
Ursula Umlauf, geb. Lösing, erinnert sich noch gut an ihre Schulzeit - hier mit dem Klassenfoto, auf dem sie im Jahr 1939 als Erstklässlerin der Georgschule am Kirchplatz abgebildet ist und mit dem Foto von ihrem letzten Klassentreffen im Jahr 2007 © Anne Rolvering
1939 eingeschult: Ursula Umlauf erzählt von ihrer Schulzeit im Zweiten Weltkrieg
Zeitzeugin
Ursula Umlaufs Grundschulzeit war eine besondere. Der Zweite Weltkrieg tobte, Nationalsozialisten regierten. Das wirkte sich auch auf die Freizeit der Kinder auf. Die 89-Jährige berichtet.
In der kommenden Woche ist Schulstart nach den Sommerferien. Viele Erstklässler freuen sich bereits jetzt ganz besonders auf ihren ersten Schultag. Ursula Umlauf, geb. Lösing, wurde im Jahr 1933 geboren und erinnert sich noch gut an ihre Schulzeit in den Jahren von 1939 bis 1947, also mitten im Zweiten Weltkrieg und danach.
„Im April stand das Klassenfoto, das der Vater von Hubert Wessels, Hubert Wessels senior, im Jahr 1939 aufgenommen hatte in der Münsterland Zeitung. Ich habe direkt erkannt, dass es mein Jahrgang war, aber die Parallelklasse der Norbertschule, ich wurde in der Georgschule am Kirchplatz eingeschult“, blickt Ursula Umlauf zurück. Für die Schülerinnen und Schüler ihres Jahrganges organisierte sie später die Klassentreffen. Daher kennt sie noch heute die Namen ihrer Mitschüler, die damals von Fräulein Broelmann unterrichtet wurden.
Die Parallelklasse der Norbertschule leitete Fräulein Nagel. Gemeinsam mit 55 Mädchen und Jungen besuchte Ursula ab April 1939 die Georgschule. Sechs Kinder saßen gemeinsam auf einer Schulbank, mit durchgedrückten Rücken. Disziplin und Ordnung standen beim damaligen Unterricht im Vordergrund.
Gottesdienst vor Schulbeginn mit schmerzenden Füßen
Vor Schulbeginn liefen die Schulkinder zur Georgskirche. Dort nahmen sie an jedem Schultag um 7 Uhr am Gottesdienst teil. Ursula wollte immer die erste in der Kirche sein, erinnert sie sich. Ihr Schulweg von ihrem Elternhaus an der Winterswyker Straße war nicht so weit, doch sie musste ihn in Holzschuhen zurücklegen, die an ihren Füßen drückten.
Während des Zweiten Weltkrieges, also in der Zeit des Nationalsozialismus, wurde beim Schulbeginn nach den Ferien die Fahne gehisst und die Kinder sangen mit ihrer Lehrerin das Deutschlandlied. Die Jungen und Mädchen wurden von der ersten bis zur vierten Klasse gemeinsam unterrichtet, anschließend gab es nur noch reine Mädchen- und Jungenklassen.
In der Schule lernte sie Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Mädchen fertigten Handarbeiten an, es wurden manchmal Lieder gesungen oder kleine Zeichnungen gemalt. Das Lernen und Schreiben in Schönschrift, auf der Schiefertafel, stand aber im Mittelpunkt des Unterrichts. In der Pause gab es von zuhause ein Butterbrot mit Marmelade und später zusätzlich eine Schulspeisung, mit einer Suppe. „Die Kinder von den Bauern hatten manchmal eine Wurst auf dem Brot, darauf waren wir Stadtkinder neidisch,“ erzählt die 89-Jährige.

1939 – mitten im Zweiten Weltkrieg wurde Ursula Umlauf eingeschult. Im April hatte die Münsterland Zeitung das Klassenfoto, das der Vater von Hubert Wessels, Hubert Wessels senior, in dem Jahr aufgenommen hat, veröffentlicht. Das weckte Erinnerungen bei der Vredenerin. © privat
Am Nachmittag, nach dem Unterricht, mussten die Vredener Schulkinder damals Brombeerblätter pflücken. Diese wurden auf dem Dach der Norbertschule getrocknet und später als Tee für die Soldaten gebraucht. „Besonders unangenehm fand ich, dass wir im Sommer auf den Kartoffelackern Kartoffelkäfer suchen mussten,“ erinnert sich die Vredenerin. Die Sanitäranlage in der Norbertschule benutzte sie nur im äußersten Notfall, an den schlechten Zustand der Toiletten erinnert sie sich noch heute nur ungern.
Fliegeralarm - Kinder sollten sich in Gräben verstecken
Für gute Leistungen verteilte ihre Lehrerin Fleißkärtchen und für schlechtes Benehmen fürchteten sich die Schüler vor einer unangenehme Strafe. Während des Krieges befanden sich an der Norbertschule Gräben, in denen sich die Schülerinnen und Schüler bei Fliegeralarm verstecken sollten. „Das hätte nichts genutzt“, sagt Ursula Umlauf heute. „Den Angriff auf die Stadt Vreden hat meine Familie überlebt, da wir uns bei Südfels im Keller aufgehalten haben. Als wir nach draußen kamen, war die Georgskirche zerstört und ich weiß noch, dass mein Bruder als erstes sagte, dass er jetzt keine Erstkommunion mehr haben können“, berichtet die Vredenerin.
In den letzten Kriegsjahren konnte sie aufgrund des Fliegeralarms fast keine Nacht durchschlafen. An die Entlassung nach ihrer achtjährigen Schulzeit denkt sie noch oft. Es gab keine Feier, nur die Zeugnisübergabe. Ursula hatte den Wunsch Säuglingsschwester zu werden und aufgrund ihres guten Kontaktes zu den Schwestern des Josefshauses, machten diese für sie den Weg frei für eine Ausbildung in Köln.
Viele Mädchen-Turngruppen geleitet
Doch ihr Vater war dagegen. Stattdessen musste sie zunächst zwei Jahre zuhause bleiben und auf die jüngeren Geschwister aufpassen. Anschließend arbeitete sie bei Hecking. Später, nachdem sie eine eigene Familie gegründet hatte, war sie jahrelang beim TV Vreden beschäftigt und leitete dort mit großer Begeisterung viele Mädchen-Turngruppen. Deshalb kennen und schätzen viele Vredener Ursula Umlauf noch heute.
Das letzte Klassentreffen ihres Jahrganges 1932/1933 fand im Jahr 2007 statt. Daran denkt Ursula Umlauf noch heute mit großer Freude zurück.
Jahrgang 1965, fotografiert und schreibt seit 1999 als freie Mitarbeiterin für die Münsterland-Zeitung/Lokalredaktion Vreden. Menschen, Ehrenamt, Soziales, Politik, Geschichte, Natur, Kunst und Kultur sind ihre Lieblingsthemen.