
© Christiane Nitsche-Costa
Impfstart im Kreis Borken: 96-jährige Luise Weymann war ältester Impfling
Coronavirus
Ein kleiner Pieks in den Arm, eine große Hoffnung auf das Ende der Pandemie: Im Kreis Borken wurden am Sonntag die ersten 125 Menschen gegen Corona geimpft. Der älteste Impfling war 96 Jahre alt.
Die kostbare Fracht kam am frühen Sonntagmorgen. Unter Polizeischutz lieferte ein Logistikunternehmen um kurz nach sieben 55 Impfstoff-Dosen gegen das Coronavirus am Senioren- und Pflegezentrum St. Ludger am Krankenhaus ab. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft kam in einer Kühlbox. Fast zeitgleich wurden auch das Azurit-Pflegeheim in Bocholt mit 60 und die Pflegeeinrichtung Haus am Elschatt in Heiden mit 10 Impf-Dosen beliefert.
„Ein echter Lichtblick“
Mike Saalmann fühlte sich angesichts der Kühlboxen an eine Pizzalieferung erinnert. Doch der Leiter des Senioren- und Pflegezentrums St. Ludger in Vreden weiß natürlich besser als viele andere um die Bedeutung dieses Tages: „Das ist ein echter Lichtblick. Seit einigen Tagen herrscht in unserem Haus bei den Seniorinnen und Senioren und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine echte Aufbruchstimmung. Endlich gibt es einen Weg aus der Pandemie und den vielen Einschränkungen.“
Um 9 Uhr nahmen Dr. Stephan Gutermann und seine Arzthelferin Clara Tenhumberg die Arbeit auf. Gutermann ist Vertragsarzt im Seniorenzentrum. Er kennt viele Bewohner gut. Und er hat in den vergangenen Tagen viele Aufklärungsgespräche mit den impfwilligen Senioren und Mitarbeitern geführt. Die Impfung selbst war für den Mediziner und seine Helfer Impfroutine: „Die Spritze ist schnell gesetzt, mancher hat den Moment gar nicht einmal bemerkt.“
Feueralarm beim ersten Pieks
Doch jede Impfung braucht ihre Zeit. „Vor allem die Bürokratie ist aufwendig“, sagt Stephan Gutermann. Neben den ausführlichen Patienteninformationen in den vergangenen Tagen muss nun auch alles penibel und genau dokumentiert werden. Sein Fazit fällt positiv aus: „Es war alles bestens vorbereitet.“ Die größte Aufregung des Tages für ihn: „Gerade als ich die erste Spritze setzen wollte, ging ein Feueralarm los.“ Doch dieser Schreck verflog schnell: „Ein Kochtopf hatte den Fehlalarm ausgelöst“, erklärte Hausleiter Mike Saalmann.

"Wie, das war schon alles?", fragte Impfling Arthur Blisse (89), nachdem Dr. Stephan Gutermann die Impfung verabreicht hatte. © Christiane Nitsche-Costa
Um 15 Uhr waren im Vredener Seniorenzentrum alle 55 Impf-Dosen verimpft: 50 an Senioren, 5 an Pflegekräfte. Der älteste Impfling war an diesem Tag Luise Weymann. Die 96-jährige Seniorin kommentierte ihre Impfung mit den Worten: „Ich habe gar nichts gemerkt“. Mike Saalmann freut sich, dass die 80 Bewohner fast ausnahmslos impfen lassen wollen. Die bislang noch nicht geimpften Senioren sind in den nächsten Tagen an der Reihe, wenn neue Impf-Dosen geliefert werden. „Auch bei den Pflegekräften ist die Impfbereitschaft sehr, sehr groß“, sagt der Leiter des Seniorenzentrums.
Landrat und Impfzentrum-Leiter ziehen durchweg positive Bilanz
Eine durchweg positive Bilanz zogen am Sonntagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Vreden auch Landrat Dr. Kai Zwicker, Dr. Guido Euting, der medizinische Leiter des Impfzentrums für den Kreis Borken sowie Kreisordnungsdezernentin Dr. Elisabeth Schwenzow. „Es ist ein Glück für uns, dass wir einen bestens vorbereiteten Impfstart in aller Unaufgeregtheit hinbekommen haben“, sagte Landrat Zwicker. „Das ist ein gutes Zeichen, dass die Impfung ein Stück Normalität wird“, so Kai Zwicker weiter.

Freuen sich über den gelungenen Start der Corona-Schutzimpfung (von links): Landrat Dr. Kai Zwicker, Kreisordnungsdezernentin Dr. Elisabeth Schwenzow, Dr. Guido Euting, medizinischer Leiter des Impfzentrums für den Kreis Borken, Dr. Stephan Gutermann, Vredens Bürgermeister Tom Tenostendarp und Mike Saalmann, Leiter des Senioren- und Pflegezentrums St. Ludger in Vreden. © Stefan Grothues
Die 180 am Sonntag im Kreis Borken ausgelieferten Impf-Dosen nannte Guido Euting „eine noch sehr überschaubare Anzahl“. Aber dieser kleine Anfang sei ein Lernprozess und ein gelungener Test für die Abläufe gewesen. Auch nach Gronau wurden bereits am Sonntag Impfdosen ausgeliefert. Dort und in Ahaus sollen in den nächsten Tagen weitere Impfungen erfolgen.
Die Reihenfolge richte sich nach medizinischen Kriterien. Euting: „Wir beginnen mit den Einrichtungen, in denen besonders viele Schwerkranke und damit besonderes gefährdete Menschen leben.“ Elisabeth Schwenzow erwartet in den letzten Tagen des Jahres noch 2400 Impfdosen für den Kreis Borken. „Ab Januar werden die Zahlen noch weiter steigen“, so die Kreisordnungsdezernentin.