Supermärkte sind aus dem Stadtbild nicht wegzudenken. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Nahversorgung, sichern Arbeitsplätze und beeinflussen die lokale Wirtschaft - so auch in Vreden. Doch wie viele Supermärkte braucht die Stadt wirklich? Und braucht es tatsächlich einen zweiten Edeka? Eine aktuelle Untersuchung des Einzelhandelskonzepts (EHK) samt Besucherzahlen gibt Antworten.
Zuerst hilft ein Blick auf die Grundlagen: Die Stadt Vreden verfügt über eine solide wirtschaftliche Basis für den Einzelhandel. Laut dem Einzelhandelskonzept 2024 beträgt die gesamtstädtische Kaufkraft im einzelhandelsrelevanten Bereich rund 175,6 Millionen Euro. Innerhalb dieser Summe macht der Bereich „Nahrungs- und Genussmittel“ mit 71,7 Millionen Euro einen erheblichen Anteil aus. Dies bedeutet, dass ein großer Teil der Kaufkraft in der Stadt verbleibt und nicht in benachbarte Kommunen abwandert - ein klarer Pluspunkt für die Stadt.
Ein weiteres Indiz für die positive wirtschaftliche Lage der Supermärkte ist die sogenannte Zentralitätskennziffer für den Lebensmittelhandel. Mit 1,04 zeigt sie an, dass Vreden in diesem Bereich seine eigene Kaufkraft weitgehend an sich binden kann. Das heißt: Die Vredener kaufen auch ihre Lebensmittel weitgehend vor Ort ein.
Acht Lebensmittelmärkte
Aber reicht das aktuelle Angebot dazu nicht aus? Aktuell gibt es in Vreden vier Verbrauchermärkte mit breitem Sortiment (Edeka Kutsche, K+K) und vier Lebensmittel-Discounter (Lidl, Aldi, Netto). Ergänzt wird dieses Angebot durch kleinere Lebensmittelgeschäfte, Bäckereien und Hofläden. Außerdem kommt zukünftig noch der neu geplante Edeka Stroetmann an der Ottensteiner Straße (ehemaliges Bierbaumgelände) hinzu. „Unterversorgt sind wir also ganz klar nicht“, betont Citymanager Jörg Lenhard im Gespräch mit unserer Redaktion.
Insgesamt stehen in der Stadt rund 9900 Quadratmeter Verkaufsfläche für Lebensmittel zur Verfügung, was 28 Prozent der gesamten Einzelhandelsverkaufsfläche entspricht. So steht es in den Ausführungen des EHKs. Trotz dieser scheinbar guten Versorgung gibt es zwar lokal begrenzte Unterversorgungen. Besonders in einzelnen Stadtteilen fehlt ein wohnortnaher Zugang zu einem Supermarkt. Ein Problem sieht der Citymanager darin jedoch nicht. „Das Einkaufsverhalten der Vredener teilt sich auf die einzelnen Supermärkte auf“, erklärt er weiter. „Dadurch haben alle etwas davon.“
Kaufkraft ist vorhanden
Und doch: Obwohl Vreden eine hohe Kaufkraftbindung im Bereich Lebensmittel aufweise, gibt es also einen gewissen Kaufkraftabfluss. Die regionale Konkurrenz aus benachbarten Mittelzentren wie Ahaus, Stadtlohn und Gronau ist ein Faktor, ebenso wie die Nähe zur niederländischen Grenze. Hier sind oft größere Einkaufszentren und spezielle Angebote zu finden, die Vredener Kundschaft anlocken. Umgekehrt kommen auch immer mehr Menschen aus den Niederlanden nach Vreden zum Einkaufen. Doch auch das betrachtet Jörg Lenhard gelassen. „Früher haben wir Holland immer als Bedrohung angesehen“, sagt er. „Doch die neuesten Bewegungsdaten zeigen, dass sich die Kundenzahlen aus den Niederlanden in Vreden verdoppelt haben.“
Das bestätigte auch Manfred Kutsche, der Inhaber des örtlichen Edeka-Marktes. „Und wenn die für einzelne Produkte aus den Niederlanden kommen, kaufen sie auch gleich mehr ein“, erklärt er bei der Neueröffnung seines Markts. „Da ist unsere Position in Richtung der Grenze besonders günstig.“
Damit kommt man schon zum nächsten Punkt. Ein weiterer Aspekt ist der zunehmende Wettbewerb zwischen Supermärkten und Discountern. Während klassische Supermärkte wie K+K oder Edeka mit einem breiten Sortiment, der richtigen Position und regionalen Produkten punkten, gewinnen Discounter mit günstigen Preisen und schnellen Einkaufsoptionen Marktanteile.
Die Frage, ob Vreden weitere Supermärkte braucht, hängt also von mehreren Faktoren ab:
- Geografische Verteilung: Eine gezielte Standortentwicklung könnte Unterversorgungen ausgleichen. Allerdings stehen sich an der Ottensteiner Straße mit dem neuen Edeka künftig gleich zwei Vollsortimenter gegenüber.
- Kaufkraftpotenzial: Das bestehende Umsatzniveau deutet darauf hin, dass Vreden seine Lebensmittelversorgung stabil halten kann.
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Wettbewerb: Zu viele Märkte könnten sich gegenseitig Umsatz abnehmen, was langfristig zu Filialschließungen führen kann.
Laut dem Einzelhandelskonzept setzt die Stadt auf eine dezentralisierte Nahversorgung, um allen Bürgern eine wohnortnahe Einkaufsmöglichkeit zu gewährleisten. Neue Supermarktansiedlungen werden nur dann unterstützt, wenn sie tatsächlich eine Versorgungslücke schließen.
Braucht es noch einen Edeka?
Nun, da die grundlegenden Daten geklärt sind, bleibt der Elefant im Raum: Braucht Vreden noch einen neuen Edeka-Markt? Für Jörg Lenhard ist die Antwort klar: „Es wird mit Sicherheit Umsatzverschiebungen geben. Aber dadurch sind wir nicht überversorgt.“
Nur K+K sieht diese Entwicklung kritisch. Das Ziel des Unternehmens sei es zwar nicht, den innerstädtischen Standort (Domhof) in Vreden wegen des neuen Edekas zu schließen. „Auf der anderen Seite wird von uns auch niemand erwarten können, nicht mehr rentable Filialen zu betreiben“, so die Antwort von K+K Ende des vergangenen Jahres. Es bliebe die Möglichkeit, die Flächen an Dritte zu verpachten, wobei andere Lebensmittelversorger vor den gleichen Problemen stünden. „Erfahrungsgemäß wären es eher ‚Ein-Euro-Läden‘ oder ähnliche, die Interesse haben könnten.“
