Blutegel-Therapie bei Tieren Anke Hayk aus Oeding arbeitet als Tierphysiotherapeutin

Heilende Hände für Vierbeiner: Anke Hayk arbeitet als Tierphysiotherapeutin
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Pferden und Hunden geht es manchmal wie Menschen. Um nach einer Krankheit auf die Beine zu kommen, brauchen sie Hilfe. Bei Physiotherapeutin Anke Hayk bekommen sie Massagen, Akupunktur und Therapien mit Infrarot und Blutegeln – fast wie bei den Zweibeinern.

Blutegel am Pferdeknie
Eine Methode, die Anke Hayk bei ihren Tieren anwendet, ist die Blutegel-Therapie. © privat

Bereitwillig und ruhig bleibt die Stute Stella im Stall stehen, während Anke Hayk ihre Hände zunächst auf den Rücken des Tieres legt, vorsichtig tastet, kreisförmige Bewegungen macht und so die Muskulatur lockert. Die Stute hebt nur kurz einmal prüfend den Kopf, bevor es entspannt weiter nach vorne schaut. „Die Stute hat Probleme im Rücken“, bemerkt die 46-jährige Tierphysiotherapeutin.

Blutegel in einem Aufbewahrungsbehälter.
Die Blutegel bekommt Anke Hayk immer geliefert. Beim ersten Mal kostete das Auspacken der Tiere Überwindung, gibt sie zu. © privat

Seit April 2023 behandelt die Oedingerin Tiere, in ihrer eigenen Praxis auf dem privaten Hof in Oeding oder mit der mobilen Praxis im Zuhause bei den Hundebesitzern oder im Pferdestall.

„Leben ist Bewegung und manchmal sind unsere Hunde und Pferde durch ähnliche Krankheiten wie Menschen eingeschränkt“, sagt sie. Die Liste der Beschwerden ist lang: Kreuz- und Bänderrisse, Bandscheibenvorfälle, Arthrosen, Verspannungen, Lähmungen. So wie ältere Menschen leiden auch betagte Tiere an Verschleißerscheinungen von Gelenken und Knochen, einer Degeneration der Muskulatur, den Folgen von Schlaganfällen oder sportlichen Aktivitäten zur schnelleren Regeneration. „Vieles ist identisch“, sagt Oedinger.

Ein Blick in die Praxis von Anke Hayk.
Ein Blick in die Praxis von Anke Hayk. © privat

Weil sich Zweibeiner, Hunde und Pferde physiologisch wenig unterschieden, seien die Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen der Vierbeiner an die der Menschen angelehnt: „Ich arbeite mit Massagen, Akupunktur, Moorpackungen, Moxer, Infrarolicht und Ladertherapien“, erklärt die 46-Jährige. Auf den ersten Blick ist ihre lichtdurchflutete Praxis nicht von einer humanmedizinischen zu unterscheiden: Behandelt wird auf einer höhenverstellbaren Liege von der Größe eines Betts. In einer Ecke des rund 20 Quadratmeter großen Raumes stehen Geräte wie etwa Rotlichtlampen und Gymnastikbälle.

Ganzheitlicher Ansatz

Ziel der Physiotherapie sei es, Schmerzen zu lindern und den physiologischen Bewegungsablauf wieder herzustellen. „Viele Pferde und Hunde nehmen nach einer OP oder wegen altersbedingter Erkrankungen Schonhaltungen ein und sind durch Verspannungen oder die Erkrankung nicht mehr bewegungsfreudig“, erklärt Hayk. Bei der Therapie verfolgt sie einen ganzheitlichen Ansatz: Neben der eigentlichen Behandlung gibt sie Haltern aber auch Tipps, zum Beispiel welche Bewegungsabläufe die Regeneration unterstützen.

Irgendetwas mit Tieren

Anke Hayk hat vor mehr als drei Jahren mit der Ausbildung angefangen. Fort- und Weiterbildungen absolviert sie fortwährend. Die 46-Jährige wuchs als Kind mit Tieren auf, sie prägten ihren Alltag. Trotzdem machte sie zunächst eine Ausbildung als Industriekauffrau.

„In dem Beruf arbeite ich immer noch“, erzählt die Oedingerin. Und zwar halbtags bei ihrem Mann in einem Ramsdorfer Unternehmen für Bedachungen. Als ihre zwei Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, setzte sie dann ihren Wunsch um, mit Tieren zu arbeiten. „Wenn nicht jetzt, wann dann, habe ich mir gesagt“, erinnert sie sich.

Eines ist Hayk wichtig: „Physiotherapie ist nicht einfach streicheln und massieren.“ Man müsse die Anatomie der Tiere studieren, jeden einzelnen Muskel im Körper kennen und die Zusammenhänge verstehen. „Ein Hund kann vorne lahmen und der Grund dafür liegt in den Hinterbeinen“, sagt sie.

Blutegel-Therapie

Als einzige Tierphysiotherapeutin im Kreis Borken wendet sie dabei eine ganz besondere Methode an: die Blutegel-Therapie. „Tierärzte machen das natürlich auch“, erklärt sie. Sie hätte sich zunächst beim Kreisveterinäramt anmelden müssen. „Der Veterinär-Tierarzt kam dann vorbei und hat sich alles mal angeschaut. Der war total fasziniert. Hatte er so noch nicht gesehen“, erzählt sie.

Bei der Therapie werden Blutegel an die Wunde gesetzt. „Dort verbreiten sie dann ihren Speichel“, erläutert die Oedingerin weiter. Was dann genau im Körper passiere, sei sehr kompliziert und man könne Romane darüber erzählen. Deswegen nur so viel: Der Speichel eines Blutegels wirke entzündungshemmend und schmerzlindernd. Der Schmerz des Tieres würde gelindert. „Das ist doch wahnsinnig spannend“, findet sie. Dass so etwas möglich sei. Da sei sie immer wieder beeindruckt.

Gefühl der Zufriedenheit

Was Hayk an ihrem Job findet und warum sie nicht Physiotherapeutin für Menschen geworden ist, beantwortet sie ohne nachdenken zu müssen: „Tiere spiegeln direkt bei der Behandlung ihre Gefühle. Wenn es gefällt, schlafen sie schon mal ein. Oder zeigen die direkte Wirkung durch Gähnen, schmatzen oder lecken.“

Wenn es nicht gut ist, dann treten sie auch mal aus oder fletschen die Zähne. „Diese direkte Rückmeldung ist doch der Wahnsinn“, findet die Oedingerin. Und weiter: „Das Allerschönste ist, wenn sich Patienten, die aufgegeben wurden, wieder erholen und wieder aktiv am Leben teilhaben können.“ Das seien Momente, in denen sie sich besonders freut und auch ein bisschen stolz ist.