Zugvögel auf der Durchreise Dutzende Jungstörche machen Rast in Oeding

Zugvögel auf der Durchreise: Dutzende Jungstörche machen Rast in Oeding
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„60!“ Als im Telefonat mit Hans Glader allein die Stichworte „Oeding“ und „Montag“ fallen, da klingelt es beim Vorsitzenden der Stiftung Störche NRW sofort. Die Information, dass sich am Montagabend (28.8.) über 50 Störche in der Nachbarschaft Hinterm-Busch versammelt hatten, war bereits bis Isselburg in den Südkreis vorgedrungen. „Verteilt auf mehrere Wiesen“, wie der Oedinger Jörg Eggink umgehend mitteilte.

Vorweg: Eine solche Ansammlung sei nicht ungewöhnlich, so Hans Glader. Heute zumindest wieder. Sie war aber schon so beeindruckend, dass Auto- und Radfahrer extra anhielten, um diesem doch seltenen Schauspiel beizuwohnen, so Jörg Eggink. Im August ist der Wegzug der Störche Richtung Süden in vollem Gange. Womöglich kämen vieler dieser Jungstörche aus Niedersachsen, vermutet Hans Glader. Vielleicht seien auch ein paar Altstörche darunter, die in diesem Jahr keine Brut hatten.

Jungstörche fliegen in Gruppen

Das mäßige Wetter im Juli hat übrigens nichts mit dem geselligen Verhalten der Tiere zu tun. Jungstörche fliegen traditionell in Gruppen. Der Storchennachwuchs Jahrgang 2023 hat sich von seinen Eltern gelöst und trifft sich mit Gleichaltrigen. „Sie stoßen hier und da auf Kumpels frei nach dem Motto ‚Fliegste mit‘“, fasst Hans Glader das Reiseverhalten in „menschliche Worte“. „Jungstörche erkennt man übrigens an den eher schmutzig-roten Schnäbeln und Beinen“, gibt der Experte einen Tipp.

Wie der Experte berichtet, ziehen Jungstörche traditionell in Gruppen in den Süden.
Wie der Experte berichtet, ziehen Jungstörche traditionell in Gruppen in den Süden. © privat

Wie gesagt, ungewöhnlich ist eine solch große Ansammlung nicht mehr. Vor rund zehn, 15 Jahren wäre eine solche schon noch eine Sensation gewesen, meint der Isselburger. Der Bestand an Weißstörchen in Nordrhein-Westfalen erholt sich seit Jahren. 2022 zählte das Landesumweltamt über 700 Brutpaare – das waren fast 100 mehr als im Jahr zuvor. „1991 gab es in NRW nur noch drei Brutpaare“, zieht Hans Glader den Vergleich zum Tiefststand.

Ein Zentrum in der Region ist zum Beispiel der Zoo in Rheine, auch an der Haarmühle in Alstätte konnten jüngst Zuchterfolge verzeichnet werden (wir berichteten). In der Weseraue im Kreis Minden-Lübbecke liegt die Storchen-Hochburg von NRW schlechthin.

Weil die Zahl der Brutpaare gestiegen ist, gibt es eben auch mehr Jungtiere. Diese erkundeten nun die Gegend und bereiteten sich auf die weite Reise Richtung Süden vor. Während die Störche aus dem Osten Deutschlands – zum Beispiel aus Brandenburg – eher Richtung Bosporus zögen, ist das Ziel vieler Exemplare aus dem (Nord-)Westen Deutschlands mittlerweile vor allem Spanien samt iberischer Halbinsel. „Dort sind vor allem die vielen Mülldeponien begehrt“, so der Isselburger.

Die Zahl der Weißstörche in NRW erholt sich seit Jahren wieder.
Die Zahl der Weißstörche in NRW erholt sich seit Jahren wieder. © Georg Beining

Wer gut bei Kräften sei, der verlängere gar über Gibraltar Richtung Afrika. Dies bei einer Flughöhe bis zu 3000 Meter und ohne Thermik über dem Meer. Einige legten an die 10.000 Kilometer zurück. „Nicht alle erreichen ihr Ziel“, berichtet Glader. Diesen gefährlichen Weg wählten aber immer weniger der Zugvögel.

Eltern folgen im September

Die Eltern übrigens „trödelten“ ein wenig hinterher, sie starten bis Anfang/Mitte September. Aufgrund der sich ändernden Bedingungen hier bleibt der eine oder andere gar. Mit dem Vorteil, sich die besten Nester im Frühjahr quasi aussuchen zu können – dann, wenn die Zugvögel aus ihren Winterquartieren zurückkehren. Anders als beim Weißstorch gehen beim seltenen und scheuen Schwarzstorch, der vor allem Mischwälder der Mittelgebirge bewohnt, die Brutzahlen seit 2015 wieder zurück.