Es ist dunkel im Stadtpark. 21 Uhr, nur einige Straßenlaternen leuchten. Plötzlich flackern grüne Lichter vor dem Bauernhausmuseum. Ein schwarz gekleideter Mann schwingt eine leuchtende Taschenlampe hin und her. Dann blinkt es rot. Mehrmals. Kurze Zeit später ist wieder alles dunkel.
Kaum ein Passant wird anhand dieser Szene wohl erahnen, was im Anschluss auf dem Kameradisplay von Christian Düsterhöft zu sehen ist. Ein grüner Weihnachtsbaum mit roten Kugeln vor dem alten Scheunentor – gemalt aus Licht.
Der 45-jährige Vredener ist Hobbyfotograf und hat 2014 das sogenannte Lightpainting für sich entdeckt. Seine Fotos veröffentlicht er vor allem in den sozialen Netzwerken unter dem Namen „Buddys Fotos“.
Teilweise sehen sie aus, als ob die Farben und Motive am Computer im Nachhinein entstanden sind. Aber Christian Düsterhöft versichert: „Das male ich alles vor der Kamera, alles entsteht nur mithilfe von Licht.“ Bei der Bearbeitung im Nachhinein mache er nur die Farben etwas strahlender.

Für diesen Dezemberabend hat er sich ein großes Projekt vorgenommen. „Ich möchte das gesamte Gebäude anmalen“, sagt er und zeigt auf die Rückseite des Bauernhausmuseums mit mehreren Türen und Fenstern. „Die Ziegel sollen am Ende rot sein, die Fenster blau und die Türen grün.“
Dafür benutzt er eine recht kleine Kamera auf einem Stativ, die jedoch eine ganz wichtige Funktion hat: eine unendliche Belichtungszeit. Christian Düsterhöft kann auf den Auslöser drücken und die Kamera nimmt so lange auf, bis er die Aufnahme wieder beendet.

Mit mehreren bunten Taschenlampen in der Hand nähert er sich dem Gebäude. Er beginnt mit den Fenstern. Mit blauem Licht leuchtet er sie an, fährt mit dem Lichtkegel vorsichtig die Konturen entlang. So geht er von Fenster zu Fenster. Es folgen die Türen, dann die Ziegel.
Als er fertig ist, schaut er skeptisch auf das Display der Kamera. „Ich bin nicht so schnell zufrieden“, sagt er. In diesem Fall sind ihm die Farben noch nicht kräftig genug.
Licht schafft neue Objekte
Mit der gleichen Technik hat er auch schon den drehbaren Stein vor dem Rathaus angemalt und die Holzflamingos in der Innenstadt in blau leuchtendes Wasser gestellt.
Er kann aber mit Licht auch ganz neue Objekte schaffen, die frei im Raum schweben. Hinter eine Absperrung im Stadtpark hat er mal eine grün leuchtende Kugel gemalt, die Energieblitze zur Seite schießt. Auf einem Foto der historischen Hofanlage leuchtet ein blaues, kreisrundes Portal, aus dem Glasscherben dem Betrachter entgegen fliegen.
„Das beeindruckt sogar mich selber, wenn ich so ein Ergebnis sehe“, sagt Christian Düsterhöft. Das Bild sieht nach extrem aufwendiger Technik aus, doch seine Ausrüstung ist zum größten Teil selbst gebastelt. Er verstaut sie in einem Rucksack auf dem Gepäckträger des Fahrrads.

Die bunten Taschenlampen hat er beim Discounter gekauft. Für die Scherben in dem Bild von der historischen Hofanlage hat er Bruchstücke aus Plexiglas vor den Lampen befestigt. Er schaltet sie an und wieder aus, geht dann zur nächsten Stelle und wiederholt das Ganze.
Kreatives Equipment
Wenn er mit dünnen Lichtschläuchen aus dem Party-Shop herumwedelt, sieht es auf dem Foto aus wie bunter Rauch. Auch bunte Plastikflaschen und Verpackungen nutzt er. „Da muss man kreativ sein. Ich probiere einfach immer wieder was Neues aus“, sagt Christian Düsterhöft.

Viel Technik braucht es also nicht, wohl aber ein gutes räumliches Denken. Denn während er mit dem Licht malt, sieht der Hobby-Fotograf ja nicht, was die Kamera schon eingefangen hat. Er steht mit seiner Lampe im Dunkeln und muss genau wissen, wo und in welche Richtung er welchen Lichtpunkt als nächstes setzen muss.

„Die Kunst ist, dass man mich am Ende auf dem Foto nicht sieht“, sagt er. Deswegen zieht er sich komplett schwarz an, damit die Kleidung möglichst viel Licht verschluckt und nichts reflektiert. Außerdem ist er immer in Bewegung. Tatsächlich ist er auf den Fotos, die auf dem Kameradisplay auftauchen, nicht zu sehen, obwohl er sich teilweise minutenlang vor der Linse aufgehalten hat.
Fast jeden Abend widmet sich der Familienvater seinem Hobby. Immer ab 21 Uhr, wenn die Kinder im Bett sind, macht er sich mit dem Fahrrad auf den Weg. Meistens stellt er seine Kamera im Stadtpark, am Schulzentrum oder unter der Brücke am Ölbach auf. Denn dort gibt es viele dunkle Stellen, die sich fürs Lightpainting eignen.

Mehrere Stunden malt er dann verschiedene Motive mit Licht. Immer wieder sprechen ihn dabei auch Passanten an. „Die sind total neugierig und wollen verstehen, wie es funktioniert“, sagt Christian Düsterhöft.
Denn die Bilder, die er malt, existieren nur auf dem Foto. In der echten Welt sieht man nur einen schwarz gekleideten Mann, der mit Taschenlampen herumwedelt.