Selbstverteidigung statt Leerstand „Polareisbären“ trainieren jetzt in Vredens Innenstadt

Selbstverteidigung statt Leerstand: „Polareisbären“ trainieren in der Stadt
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Schon um 16.45 Uhr ist es am Dienstag mit der Ruhe vorbei in den Räumen an der Wassermühlenstraße 5 in Vreden. Seit Anfang April ist hier wieder Leben eingekehrt. Mathias Denno hat sich ein eigenes Trainingsstudio für die Polareisbären Kids eingerichtet.

Und die trudeln nun nach und nach zum Training ein. Mit einem kräftigen Handschlag wird der Trainer begrüßt. Statt bis 17 Uhr gelangweilt in der Ecke zu sitzen, werden direkt die Schuhe ausgezogen und es geht mit dem Ball auf die Matten.

Zu Beginn heißt es: „Aufstellung".
Zu Beginn heißt es: „Aufstellung". © Carina Strauss

Und so wärmen sich die zehn Kinder zwischen fünf und acht Jahren auch schon ein bisschen selber auf. Um 17 Uhr gibt Mathias Denno dann den offiziellen Startschuss. Da heißt es „Aufstellung“ und die Kinder versammeln sich auf der großen Mattenfläche.

Mathias Denno und Kinder bei einer Übung
Seit Kurzem bietet Mathias Denno seine Selbstverteidigungskurse für Kinder an der Wassermühlenstraße. Die Kinder sind mit viel Spaß bei der Sache. © Carina Strauss

Erster Tagesordnungspunkt: Aufwärmen beim Schildkrötenfangen. Hier lässt Mathias Denno auch direkt mal die erste Technik für den eigentlichen Grund des Trainings einfließen: das Brazilian Jiu-Jitsu (kurz BJJ).

BJJ ist ein Kampfsport, der Aspekte aus Judo und Jiu Jitsu beinhaltet. „Wir beginnen im Stand und versuchen den Gegner auf den Boden zu bekommen. Am Boden geht der Kampf aber noch weiter“, erklärt der 37-jährige Trainer.

Achtsamkeit und Koordination

Die Techniken dazu erlernen die Kinder hier spielerisch. Sie können sich austoben, an ihre Grenzen kommen. „Sie lernen auch mal zu verlieren. Gleichzeitig haben sie aber auch viele Erfolgserlebnisse.“ Dabei werden nicht nur bestimmte Techniken erlernt, auch Achtsamkeit, Flexibilität und Koordination stehen im Fokus. Bei der nächsten Übung hüpfen die Kinder zum Beispiel auf einem Bein durch den Raum.

Dass sie diesen nun nutzen können, ist einem Zufall zu verdanken. „Als hier Leerstand war, hat meine Mutter Bilder ausgestellt. Ich sollte ihr eigentlich nur helfen, stand in den Räumen und dachte: Wow“, erzählt Mathias Denno rückblickend.

Auf einem Bein in die Lücken hüpfen – für die Polareisbären Kids kein Problem.
Auf einem Bein in die Lücken hüpfen – für die Polareisbären Kids kein Problem. © Carina Strauss

Er erkundigte sich beim Vermieter, nahm Kontakt zum Citymanagement auf und mit Hilfe des Leerstandsprogramms war die Idee schnell auf die Beine gestellt.

Mittlerweile trainiert Mathias Denno an der Wassermühlenstraße rund 60 Kinder. Vor drei Jahren war er mit zwei Kindern gestartet. „Ich hatte eigentlich nicht vor, etwas Großes daraus zu machen. Ich habe einfach angefangen.“ Daraus ist seine Leidenschaft geworden.

Die Kinder sind am Dienstag ebenfalls mit viel Spaß bei der Sache. Langweilig wird es hier keinem. Spätestens beim Spiel „Feuer, Wasser, Luft“ drehen sie richtig auf. Am Ende hat Anton die Nase vorn und ist sichtlich stolz auf seine Leistung.

Training und Kurse

Ob Mädchen oder Junge, klein oder groß – in den Kursen sind alle Kinder zwischen 5 und 13 Jahren willkommen. Daneben bietet Mathias Denno gelegentlich auch Frauenselbstverteidigungskurse an. Und das Angebot soll noch weiter wachsen: „Es stehen noch viele Projekte an. Demnächst soll es weitere Gruppen geben. Ich biete Sporttage außer der Reihe an.“

In Zukunft könnte er sich auch vorstellen, seine Räume für Seminare für Kinder zu den Themen Gesundheit, Bewegung oder auch Ernährung zur Verfügung zu stellen. „Das kann ich dann natürlich nicht selber, aber ich würde dann jemanden organisieren, der kommt.“

Mathias Dennos großer Wunsch: „Diese Räume sollen dafür genutzt werden, ein Komplettpaket für Kinder anzubieten. Ihnen ein Schild fürs Leben mitzugeben.“

Beim Sparring dürfen die Kinder die zuvor erlernten Techniken anwenden. Dabei steht das Fair Play im Vordergrund.
Beim Sparring dürfen die Kinder die zuvor erlernten Techniken anwenden. Dabei steht das Fair Play im Vordergrund. © Carina Strauss

Beim Thema Kampfsport würden viele nur ans Kämpfen denken. „Aber es ist viel mehr. Dieser Sport gibt einem Selbstbewusstsein.“ Für viele Kinder sei das Training eine Insel im Alltag.

Zum Abschluss des Trainings geht es dann aber doch noch ans Kämpfen. Beim sogenannten Sparring treten zwei Kinder gegeneinander an, dürfen die Techniken, die sie erlernt haben, anwenden. Alle sind mit viel Elan bei der Sache. Und dabei lernen sie noch etwas ganz Entscheidendes: „Sie lernen mit anderen Menschen respektvoll umzugehen.“