Nachhilfelehrerin über Corona-Folgen „Die seelische Belastung ist viel höher“

Nachhilfelehrerin über Corona-Folgen: Seelische Belastung gestiegen
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Die Folgen der Pandemie sind für die selbstständige Nachhilfelehrerin und Pädagogin Antje Levers aus Vreden immer wieder im Umgang mit ihren Schülern greifbar. Die Bandbreite an Problemen sei dabei enorm und werde Schulen, Kinder, Eltern und Nachhilfe-Institute auch die nächsten Jahre noch begleiten. Allerdings seien die meisten Probleme nicht durch die Corona-Pandemie verursacht, sondern vielmehr verstärkt worden.

G8 besonders betroffen

Besonders betroffen seien die letzten G8-Jahrgänge, erzählt Antje Levers aus ihren Erfahrungen der vergangenen Monate. „Bei denen wurde der Stoff sowieso komprimiert und dann haben sie in den wichtigsten Jahren keinen richtigen Unterricht genießen dürfen“, fügt die Vredenerin hinzu. Vielen dieser Kinder fehle es an Basiswissen, die Lücken in den Hauptfächern seien zum Teil enorm. „Gerade in Mathematik beispielsweise baut alles aufeinander auf“, betont Levers. „Wenn man dann in den Anfängen von linearen Funktionen nicht richtig mitgekommen ist, weil der Unterricht remote stattfand, hat man verloren.“

Das bedeute jedoch nicht, dass die Probleme nicht auch die jüngeren Jahrgänge betreffen. Denn auch bei den Grundfähigkeiten wie Mathematik, Rechtschreibung oder auch Lesen gibt es laut der Vredener Nachhilfe-Lehrerin Defizite. „Da war aber auch schon vor der Pandemie der Wurm drin“, betont sie. „Vor allem das Schreiben nach Gehör hat da in der Grundschule keinen positiven Effekt gehabt.“ Durch fehlenden Unterricht während der Pandemie und Konzentrationsprobleme beim Home-Unterricht hätten sich diese Defizite allerdings weiter verstärkt und ziehen sich durch die Schullaufbahn.

Konzentrationsspanne gesunken

Gerade die Konzentrationsspanne sei ebenfalls ein Thema, das die Nachhilfelehrerin schon seit geraumer Zeit beschäftigt. Schon vor der Pandemie habe sie einen klaren Trend wahrgenommen, dass es Schülern immer schwerer falle, sich eine längere Zeit auf ein Thema oder eine Aufgabe zu konzentrieren. „Das wird natürlich durch digitale Endgeräte und die tägliche Nutzung von sozialen Medien mit verkürzten Inhalten stark verstärkt“, fügt Antje Levers hinzu.

Trotzdem stehe sie der Digitalisierung in der Schule alles andere als kritisch gegenüber. Sie sehe zwar die Notwendigkeit, den richtigen Umgang mit den Geräten zu lehren, aber dann seien die digitalen Geräte ein Gewinn. „Ich glaube, dadurch tut sich eine ungemeine Chance auf“, so die Vredenerin. „Es gibt so viele Programme, die ich auch meinen Schülern an die Hand gebe, die beim Lernen helfen.“

Lernen in Gruppen verlernt

Dafür sieht Antje Levers allerdings ein ganz anderes Problem am Horizont, dass sich durch die Pandemie ebenfalls verschärft hat. „Ich merke, dass immer mehr Kinder ein Problem damit haben, in Gruppen zu lernen“, erzählt die Nachhilfelehrerin. „Klar, wenn ich während der Corona-Zeit nur alleine gelernt habe, fällt es mir schwer, mich im Klassenverband zu konzentrieren.“ Diese Fähigkeit sei jedoch unverzichtbar und auch im weiteren Leben von großer Bedeutung. Daher versuche sie mit ihren Schülern, immer in Gruppen zu lernen, soweit der Inhalt es hergibt.

So können sich die Schüler nicht nur gegenseitig helfen, sondern auch Feedback geben. Ein weiterer Aspekt der Schule, der durch die Pandemie vernachlässigt wurde. „Vor allem von Lehrern brauchen Schüler ein direktes Feedback“, betont Antje Levers. „Selbst können sich nur die wenigsten gut einschätzen. Sie sind teilweise blind für die eigenen Fehler.“ Das führe bei manchen Schülern dazu, dass sie mit dem Lernen gar nicht aufhören, weil sie nicht wissen, wann es genug ist.

Optimistische Grundhaltung

„Das sind Probleme, an denen wir Nachhilfelehrer, aber auch die Schulen noch eine gewisse Zeit zu knacken haben werden“, fügt Antje Levers hinzu. „Aber ich bin mir sicher, dass die Kinder deswegen noch lange nicht verloren sind. Ich bleibe da ganz optimistisch.“