Erkältungen, Grippe, das berüchtigte RS-Virus: Deutschland ächzt unter einer Welle von Atemwegserkrankungen. Besonders Kleinkinder sind betroffen, doch die Fiebersäfte für Kinder sind seit einigen Monaten nur schwerlich zu bekommen.
Deswegen versuchen viele Bundesbürger ihr Glück in den Niederlanden. In der Fußgängerzone von Winterswijk wirbt eine Drogerie gezielt um deutsche Kunden. Vor dem Ladenlokal soll ein Aufsteller mit einer Preisliste Medizin-Touristen aus dem Nachbarland anlocken.
Viele Deutsche kommen derzeit
Normalerweise ist hier das Preisargument ausschlaggebend, Schmerzmittel wie Paracetamol und Ibuprofen sind deutlich günstiger als in den Apotheken in der Bundesrepublik – und es gibt keine Mengenbeschränkungen bei der Abgabe. Momentan kommen viele Deutsche, weil besonders Fiebersäfte für Kleinkinder knapp sind.
„Es haben schon ganz viele Deutsche nachgefragt“, so der Drogist, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Zuletzt seien „20, 30 Leute“ allein bis Freitagmittag bei ihm vorstellig geworden.
Probleme in den Niederlanden
Nur: Die Kunden muss der Geschäftsmann unverrichteter Dinge wegschicken. „Die Fiedersäfte haben wir nicht auf Lager. Es kommt auch nichts mehr rein“, berichtet er. Auch die Niederlande haben mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen: „Ich weiß nicht, wie lange das noch dauern wird.“
Tatsächlich kommen momentan zwei Faktoren zusammen, die maßgeblich für die Knappheit bei den Medikamenten sind. Einerseits ist die häufig in China ansässige Produktion durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie weiterhin gestört. Andererseits sorgt die Welle der Atemwegserkrankungen für einen sprunghaften Anstieg der Nachfrage.
Ibuprofen nicht verfügbar

In der Benu Apotheek am Rande der Innenstadt von Winterswijk verzeichnet Apotheker Niek Molendijk „ein bisschen mehr“ Zulauf von Kunden aus dem benachbarten Ausland. Fiebersäfte für Kinder würden häufig nachgefragt. Er hat bereits davon gehört, wie dramatisch die Situation in Deutschland ist. Aber: „Die Lieferung ist auch in Holland ein großes Problem.“ Ibuprofen für Kinder sei in den Niederlanden nicht verfügbar, Paracetamol hingegen schon.
Grundsätzlich kommen regelmäßig deutsche Kunden in die Apotheke, berichtet Niek Molendijk. Das sei nicht nur der Fall, wenn Medikamente in Deutschland nicht verfügbar sind. So kommen die Nachbarn, um die günstigeren rezeptfreien Medikamente zu kaufen – oder um Selbstzahler-Rezepte einzulösen. Auch hier lassen sich in den Niederlanden einige Euros sparen, etwa bei der Anti-Baby-Pille.
„Es kommen sehr viele Deutsche“
„Die Grenze Medikamente“ ist auf deutsche Kunden spezialisiert. Das Geschäft unweit der Grenze zu Oeding ist am frühen Freitagnachmittag gut besucht. Hier gibt es neben rezeptfreien Medikamenten auch Käse, Getränken und Parfüm. „Es kommen sehr viele Deutsche“, sagt die Betreiberin Richelle Rekker. Auch, aber nicht nur für Medikamente, die man in Deutschland nur in der Apotheke bekommt.
Nur bei Fiebersäften und Fieberzäpfchen für Kinder kann auch die Niederländerin nicht weiterhelfen. „Da kommen wir nicht dran, aber die Kunden fragen.“ Allein am Vortag hätten 20 Kunden gezielt nachgefragt. Aber auch hier gilt: Probleme mit der Lieferung.
