Teure Klärschlammentsorgung Günstigste Alternative als „umweltpolitische Katastrophe“

Teure Klärschlammentsorgung: Gemeinde soll erst einmal „nachverhandeln“
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„Explodierende“ Kosten für die Entsorgung von Klärschlamm hatte die WSO-Fraktion vor gut einem Jahr zu einem Antrag bewogen, einmal seitens der Verwaltung nach Alternativen Ausschau halten zu lassen. Diese Kosten haben letztlich auch Einfluss auf die Gebühr für die Abwasserbeseitigung für die Bürger.

Drei dieser Alternativen stellten Vertreter der Gelsenwasser AG im jüngsten Umweltausschuss vor. Eine durchaus emotionale Diskussion folgte. Im Ergebnis mit einem weiteren Arbeitsauftrag.

Zum Hintergrund: Aktuell entsorgt die Gemeinde Südlohn ihren Klärschlamm in einer Kooperation mit der Stadt Bocholt. Der Klärschlamm wird mit Silofahrzeugen zur Kläranlage Bocholt gebracht. Dort wird der Klärschlamm in einem Faulbehälter behandelt und anschließend weiter entwässert. Der Restschlamm wird zur Verbrennung abgefahren. Kosten per anno mittlerweile fast 267.000 Euro.

Bis zur Haushaltsplanberatung 2023 sollte die Verwaltung die Neuordnung der Klärschlammentsorgung prüfen. Die Gelsenwasser AG erhielt den Prüfauftrag. Es wurden drei alternative Schlammbehandlungswege identifiziert. Diese wurden auf wirtschaftlicher Basis mit dem aktuellen Schlammbehandlungsweg verglichen.

Beschlussempfehlung irritiert

In der ersten Variante erfolgte die thermische Verwertung des Nassschlamms. Die jährlichen Kosten bei dieser Variante lägen bei 182.390 Euro. Variante 2 berücksichtigte eine landwirtschaftliche Verwertung, der Nassschlamm würde quasi als „Düngerersatz“ auf die Felder aufgebracht – dies in zwei Perioden im Jahr. Die jährlichen Kosten bei dieser Variante betrügen 156.873 Euro.

Zu guter Letzt könnte durch den Bau einer Schlammentwässerungsanlage mittels Siebbandpresse und anschließender thermischer Entsorgung des entwässerten Schlamms die Verarbeitung vor Ort stattfinden – mit Investitionskosten im Millionenbereich. Daraus ergeben sich bei dieser Variante jährliche Gesamtkosten von 327.631 Euro.

Fazit: Die landwirtschaftliche Verwertung wäre die wirtschaftlichste Variante. Einfluss nähmen unter anderem der Ukraine-Krieg und die Düngemittelknappheit, stellte Alexander Borgmann in seinem Bericht vor: „Landwirte bringen wieder mehr auf die Felder.“ In der Sitzungsvorlage heißt es: „Dünger ist sehr teuer geworden, so dass die landwirtschaftliche Verwertung, die vorher unwirtschaftlich war, eine Renaissance erlebt.“ Entsprechend sollte die Verwaltung mit der Umstellung beauftragt werden.

Das kam bei den Fraktionen unisono nicht an. „Das ist doch eine umweltpolitische Katastrophe“, meinte Dr. Joachim Musholt (SPD) auch mit Blick auf denkbare verbleibende Schadstoffe. Er fragte, ob es dafür überhaupt Landwirte gebe? Weiter: „Wir sollten bei Bocholt bleiben oder Variante 1 wählen.“ „Sind wir mit unserem Latein am Ende?“ Heinrich Upgang-Sicking (FDP) befürchtete bei einer solchen Entscheidung eine „Signalwirkung für andere Kommunen“.

Bürgermeister Werner Stödtke bat darum, die „Emotion herauszunehmen“: „Sie haben die Möglichkeit, eine andere Variante zu beschließen. Wenn, dann muss alles auf den Tisch.“ Dieter Valtwies (UWG) merkte an, dass die Beschlussempfehlung schon eine „Signalwirkung“ habe. Die wirtschaftlichste Lösung werde dort präferiert. Bauamtsleiter Dirk Vahlmann betonte, dass die Verwaltung ihrem Auftrag „vollumfänglich nachgekommen“ sei. „Der Auftrag der WSO wurde klar erfüllt“, ergänzte Werner Stödtke.

Dass in der Beschlussempfehlung eine Tendenz zu erkennen sei, darin stimmte Joachim Musholt der UWG zu: „Wir können Klimaschutz nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bewerten.“ Leo Schrote merkte für den Antragsteller WSO an, dass man für Variante 1 stimme: „Wir wussten, dass dieses Fass aufgemacht wird.“

Günstigste Variante abgelehnt

Jörg Eggink (CDU) lenkte den Blick auf die Ausgangsfrage zurück: „Variante 2 ist kein Thema. Wie lange läuft denn der Vertrag mit Bocholt?“ „Nicht langfristig“, erklärte Dirk Vahlmann. Werner Stödtke nahm den Faden auf: „Umweltpolitisch ist die aktuelle Variante die günstigste.“ Dann wäre es doch ein Ansinnen, die Vereinbarung „auf einen neuen Stand zu setzen“, meinte Dieter Valtwies.

Und so kam es auch: Die Verwaltung wurde beauftragt, mit dem aktuellen Kooperationspartner in Bocholt nachzuverhandeln. So fasste es auch der Ausschussvorsitzende Dirk Gebing (CDU) zusammen. „Bis zur Ratssitzung (14.12.) werden wir das aber nicht schaffen“, erklärte der Bürgermeister. Die Option der landwirtschaftlichen Entsorgung sei von allen abgelehnt, die Tendenz bei den Alternativen gehe eindeutig in Richtung Variante 1.