
© Victoria Thünte
Hendrik Becker fährt seit fünf Jahren ein Elektroauto und widerspricht kritischen Stimmen
Elektro-Mobilität
Immer wieder gibt es Kritik an Elektroautos. Hendrik Becker aus Vreden fährt seit fünf Jahren ein E-Auto und ist davon noch immer überzeugt. Er widerspricht den Kritikern.
Hendrik Becker war seit fünf Jahren nicht mehr tanken. Er lädt sein Auto in der eigenen Garage mit Strom von der eigenen Photovoltaik-Anlage auf. Der Vredener hat sich 2014 sein erstes Elektroauto angeschafft. Heute zieht er ein positives Fazit und weiß auch auf die aktuelle Kritik einiges zu entgegnen.
Unter dem Carport steht ein Tesla, auf der Einfahrt ein Mercedes. Beide sind Elektroautos. 2014 war Hendrik Becker auf der Suche nach einem neuen Auto. „Ich hätte ein schlechtes Gefühl gehabt, wenn ich wieder einen Verbrenner gekauft hätte“, sagt der 46-Jährige. Schließlich wirke sich so eine Investition über Jahre hinweg aus. Deswegen hat der Vredener mehrere E-Autos Probe gefahren. Sein Fazit damals: „Das ist eine gute Sache, aber im Alltag nicht brauchbar.“
Tesla ist für Hendrik Becker ein echtes Elektroauto
Ein Zufall sorgt schließlich dafür, dass er auf der Rückbank eines Teslas landet. „Ich habe die ganze Zeit nur gedacht: Das ist eine ganz andere Herangehensweise. Die Reichweite stimmte und ich hatte auch noch genug Platz für meine Kinder und Einkäufe“, schwärmt Hendrik Becker.
Der Tesla ist aus seiner Sicht ein echtes Elektroauto. Alles ist darauf ausgelegt. Ein riesiges Display in der Mitte zeigt zum Beispiel immer den aktuellen Verbrauch an. Beim Eingeben einer Adresse ins Navigationssystem berechnet das Auto, wie voll der Akku bei der Ankunft noch ist. Wenn ein Zwischenstopp nötig ist, zeigt das System das direkt an und plant eine Pause an einer Ladestation auf der Strecke ein.

Der Tesla berechnet vor jeder Fahrt, ob ein Zwischenstopp notwendig ist, und zeigt das auf dem großen Display an. © Victoria Thünte
Der Mercedes, den seine Frau seit Ende 2015 fährt, sei da ganz anders. Im Inneren sieht alles genauso aus wie in einem Benziner oder Diesel. Auch unter der Motorhaube ist für den Laien kaum ein Unterschied zu erkennen. Viele Bauteile sind die gleichen wie einem Verbrenner. Das Auto ist eigentlich nur umgerüstet auf den Elektroantrieb. „Die Idee ist eine ganz andere“, findet Hendrik Becker.
Reichweite bis zu 400 Kilometer
Das wirkt sich auch auf die Reichweite aus. „Mit dem Tesla komme ich im Schnitt 380 bis 400 Kilometer, mit dem Mercedes sind es 160 Kilometer“, berichtet Hendrik Becker. Damit muss er also durchaus häufiger an öffentlichen Ladestationen halten. „Das ist gar nicht so einfach. Häufig stehen auf den Parkplätzen mit Ladesäulen auch Nicht-E-Autos. Oder man darf nur zwei Stunden zum Laden dort stehen. Das ist vor allem dann schwierig, wenn man zum Beispiel in den Zug steigt und zwei Tage weg ist. Dann will man ja auch nicht zwei Tage lang die Ladesäule blockieren“, führt Hendrik Becker aus.

Hendrik Becker fährt meist den Tesla, seine Frau Nicole den Mercedes. © Victoria Thünte
Gerade in den ersten Wochen mit dem Tesla war da ständig diese Angst vor einem leeren Akku. „Reichweitenangst“ nennt Hendrik Becker das. Nach vier Wochen aber war er dann so tiefenentspannt, dass er sich darüber gar keine Gedanken mehr gemacht hat. „Ich bin zu einer Tagung nach Bremen gefahren und habe völlig vergessen, das Auto an eine Ladesäule anzuschließen. Abends um 22 Uhr bin ich dann extra binnendurch gefahren, um Strom zu sparen. Aber dann fing es auch noch an zu schneien“, erzählt der 46-Jährige. Am Ende schafft er es aber doch noch zur nächsten Schnell-Ladesäule.
Becker widerspricht kritischer Studie
Er ist nach wie vor überzeugt von der Idee des Elektroautos, auch wenn es gerade wieder deutliche Kritik daran gibt. Eine im April veröffentlichte Studie behauptet, dass Elektroautos klimaschädlicher seien als Dieselautos – zumindest, wenn man den CO2-Ausstoß bei der Herstellung berücksichtigt.
Hendrik Becker hat sich auch damit auseinandergesetzt und widerspricht der Studie. „Ja, in der Herstellung wird beim E-Auto mehr CO2 ausgestoßen als bei anderen Autos. Aber beim Fahren wird dafür deutlich mehr CO2 eingespart“, meint er.
Kein Mangel an Komfort und Fahrspaß
Er bezieht sich auf eine Studie des Autokonzerns Volkswagen. Demnach wird bei der Herstellung eines E-Autos 57 Gramm CO2 pro Kilometer ausgestoßen, bei der Herstellung eines Dieselautos sind es 29 Gramm CO2 pro Kilometer. Das E-Auto allerdings ist bei der Kraftstoff-/Strombereitstellung und der direkten Fahremission wesentlich sparsamer. Insgesamt werden beim Dieselauto 141 Gramm CO2 pro Kilometer ausgestoßen, beim E-Auto sind es 60.
Zumindest, wenn das Elektroauto mit grünem Strom geladen wird. Hendrik Becker hängt sein Auto deswegen eigentlich auch nur bei Sonnenschein an die Ladesäule. Denn dann fließt Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage in den Akku.
Hendrik Becker kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, einen Diesel oder Benziner zu fahren. Mit dem E-Auto hat er das Gefühl, etwas Gutes für die Umwelt zu tun. An Komfort und Fahrspaß mangelt es ihm trotzdem nicht. „Die Beschleunigung ist super, da fehlt nichts. Und mit Heizung oder Klimaanlage zu fahren ist auch kein Problem“, berichtet er.
Zur Person
- Hendrik Becker bezeichnet das Thema Erneuerbare Energien als sein Hobby.
- Nach seiner Ausbildung zum Industriemechaniker und einem Maschinenbau-Studium hat er gemeinsam mit einem Freund das Unternehmen PlanET gegründet. Bis heute ist er dort Gesellschafter.
- Die derzeitige Haupttätigkeit des Vredeners ist die Vizepräsidentschaft des Fachverbands Biogas. Außerdem ist er Beisitzer im Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE) und Mitglied im Fachausschuss Strom sowie im Fachausschuss Europa im Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE).
- Der LEE veranstaltet am Donnerstag, 13. Juni, einen Tag der Zukunftsenergien Münsterland. Ab 16 Uhr ist die Veranstaltung in Heiden öffentlich zugänglich. Der Eintritt ist kostenlos. Das Programm ist hier einsehbar.
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
