Als die Rettungskräfte vor Ort eintreffen, haben Mitarbeiter die Flammen schon gelöscht. Die Bewohnerin, eine Frau aus Vreden, kommt ins Krankenhaus, weil sie Rauch eingeatmet hatte.
Das Feuer hatte sie jedoch selbst gelegt. Das Motiv: ein Selbstmordversuch. Nun stand sie für diese Tat am 24. September vor dem Schöffengericht in Ahaus.
Doch eins nach dem anderen. Denn dies war nicht der erste Termin, der für die Vredenerin am Amtsgericht einberufen wurde. Schon vor rund drei Wochen sollte es zu einer Verhandlung kommen, doch die Angeklagte tauchte trotz Vorladung nicht auf.
Das Problem: Die Frau hatte zwar die Ladung noch erhalten, im Juni 2024 allerdings ihre Wohnung in Vreden verloren. Seitdem galt sie als obdachlos. Wo sie sich aufhielt, ist derzeit unbekannt. Kontakt zu Verwandten habe sie bestenfalls sporadisch gehabt. Weder ihr Betreuer noch ihre Pflichtverteidigerin hatten in den vergangenen Wochen und Monaten Kontakt zu ihr aufbauen können.
Nach mehreren Wochen in der JVA in Bielefeld konnte der Prozess aber am Dienstag (25. September) beginnen. Hintergrund: Da die Frau zum ersten Prozesstag nicht erschienen war, wurde sie zur Fahndung ausgeschrieben und dann bis zum Prozess inhaftiert.
Versuchter Suizid
Eins machte die Verteidigerin der Angeklagten gleich zu Beginn des Prozesses klar: Sie wolle sich geständig zeigen und widerspreche der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft nicht. Laut der Anklage soll die Frau mit einer Kerze einen Teppich in Brand gesteckt haben und außerdem versucht haben, einen Mitarbeiter daran zu hindern, in das Zimmer zu kommen, um den Brand zu löschen.
Das sei ihr jedoch nicht gelungen. Die Staatsanwaltschaft warf der Frau aus diesem Grund versuchte schwere Brandstiftung vor.
Getrieben hatten sie Selbstmordgedanken zu dieser Tat. So habe sie versucht, sich selbst mithilfe der Kerze, den Teppich und einen Sessel so in Brand zu setzen, dass sie selbst in den Flammen umkommt. „War Ihnen denn nicht bewusst, was für eine Gefahr das für die anderen Menschen in dem Gebäude darstellt?“, fragte der Vorsitzende Richter die Angeklagte.
Doch diese entgegnete nichts. „Sie wussten doch, dass noch mehr Menschen in diesem Gebäude leben, oder?“, fügt er hinzu. Und wieder folgt bloß ein Achselzucken.
Wortkarge Angeklagte
Die Wortkargheit der Angeklagten sei jedoch nicht ein reines Zeichen der Gleichgültigkeit, sondern vielmehr ein Ausdruck einer intellektuellen Beeinträchtigung, so drückte es die anwesende psychologische Gutachterin aus. Die Ärztin attestierte der Angeklagten aus diesem Grund auch nur eine verminderte Schuldfähigkeit. So sei die Vredenerin in Momenten der Wut oder der tiefen Trauer nicht immer in der Lage, ihre Impulse zu kontrollieren.
Diese Einschätzung, das Verhalten vor Gericht und die weiteren Straftaten im Register der Angeklagten ließen beim Vorsitzenden Richter große Zweifel zurück. „Das sind alles Aggressionstaten“, betonte er. „Und ich sehe hier ehrlich gesagt schwarz, wenn Sie sich nicht helfen lassen.“
Daraufhin beteuerte die Angeklagte zwar, dass sie sich mental mittlerweile wesentlich besser fühle und so etwas nie wieder tun würde. Vor allem, weil sie in Zukunft bei ihrer Schwester wohne, die ihr zusätzliche Stabilität biete. Auf eine professionelle Hilfe wolle sie sich aber nicht einlassen.
Letzte Bewährung
Trotz alledem schienen Staatsanwaltschaft, Richter und Schöffen aber offen dafür zu sein, der Angeklagten eine letzte Chance zu geben. Denn wie vom Staatsanwalt gefordert gab es für die Vredenerin einer Bewährungsstrafe.
„Wenn Sie sich daran nicht halten und keine Besserung in Ihrem Verhalten zeigen, dann sehen Sie sich womöglich beim nächsten Mal vor dem Landgericht sitzen“, fügte der Staatsanwalt hinzu. „Und dann gibt es mit Sicherheit keine Bewährung mehr.“