Winfried Becker besitzt ein Stück Vredener Geschichte Ein Teil fürs Museum

Winfried Becker besitzt ein Stück Stadtgeschichte
Lesezeit

Wenn es ein Museum über die Geschichte des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen geben würde, was sollte darin alles ausgestellt sein? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit die Stiftung „Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen“. In den kommenden Jahren soll genau so ein Museum in Düsseldorf entstehen, doch es fehlen noch die Ausstellungsstücke.

Um das zu ändern, fährt das „MuseumMobil“ aktuell durch alle 53 Kreise und kreisfreien Städte von NRW. Eine Haltestation: Vreden. Vom 24. März bis zum 2. April konnte das Museum im Container vor dem Kult besucht werden, aber die Vredener hatten auch die Chance, ihre eigenen Geschichten zu erzählen.

Zum „Sammelsamstag“ (1. April) gab es die Möglichkeit, das Inventar des geplanten Museums mitzugestalten. Dafür konnten die Vredenerinnen und Vredener im Kult Gegenstände abgeben, die ihrer Meinung nach für die Geschichte des Landes NRW wichtig sind. Einer von ihnen war Ulrich Becker, mit dabei hatte er ein Schienensegment aus dem ehemaligen Vredener Bahnhof.

Eine Kindheitserinnerung

„Ich habe meine Kindheit an diesem Bahnhof verbracht, weil wir dort in der Nähe gewohnt haben“, erinnerte er sich heute. 1988 ließ die Deutsche Bahn den Güterverkehr Vreden–Stadtlohn–Borken stilllegen, darauf folgend wurden alle Gleisanlagen abgebaut. Irgendwann danach schenkten Freunde Winfried Becker das Schienensegment zum Geburtstag.

Das Interesse an dem Stück war groß. Dabei wurde die Schiene nicht nur von Fachleuten der Stiftung „Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen“ genaueestens untersucht, sondern auch das Kult hatte daran Interesse. „Wir schauen uns alle Gegenstände an und wenn eine Sache nicht in die Museumsausstellung passt, könnte sie für unsere eigene Ausstellung interessant sein“, so Renate Volks-Kuhlmann vom Kult. „Und das Schienensegment würde natürlich super zu uns passen, weil es genau um die Geschichte Vredens geht“, ergänzte Silke Röhling.

Schiene bleibt im Kult

Nach einigen Gesprächen war klar: Das Schienensegment bleibt im Kult – wenn Winfried Becker die Schiene wirklich abgeben will. „Ich hätte nie gedacht, dass daran so ein großes Interesse besteht, demnach habe ich gar keine Probleme damit, die Schiene hier zu lassen“, berichtete er.

Aber es sind nicht nur Vredener, die an diesem Tag ihre Geschichten im Kult erzählten. Burkhard Helling ist aus Ahaus angereist, seine mitgebrachte Tasche war gut gefüllt. Darin befanden sich drei Kalender aus den Jahren 1998, 1999 und 2000. „Das sind Widerstandskalender über die Proteste in Ahaus gegen den Castor-Transport“, erzählte er. Burkhard Helling ist Mitglied der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ und war dort von 1997 bis 2006 erster Vorsitzender.

Ein Mann hält einen Kalender in der Hand.
Was macht die Geschichte des Landes NRW aus? Für Burkhard Helling von der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ sind es die Protestbewegungen in den Jahren 1998 bis 2000 gegen den Castor-Transport in Ahaus. Damals brachte die Bürgerinitiative „Widerstandskalender“ aus – nun bekommt diese das Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen. © Jenny Kahlert

Während dieser Zeit wurden die Kalender in der ganzen Region verkauft, darin zeigen Fotos von Heinz Duttmann die Protestaktionen in Ahaus, oder wie Burkhard Helling es ausdrückte: „Ahaus im Widerstand“. Außerdem hat er noch eines der gelben Leibchen dabei, die damals bei den Protesten getragen wurden. Für Historiker Peter Jürgen Schmied eine kleine Sensation: „Das ist natürlich von äußerstem Interesse für unsere Ausstellung.“ Und damit stand fest: Die Kalender gehen erstmal in den Besitz der Stiftung über – ob sie dann tatsächlich ausgestellt werden, bleibt noch offen.

„Die Geschichte meiner Eltern“

Auch Roswitha Schlätker brachte eine Geschichte mit ins Kult. Genauer: die Geschichte ihrer Eltern. Ihre Mutter hatte sich damals eine Strickmaschine angeschafft und musste dazu ordentlich Überzeugungsarbeit leisten. Die Maschine funktioniert noch heute, dazu hat sie noch den Kauf- und Darlehnsvertrag und die Einzahlungsbelege bei der Bank.

Eine Frau vor einer alten Strickmaschine.
Eigentlich ist die alte Strickmaschine die Geschichte ihrer Eltern: Roswitha Schlätker aus Legden hat diese alte Maschine plus original Kauf- und Darlehnsvertrag zum Sammelsamstag ins Kult gebracht. © Jenny Kahlert

„Daran sieht man, was das damals für eine Anschaffung war. Dahinter standen wirklich Existenzen“, so die Kunsthistorikerin Gabrielle Uelsberg. Auch die Strickmaschine wanderte in das Inventar der Stiftung und wird damit vielleicht bald im Museum einen Teil von NRWs Geschichte erzählen.

Sonniger Start in den Frühling: Buntes Treiben beim Heimattag in Vreden

Neue Eigentümer gesucht: CDU Senioren-Union verkauft „Fietzen“ auf dem Vredener Marktplatz

Kein Luxus, aber ein erstes Zuhause in Vreden: Drei Unterkünfte für Flüchtlinge fast fertig