Mit der Vorweihnachtszeit naht auch die Hochsaison für Gänsebraten, Entenkeulen und andere Geflügelgerichte. Bis zum Jahresende werden die Deutschen, so schätzt es der Bundesverband bäuerlicher Gänsehaltung - rund 18.000 Tonnen Gänsefleisch konsumieren.
Viele Kunden greifen gerne auf das günstigere Produkt im Tiefkühlfach des Discounters zurück, ohne zu wissen, dass es oft einen entscheidenden Makel hat: Es stammt aus dem Vorjahr oder ist sogar noch älter.
Auch in den sozialen Medien tauchen immer wieder Fotos aus Vredener Discountern auf, die Etiketten von beispielsweise Entenkeulen zeigen. Darauf steht: „Lagerung -18° C; nach dem Auftauen nicht wieder einfrieren. Eingefroren am 30.09.2022.“ Haltbar sollen die Keulen jedoch bis Ende Dezember sein. Aber was sagt der Fachmann dazu?
Fachmann gegen altes Fleisch
Franz-Hermann Thesseling vom gleichnamigen Vredener Eier- und Geflügelhandel hat dazu eine klare Meinung. Für gesundheitlich problematisch halte er die Produkte zwar nicht, aber gut für die Qualität des Produktes sei es auch nicht. „Gänse- oder Entenfleisch kann luftdicht verpackt rund ein Jahr lang bei -18 Grad eingefroren werden“, erklärt er. „Aber meiner Erfahrung nach leidet der Geschmack stark darunter. Das Fleisch wird ranzig.“
Das betreffe vor allem fettiges Fleisch und damit auch die so beliebte Weihnachtsgans. Wichtig dabei sei auch die Art des Einfrierens. Kleinere Portionen frieren beispielsweise schneller durch, was die Fleischqualität schützt. Wenn das Einfrieren zu lange dauert, bilden sich Eiskristalle, die die Fleischstruktur schädigen. Ganzes Geflügel mit Innereien eigne sich hingegen generell nicht zum Einfrieren.
Auch Thesseling selbst habe manches Mal noch Entenkeulen aus dem Vorjahr übrig gehabt, verkaufen würde er diese seinen Kunden allerdings nicht. „Über eine frische Gans oder frische Entenkeulen geht nichts“, fügt er hinzu. „Und da muss dann jeder selber wissen, ob es die zwei gesparten Euro im Discounter wert sind.“
Billiges Fleisch aus Polen
Betriebe in Polen und Ungarn verfügen nach Angaben des Bundesverbands bäuerlicher Gänsehaltung über große Mengen tiefgefrorenen Gänsefleischs aus der letzten Saison, das 2023 keine Abnehmer fand und jetzt zu Schnäppchenpreisen angeboten wird.
Bis zu 5000 Tonnen Altware lagern demzufolge auf Großhandelsebene, teilweise zu Preisen von nur zwei Euro pro Kilo. Zum Vergleich: Deutsche Gänse aus Freilandhaltung kosten aktuell zwischen 18 und 22 Euro pro Kilo – ein Preisunterschied, der leicht zum Griff zur Billigware verleitet.
Netto schweigt
Doch was sagt der Discounter eigentlich zu den Produkten? Trotz mehrfacher Nachfrage hat die Pressestelle von Netto (dort entstand das vorliegende Foto) weder telefonisch noch per Mail auf folgende Fragen der Redaktion geantwortet:
- Bietet Netto regelmäßig Tiefkühlprodukte aus dem Vorjahr an?
- Werden Kunden darüber informiert?
- Gibt es dadurch Preisvorteile?
- Wie lange können Entenkeulen tiefgekühlt haltbar bleiben und bei Ihnen noch verkauft werden?