„Risiko beherrschbar machen“ Warum Hygiene im Feuerwehreinsatz immer wichtiger wird

„Risiko beherrschbar machen“: Feuerwehrleiter über Hygiene am Einsatzort
Lesezeit

Wer an Risiken denkt, denen ein Feuerwehrmann oder eine Feuerwehrfrau ausgesetzt ist, der denkt wohl zunächst an das Feuer selbst oder auch herabstürzende Trümmerteile. Tatsächlich gibt es aber auch ein Risiko, dass eben nicht auf einen einzelnen Einsatz zurückzuführen ist.

Denn mittlerweile habe sich nicht nur das Vorgehen der Feuerwehr geändert, die einen Brand eben nicht mehr nur von außen löscht, sondern versucht, bis zum Brandherd vorzudringen, erklärt der Leiter der Vredener Feuerwehr, Christian Nienhaus. „Es verbrennen mittlerweile auch ganz andere Dinge.“

Wurden früher Holz und natürliche Baustoffe verarbeitet, werde heute viel mehr Kunststoff verbaut. „Es sind heute also ganz andere Substanzen im Brandrauch.“ Das Problem: Viele dieser Stoffe können potenziell krebserregend sein. „Ein Einsatz ist da gar nicht so schädlich, aber auf Dauer reichern sich die schädlichen Stoffe im Körper an.“

Und weil das so ist, hat die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die „berufliche Exposition als Feuerwehreinsatzkraft“ als krebserregend für den Menschen eingestuft.

Hygienekonzept

Aber wie kann man dem entgegenwirken? „Wir können das Feuer und den Schaden nicht ändern. Der ist da, wir fahren hin, um zu helfen“, so Christian Nienhaus. Aber: „Wir können den anschließenden Umgang mit uns und der genutzten Kleidung und dem Material anpassen.“

So werde versucht, schon an der Einsatzstelle die Schadstoffbelastung so gering wie möglich zu halten und die Schadstoffe eben nicht mit nach Hause oder in die Gerätehäuser zu nehmen. Stichwort Einsatzstellenhygiene. Das fängt nicht erst bei Großbränden an, auch bei einem einfachen Küchenbrand können schon Schadstoffe entstehen.

Und so heißt es nach dem Einsatz nicht „einfach“ raus aus der Kleidung. Schritt für Schritt wird die Kleidung abgelegt und zunächst Einmalhandschuhe und FFP2 Masken angelegt, um nicht mit den Schadstoffen in Berührung zu kommen. Hilfspersonal mit entsprechender Schutzausrüstung steht bereit, um beim Entkleiden zu helfen.

„Wir haben die Möglichkeit, unsere Einsatzkleidung noch an der Einsatzstelle in Säcke zu verpacken“, erklärt der Feuerwehrleiter. In Zukunft sollen diese Säcke auch waschbar sein, sich in der Wäsche auflösen. So muss niemand mehr mit der kontaminierten Kleidung in Berührung kommen.

Bei größeren Einsatzlagen gibt es Ersatzkleidung für die Kameradinnen und Kameraden, damit sie nach einer Pause in frischer Kleidung weiterabreiten können. Für die Rückfahrt zum Gerätehaus liegen in den Fahrzeugen Trainingsanzüge bereit.

Hygieneboard und Rollcontainer

Natürlich ist es mit einem einfachen Kleidungswechsel nicht getan. Jedes Einsatzfahrzeug habe ein sogenanntes Hygieneboard, so Christian Nienhaus. „Das ist die kleinste Stufe, die wir haben, um sich zumindest die Hände waschen zu können.“ Frischwasser, Seife und Desinfektionsmittel ist immer vorhanden.

Ganz neu angeschafft hat man einen Rollcontainer. Quasi ein „Badezimmer“ auf Rollen. Er verfügt über ein richtiges Waschbecken. Das Wasser kann entweder über eine Zuleitung angeschlossen werden oder über Frischwasserkanister. Das Schmutzwasser wird ebenfalls in Kanistern aufgefangen. „Momentan würde dieser bei größeren Lagen ins Logistikfahrzeug geladen“, so Christian Nienhaus. Auf Dauer wolle man aber einen ganzen Anhänger mit den Hygienekomponenten ausstatten.

Ein solches Hygieneboard hat jedes Einsatzfahrzeug.
Ein solches Hygieneboard hat jedes Einsatzfahrzeug. © Carina Strauss

„In Vreden haben wir unser Konzept so aufgestellt, dass wir bis zu einer Einsatzgröße, bei der wir mit beiden Löschzügen aus Vreden und Ammeloe ausrücken, eigenständig die Einsatzstellenhygiene sicherstellen können.“

Sollten externe Einheiten über einen längeren Zeitraum hinzukommen, dann könne man auch auf eine Ausstattung des Kreises zurückgreifen. Dazu gehöre ein ganzer Container mit Duschen. „Diesen kann man kommen lassen, wenn ein Einsatz über mehrere Tage andauert.“

Kameraden „bestmöglich schützen“

Nach einem Einsatz stehen allen Kameradinnen und Kameraden auch Duschen im Feuerwehrgerätehaus zur Verfügung. Ersatz für Schutzkleidung zur Brandbekämpfung gebe es bereits ausreichend, die Ausstattung an etwas „leichterer“ Kleidung für technische Hilfseinsätze soll ebenfalls aufgestockt werden.

„Damit wir optimal aufgestellt sind, auch wenn wir vorher schon gut aufgestellt waren. Wir werden hier zu 120 Prozent von der Stadt Vreden unterstützt“, ist Christian Nienhaus froh. Denn: „Wir sind verpflichtet, unsere Kameraden bestmöglich zu schützen.“

Für Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich ehrenamtlich bei der Feuerwehr zu engagieren, sei all das nichts, was Angst machen müsse. „Wir achten darauf, dass nicht passiert. Wir halten das Risiko so gering wie möglich, eben durch die Einsatzstellenhygiene, durch die technischen Mittel und durch Verhaltensweisen, die wir schulen. So, dass eben nichts passiert, dass wir alle gesund bleiben und unsere Arbeit machen können, ohne eigenen Schaden davonzutragen, wenn wir schon unsere Freizeit dafür hergeben.“ Alle sollen heile nach Hause kommen, so Christian Nienhaus.

Die Arbeit berge Risiken, wie alles im Leben. „Aber wir arbeiten daran und tun alles dafür, um diese Risiken beherrschbar und kalkulierbar zu machen.“