„Wir haben dieses Jahr Regen satt. Das Wasser ist da.“ Nach fünf zu trockenen Jahren nimmt Revierförsterin Andrea Balke die aktuelle Entwicklung wohlwollend an. Um gleich das große Aber hinterherzuschieben: Für so manchen Baum kommt der Regen schon zu spät. Und: Mit großer Sorge blickt sie auf die Extremhitzetage wie zuletzt. Gerade das sei für einheimische Baumarten wie die Rotbuche im wahrsten Sinne des Wortes tödlich.
Der Wald hat in den vergangenen Jahren unter dem sogenannten Trockenstress gelitten. Heißt, er hat zu wenig Wasser bekommen. Hinzu kam der Borkenkäfer, der gerade den Fichten zu schaffen machte. Jetzt sei das Wasser zwar da und die Speicher seien voll, bei vielen Bäumen komme es aber nicht mehr dort an, wo es hin soll. Das Wasser könne zum Beispiel nicht mehr „nach oben“ transportiert werden. Hinzu komme nun eben die enorme Hitze der vergangenen Tage. „In den Kronen messen wir zwischen 60 und 80 Grad Celsius“, berichtet die Försterin.
Hitze schockt Schattenbaumarten
Lichtbaumarten wie die Eiche oder Kastanie könnten damit umgehen, weil diese über robuste Blätter und Rinden verfügten. Heimische Schattenbaumarten – vor allem die Rotbuche auch in Südlohn und Oeding – hätte eine deutlich glattere Rinde, feinere Blätter. „Wir Menschen gehen in den Schatten. Die Bäume sind der Sonne ausgesetzt, bekommen im wahrsten Sinne des Wortes in den Kronen Sonnenbrand. Dann werden die Blätter braun, dann fällt zum Beispiel die Rinde in den Kronen ab“, erklärt Andrea Balke.
Schon in den vergangenen Jahren habe man die Erfahrung gemacht, dass immer mehr Buchen absterben. Noch am Donnerstagmorgen habe sie Rotbuchen aufgenommen, die von schwarzen Flecken und Schädlingen befallen waren. Gerade ältere Buchen könnten nach dem Trockenstress mit dem Hitzeschock nur schwer umgehen.
„Viele Bäume sind angezählt.“ Andrea Balke erinnert an die letzte Bauminventur, gemäß der noch 25 bis 30 Prozent der Bäume als gesund gelten. Der Rest habe – plastisch ausgedrückt – „einen Schlag weg“. Und man wisse kaum, ob und wie sie sich noch erholten. Das Ökosystem Wald sei eben sehr feingliedrig, viele Zahnräder müssten ineinandergreifen.
Was tun? Da die Klimaextreme zunähmen, blicke man über den Tellerrand hinaus. In südlichere Gefilde, zum Beispiel nach Süddeutschland, aber auch nach Italien und Frankreich. Stichwort: Mischwald. Heißt: Bei neu anzulegenden Waldabschnitten setze man auf eine gesunde Mischung. Im Gegensatz zu Monokulturen hätten Mischwälder viel größere Überlebenschancen, weil sie klimastabiler seien.
2022 waren im Oedinger Busch so 600 Bäume neu angepflanzt: 200 Stieleichen, 100 Traubeneichen, 100 Esskastanien, 50 Vogelkirschen und auch 150 Rotbuchen. Lichtbaumarten wie die Eiche wurden nach außen zum Licht hin, Buchen als Schattenbaumart zum Beispiel nach innen unter die bestehenden Bäume gepflanzt.
Mischwald ist klimastabiler
„Unser Fokus liegt natürlich darauf, unsere einheimischen Baumarten zu erhalten. Wir müssen aber auch offen für neue sein, wenn es den anderen hilft“, so die Revierförsterin. Zum Beispiel, indem neue, robustere Baumarten eben die einheimischen „beschatten“. Eine weitere Option sei es, Waldränder anzulegen. „Es gibt Möglichkeiten, dem Wald zu helfen.“ Wenn vielen leider nicht mehr zu helfen sei, so sollte man doch vor allem beim Start helfen. Entscheidend sei es, die passende Balance zu finden, die dem Gesamtsystem Wald helfe.
Wald sei dynamisch, passe sich durchaus an. Er sei aber eben auch ein Generationenprojekt. „Eine Eiche wird 250 Jahre alt. Da arbeiten sich also an die fünf Förster dran ab“, erklärt Andrea Balke. Und jede Förstergeneration arbeite mit immer neuen Rahmenbedingungen. Nur durch ständige Pflege und Anpassung könne sichergestellt werden, dass der Wald trotz aller Widrigkeiten weiter gedeiht. „Unsere Nachfahren schauen eben später drauf, was wir gemacht haben“, bringt es die Revierförsterin auf den Punkt.