Sie ist die erste Adresse, wenn es darum geht, sich unbürokratische Hilfe und Unterstützung bei familiären Problemen im Alltag zu holen: die Familienberatungsstelle des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Vreden. Das jedenfalls verspricht das neue Konzept der Familienberatung, welches die Einrichtung seit dem 1. März 2024 anbietet. Obwohl es unterschiedliche Beratungskonzepte schon seit vielen Jahren in den Räumlichkeiten des Matthias-Hauses am Kirchplatz gibt, ist das Angebot noch immer eine Art Geheimtipp.
„Wir müssen uns immer wieder bekannt machen“, betont Timo Plaß, Geschäftsführer des SkF. Auch gelte es immer wieder Familien zu ermutigen, auch mit vermeintlich kleinen Problemen zum SkF zu kommen. „Wir bieten ein niederschwelliges Angebot. Das beinhaltet auch Kostenfreiheit und selbstverständlich Schweigepflicht“, fügt Silke Temming hinzu, die bereits auf eine 20-jährige Erfahrung im Beruf zurückblickt.
Bedürfnisse verändern sich
Dieses Angebot nahmen schon in den vergangenen Jahren viele Vredener wahr. Jedoch habe sich die Zielgruppe stark verändert. „Noch vor rund 20 Jahren stand die Beratung von alleinerziehenden Frauen im Vordergrund“, erinnert sich Silke Temming. „Heute ist das viel akzeptierter und es gibt Konzepte, die alleinerziehende Frauen unterstützen.“ Dafür seien in den vergangenen Jahren andere Themen immer weiter in den Fokus der Beraterinnen gerückt.
Ob finanzielle Nöte, Ehestreit oder auch Probleme mit der Kinderbetreuung - Bereiche, in denen der SkF auch zuvor gerne geholfen hat, die aber immer häufiger auftreten. „Wichtig war uns vor allem, dass bei all dem das Kind immer im Vordergrund unserer Arbeit steht“, betont Almuth Heßling. „Gerade bei Scheidungen ist es wichtig, dass das Kind darunter nicht zu sehr leidet.“
„Es gibt keinen perfekten Weg“
Doch nicht immer muss es überhaupt zur Scheidung kommen. „Wir haben hier schon alles gehabt“, berichtet Silke Temming. „Wir waren sogar schon auf der Hochzeit eines Paares eingeladen, das sich eigentlich getrennt hatte und nach der Beratung erneut zueinander gefunden hatte.“ Das zeuge vor allem davon, wie offen das Ziel der Familienberatung ist. „Es gibt nicht den einen perfekten Weg“, fügt Almuth Heßling hinzu. „Wir schauen bei jedem Menschen individuell, was er oder sie braucht.“
Häufig wüssten Betroffene, die zur Beratungsstelle kommen, auch gar nicht genau, was für ein Problem sie haben. „Manchmal müssen wir richtig forschen, um herauszufinden, was genau hinter der Situation der betroffenen Person steckt“, erzählt Silke Temming.
So sei beispielsweise eine junge Mutter mit ihrer eigenen Mutter zur Beratung gegangen, um Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen für Sozialleistungen zu bekommen. „Während des Gesprächs stellte sich dann heraus, dass auch ihre Mutter finanzielle Sorgen hatte“, erinnert sich Temming. „Die wäre damit aber wahrscheinlich nie zu uns gekommen.“ Die Vredenerin freut es in solchen Situationen ganz besonders, den Betroffenen helfen zu können.
Peinlich müsse das den Menschen nicht sein. „Man wundert sich, wer alles schon mal zu uns gekommen ist und Hilfe brauchte“, so Temming. „Aber das erzählt man natürlich nicht auf der Straße.“ Außerdem sei das Verständnis und vor allem auch die Hilfsbereitschaft in der Vredener Bevölkerung besonders groß. Wenn die Beratungsstelle zum Beispiel Sachspenden für alleinerziehende Mütter oder zu anderen Anlässen sammelt, melden sich nach kürzester Zeit eine ganze Reihe von hilfsbereiten Vredenern, freut sich Almuth Heßling.
Einsamkeit wächst
Und doch gebe es trotz der intakten Gemeinschaft in Vreden immer mehr Menschen, denen die direkten sozialen Kontakte abhandenkommen. Vor allem seit der Corona-Pandemie beobachten die Sozialarbeiterinnen, dass die Fixierung auf das Handy und somit auch auf die sozialen Medien immer mehr zugenommen hat. „Manchmal merkt man richtig, dass die Menschen einfach nur mal mit jemandem reden wollen“, berichtet Almuth Heßling. „Weil sie sonst neben den sozialen Medien keine richtigen Kontakte mehr haben.“
Vor allem beim Telefondienst im Sekretariat werde dieses Bedürfnis häufig befriedigt. „Da wird dann unter einem vermeintlich simplen Vorwand angerufen und plötzlich verwickeln die Anrufer uns in lange persönliche Gespräche“, berichtet Silke Temming und muss bei dem Gedanken an die Telefonate schmunzeln.

Besonders wichtig sei es in solchen Situation, aber auch bei anderen Problemen, den Betroffenen ein Gefühl von Normalität zu vermitteln. „Man muss ihnen klarmachen, dass es normal ist, sich mal schlecht zu fühlen, überfordert oder ganz einfach nur traurig zu sein“, betont Almuth Heßling. „Auch Verständnis für ihre Lage und wie sie hineingeraten sind, ist essenziell.“
„Einen sicheren Hafen bieten“
Zu ihrem Erschrecken, haben die Beraterinnen des SkF auch immer wieder mit Verbrechen innerhalb der Familie zu tun. „Manchmal geht es um Kindesmisshandlung, sexuellen Missbrauch am Ehepartner und in den schlimmsten Fällen sogar um Mord“, berichtet Silke Temming. „Das ist nicht immer leicht, aber in erster Linie sind wir froh, wenn wir auch diesen Menschen einen sicheren Hafen bieten können.“