Notarzt in Vreden: SPD will gegen den Kreis Borken klagen, Telenotarzt könnte Lösung sein

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Notarzt in Vreden: SPD will gegen den Kreis Borken klagen, Telenotarzt könnte Lösung sein

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Kein Bedarf für einen eigenen Notarzt Vreden. Das steht in einem neuen Gutachten. Die SPD will deswegen gegen den Kreis klagen. Der prüft die Lösung eines Telenotarztes.

Vreden

, 13.02.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Seit fast sechs Wochen hat Vreden keinen Notarzt mehr. Das Klinikum Westmünsterland hatte den Vertrag zum Jahresende gekündigt. Das könnte nun zum Dauerzustand werden, denn ein Gutachter ist der Meinung, dass der Notarzt-Standort in Vreden nicht bedarfsnotwendig ist. Dieses Ergebnis des Gutachtens hat der Kreis Borken am Dienstagabend veröffentlicht.

Bei der SPD in Vreden sorgt das nicht für Überraschung. „Das ist das Ergebnis, das wir befürchtet und auch erwartet haben“, sagt der Fraktionsvorsitzende Reinhard Laurich. Deswegen habe sich am Standpunkt der Partei nichts geändert. Die SPD will weiter für den Notarzt-Standort kämpfen.

Die Fraktion hat einen Antrag an den Rat gerichtet. Darin fordert sie die Stadt Vreden auf, gegen den Kreis Borken „wegen des rechtswidrigen Abzuges des in Vreden stationierten Notarztdienstes“ zu klagen. „Wir sind der Meinung, dass die Stadt Vreden durch diese Entwicklung benachteiligt ist und dass sie deswegen auch berechtigt ist, dagegen zu klagen“, sagt Reinhard Laurich.

Bürgermeister sieht keine Klagebefugnis der Stadt Vreden

Das sieht die Verwaltung jedoch anders. „Wir haben das geprüft und sehen keine Klagebefugnis“, macht Bürgermeister Dr. Christoph Holtwisch klar. Seiner Meinung nach würde eine Klage als unzulässig abgewiesen werden, bevor sich ein Gericht überhaupt inhaltlich damit beschäftigen würde.

Die Erklärung dazu findet sich in der Sitzungsvorlage: Die Bedarfsplanung für den Rettungsdienst ist Aufgabe des Kreises Borken. Die Städte können in dem Verfahren zwar Wünsche oder Kritik äußern, müssen das aber nicht. Außerdem ist der Rettungsdienstbedarfsplan nicht bindend. Der Kreis muss also nicht das umsetzen, was darin steht. Die Stadt Vreden habe also kein Recht auf einen Notarzt-Standort, nur weil er in dem Plan steht, heißt es in der Vorlage.

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Reinhard Laurich möchte diese Einschätzung prüfen lassen und dann entscheiden, wie es weitergeht. Denn inhaltlich ist er sich sicher: „Der Kreis Borken kann nicht einfach den Notarzt aus Vreden abziehen, ohne den Rettungsdienstbedarfsplan zu ändern.“

Politische Signale sollen Standpunkt deutlich machen

In dem Gutachten, das der Kreis Borken in Auftrag gegeben hat, steht, dass die Notarztversorgung in Vreden von Ahaus und Stadtlohn aus abgedeckt werden kann. „Das ist eine Situation, mit der wir sicher nicht glücklich sind“, so Christoph Holtwisch. „Aber eine Klage bringt uns nicht weiter.“

Auf der rechtlichen Ebene sieht er deswegen keine Handhabe, auf der politischen Ebene jedoch wolle man weiter Signale senden und darauf hinwirken, dass die Situation für Vreden zufriedenstellend geregelt wird.

Gutachten sieht Bedarf für Telenotarzt in Vreden

Eine Möglichkeit könnte ein Telenotarzt sein. Hier sieht das Gutachten durchaus einen Bedarf für Vreden. Die Kreisverwaltung hat dazu bereits erste Schritte in Angriff genommen. Anfang März wird ein Treffen mit den Krankenkassen, dem Kreis Borken und der Bezirksregierung Münster stattfinden.

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Ein Telenotarzt sitzt in der Leitstelle. Ein Rettungswagen vor Ort kann live per Video und Ton mit ihm kommunizieren. Aus der Ferne kann der Notarzt so eine erste medizinische Einschätzung abgeben und zum weiteren Vorgehen beraten. Bei Bedarf kann dann auch noch ein Notarzt zum Einsatzort nachalamiert werden.

Bei Einsätzen in Vreden könnte so zum Beispiel auch eine längere Anfahrtszeit des Notarztes aus Stadtlohn oder Ahaus überbrückt werden. Funklöcher sollen bei dem Modell kein Problem sein, da sich die Rettungswagen über mehrere Sim-Karten in jedes Netz einwählen können. Das System wird seit 2014 in Aachen getestet.

Bis 2022 sollen in NRW überall Telenotärzte im Einsatz sein

Dort hat sich Landes-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Dienstag über den Telenotarzt informiert. Nach dem Besuch hat er gemeinsam mit Vertretern der Krankenkassen und der Ärztekammer NRW eine Absichtserklärung unterschrieben.

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Demnach soll der Telenotarzt bis 2022 flächendeckend in NRW eingeführt werden. Die Kosten sollen die Krankenkassen tragen.

Im Kreis Borken sind die Krankenkassen jedoch noch skeptisch, was den Telenotarzt angeht. Das schreibt der Kreis in einer Pressemitteilung. Wenn sich die Krankenkassen und der Kreis nicht einigen können, entscheidet die Bezirksregierung. Sie könnte dafür sorgen, dass die Krankenkassen für den Telenotarzt zahlen müssen.

Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen, die sich mit dem Thema Notarzt in Vreden beschäftigt haben, war am Mittwoch für die Redaktion nicht zu erreichen. Das Thema steht auf der Tagesordnung der Ratssitzung am Mittwoch, 19. Februar.

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