Südlohn mit anderen Augen sehen Ortsrundgang mit Stadtplanern aus Dortmund sensibilisiert

Südlohn anders sehen: Ortsrundgang mit Stadtplanern sensibilisiert
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Rund um die St.-Vitus-Kirche ist die Welt noch in Ordnung. Jedenfalls im Großen und Ganzen und aus Sicht von Stadtplanern und Architekten. „Südlohn ist hier sehr gut aufgestellt, sehr einheitlich, sehr positiv“, sagt Stadtplaner Felix Kutzera.

Zusammen mit seinem Kollegen Andreas Bachmann vom Dortmunder Büro „Pesch Partner Architektur Stadtplanung“ hat er am Samstag interessierte Südlohnerinnen und Südlohner durch ihr Dorf geführt, um sie für gute und weniger gute Entwicklungen im Ortsbild zu sensibilisieren.

Teilnehmer des Ortsrundgangs vor einer Betonfassade
Diese Laubengangfassade an der Bahnhofstraße wurde von den Stadtplanern als wenig einfühlsam krititsiert. © Stefan Grothues

Vor allem Kommunalpolitiker nahmen diese Gelegenheit wahr und staunten über neue Perspektiven, die ihnen der Blick von auswärtigen Experten eröffnete. Zunächst gab es ja Komplimente. „Die Grundstruktur ist hier wunderbar und gut erhalten“, erklärte Felix Kutzera zum Beispiel in der Holzstraße.

Er zeigte historische Aufnahmen der alten Ackerbürgerhäuser und verglich sie mit der Gegenwart: „Die münsterländische Architektur ist erhalten geblieben, die Ziegelsteine, die relativen steilen Dächer. Auch die Fassaden der Neubauten fügen sich in ihrer Materialität und Gestaltung gut ein.“

Die Teilnehmergruppe macht Halt am Südwall
Am Südwall lobten die Stadtplaner den Erhalt historischer Strukturen und die verträglichen Gebäudevolumen. © Stefan Grothues

Andreas Bachmann betonte, dass es bei der architektonischen Entwicklung nicht allein um Geschmacksfragen gehe. „Manchem gefällt dies, manchen das. Aber bei der Gestaltung der Ortsmitte muss es einfach passen.“

Und am Nordwall, an der Bahnhofstraße und an der Eschstraße passt aus Sicht der Stadtplaner eben nicht alles. Grellweiße, ungegliederte Putzfassaden, eine riesige fensterlose Brandschutzmauer über drei Stockwerke, lange betondominierte Laubengänge sprengen die Maßstäbe traditionellen Bauens im Münsterland.

Brandschutzmauer am Nordwall
Triste Brandschutzmauer: Am Nordwall prägt eine fensterlose Fassade das Straßebild im Bereich des Platzes der Synagoge. © Stefan Grothues

Dabei geht es in den Stadtplanern nicht darum, moderne Architektursprache zu verhindern. „Aber sie muss ein Gespür für den Ort haben. Sie muss Strukturen und Materialien aufgreifen“, sagt Andreas Bachmann.

Marco Becker, der als interessierter Bürger und als CDU-Ratsmitglied am Ortsrundgang teilnahm, formulierte es so: „Liebevolle Details prägen traditionell viele Südlohner Häuser. Das fehlt bei manchen neuen Klötzen.“ Für ihn ist der Blick der auswärtigen Architekten spannend. Und auch Bürgermeister Werner Stödtke blickt stirnrunzelnd zu einer Betonfassade auf: „Die ist mir vorher so bewusst noch gar nicht aufgefallen.“

Haltepunkt in der Kirchstraße
An der Kirchstraße gab es von den Stadtplaner Lob für den guten Erhalt der historischen Baustrukturen. Bei den Werbeanlagen empfahlen die Stadtplaner mehr Zurückhaltung. Felix Kutzera betonte aber: „Wir wollen aber nicht bis ins letzte Detail alles vorschreiben." © Stefan Grothues

Der Ortsrundgang, der am gleichen Tag auch durch Oeding führte, ist ein Schritt zur Erstellung eines Gestaltungshandbuches, das Bauherren und Immobilienbesitzer im Ortskern für eine maßvolle Gestaltung sensibilisieren will. Parallel dazu soll im Herbst auch eine Gestaltungssatzung verabschiedet werden.

Während das Handbuch nur Empfehlungen ausspricht, sind die Vorgaben der Satzung bei Neu- und Umbauten verbindlich. „Das ist die harte Keule“, sagte Andreas Bachmann. Über die Bestimmungen werden die Südlohner Politikerinnen und Politiker nach der Sommerpause diskutieren.

Weiße Putzfassade an der Eschstraße
Solche weißen Putzfassaden würden die Stadtplaner in Südlohns Ortskern nicht empfehlen. In dieser Frage gab es aber beim Stadtrundgang durchaus unterschiedliche Auffassungen. © Stefan Grothues

Neben der Fassadengestaltung werden auch Werbeanlagen, Vorgärten und Zäune im öffentlichen Raum Themen der Debatte sein. Andreas Bachmann empfahl schon am Samstag, Steingärten aus ökologischen wie gestalterischen Aspekten eine Absage zu erteilen. Das gleiche gelte für Drahtzäune mit Sichtschutzeilagen aus Kunststoff. Hecken seien im Dorfbild die deutlich bessere Wahl.

Darüber hinaus entspann sich beim Ortsrundgang am Samstag schon die Diskussion zwischen Politikern und Verwaltung, ob nicht über die Gestaltungsfragen hinaus nicht auch ein Bebauungsplan für die Ortsmitte verabschiedet werden müsse, der ganz grundätzlich das Maß der Bebauung im Dorf verbindlich regelt.