Es gab einmal eine Zeit, da verschwand, wer in ein fernes Land reiste. Man war weg, war wirklich weg, und zwar mit Haut und Haaren. Man war nicht zu erreichen, allenfalls über poste restante, postlagernde Sendungen, aber das konnte dauern. Da reiste, wer nicht pauschal gebucht hatte, mehr oder weniger auf gut Glück. Fuhr ins Ungefähre, konnte vor und während der Reise nicht wissen, was genau einen erwartet. Ob es am Zielort eine Apotheke, eine Pommesbude oder ein Supermarkt gibt.
Ganz so wird es ab dem 28. Juli für die 81 Mädchen und Jungen, die mit dem Ferienwerk Südlohn ins Ferienlager nach Oer-Erkenschwick fahren, nicht werden, aber die Kinder und Jugendlichen von acht bis 14 Jahren werden sich schon umstellen müssen. Warum? Ihre Handys müssen sie zu Hause lassen.

„Das machen wir in diesem Jahr zum ersten Mal“, erzählt Jennifer Rahms. Gründe für diese Entscheidung gebe es viele, erzählt die Südlohnerin, die seit 14 Jahren ehrenamtlich für das Ferienwerk Südlohn arbeitet. In den letzten 12 Jahren als Chefin des 25-köpfigen Betreuungs-, Koch- und Verwaltungsteams.
„Der Hauptgrund ist, dass wir möchten, dass die Ferienlagerbesucher das Miteinander richtig erleben und genießen können“, sagt die junge Frau. In den letzten Jahren sei es schon vorgekommen, dass sich einige in die Hütten zurückgezogen haben, um dort alleine an ihrem Handy Spiele zu spielen oder mit Freunden zu sprechen, die nicht vor Ort sind.

„Das ist ja nicht der Sinn dieses Lagers. Man sollte ja die Aktivitäten, die hier angeboten werden, nutzen. Die Erfahrungen, die man im Feriencamp macht, daran erinnert man sich ein Leben lang“, meint die Jugendbetreuerin.
Dann nennt sie noch einen anderen Grund, warum das Handy dieses Mal komplett zu Hause bleibt. „Wir hocken hier zehn Nächte aufeinander. Natürlich kommt es da auch zu kleinen Reibereien und Konflikten“, sagt sie. Aber so etwas sei normal. „Die Probleme lösen wir dann hier ganz schnell vor Ort“, erzählt Rahms.
Wenig hilfreich sei es da, wenn in Konflikte involvierte Personen über ihr Handy zunächst mit ihren Eltern darüber reden. „Wenn diese dann später uns Leiter anrufen, ist der Streit meistens schon verpufft oder von uns geregelt worden“, erzählt die Leiterin weiter.
Ein weiteres Problem sei es auch gewesen, dass schon einmal Fotos aus dem Lager über Social-Media-Kanäle verschickt wurden. „Da weiß man ja nicht immer, was da für Fotos gemacht wurden“, sagt sie. So hätten die Leiter die Hand darauf. Das sei mit Blick auf die Datenschutzrichtlinien schon sehr wichtig, erklärt Rahms.
Handy wird weggesperrt
Auf die Frage, was passiert, wenn jemand ein Handy ins Camp einschmuggelt, reagiert Rahms ganz gelassen. „Die Person kann es bestimmt nicht lange geheim halten. So etwas sickert schnell durch. Dann reden wir mit dem Kind und den Eltern und danach wird das Handy für die Zeit des Ferienlagers einkassiert und weggesperrt“, sagt sie.
Im Notfall erreichbar
Im Notfall erreichbar sind die Kinder und Jugendlichen natürlich schon. „Wir Leiter nehmen unsere Handys natürlich mit“, sagt Rahms. Auf diesem Weg könnten die Eltern doch teilhaben am Ferienlager-Leben ihrer Kinder.
„Ab und zu machen wir Fotos. Zur Erinnerung für alle“, erklärt sie. Die bekämen alle später per Whatsapp. Außerdem habe man ja auch eine Facebook-Seite. Hier würden ab und zu Bilder gepostet.
„Und wer dann immer noch mehr Informationen und mehr Kontakt haben möchte, der könne auch etwas ganz Altmodisches machen“, schlägt Rahms vor. „Einfach mal wieder einen Brief schreiben.“