Nicht nur bei Kleidung gibt es neue Trends – auch bei Topf- und Beetpflanzen. Jedes Jahr bringen die Züchter Hunderte neue Blumen auf den Markt, in den Farben der Saison und mit immer anderen Eigenschaften. Mit ihren wilden Vorfahren haben die neuen Kreationen oft nicht mehr viel gemeinsam. Gezüchtet wird, was dem Menschen gefällt. „Wir wollen ja die Pflanzen verkaufen“, erklärt Bernd Westhoff und weiter: „Wenn unsere Kreationen dem Endverbraucher also nicht gefallen, müssen wir noch einmal an den Stellschrauben drehen.“


Mit „wir“ meint Westhoff die rund 15 Mitarbeiter, die bei der Westhoff Vertriebsgesellschaft in der Abteilung Züchtung arbeiten. „Manchmal verhilft der Zufall Züchtern zum Erfolg. Spontane Mutationen treten auch in der Natur auf und können dazu führen, dass ganze neue Blütenfarben oder Formen entstehen“, erzählt Bernd Westhoff und weiter: Häufiger aber ist eine neue Schönheit für Balkon und Garten das Ergebnis langer Zuchtreihen.“ Hierzu würden Pflanzen im Gewächshaus oder im Reagenzglas „verheiratet“, von den sich die Züchter attraktives Aussehen und beste Eigenschaften erhoffen.
Ständig neue Züchtungen
„Schauen Sie sich doch einmal diese neue Kreation an. Woran erinnert Sie die?“, fragt der Oedinger, der zusammen mit seinen Cousins Christian und Heiner Westhoff das Unternehmen in zweiter Generation führt. Seit 1995 werden hier eigene Sorten unter der Marke Westflowers gezüchtet. „Genau. An Graffiti“, sagt er nach einigen Sekunden und deutet mit dem Zeigefinger auf die kleinen Sprenkel, die man auf den Blüten sehen kann. „Das ist eine Neuheit und natürlich heißt sie auch Graffiti“, erklärt Westhoff weiter.
„Solche Blumen bietet im Moment niemand außer uns an. Aber ich wette, in zwei Jahren, haben die auch andere Züchter in ihrem Sortiment“, erklärt er und spielt darauf an, dass Blumen auch schnell nachgezüchtet werden. Das sei halt so, erklärt er achselzuckend. Ein ähnliches Schicksal werden auch andere Neuzüchtungen erleben: zum Beispiel die Blumen in der Farbe Cappuccino oder die Blumen, deren Farbe sich je nach Temperatur ändern (Chamäleons). Alles, was dem Endverbraucher gefalle, werde auch schnell von anderen Produzenten kopiert.
„Wir bringen ständig neue Züchtungen auf den Markt, die immer wieder weltweit für Aufmerksamkeit sorgen“, sagt Bernd Westhoff. „Eine neue Züchtung erfordert einen hohen finanziellen Aufwand und viel Geduld. Die Wünsche der Verbraucher müssen erfüllt werden: schöne Farben, große Blüten, wenig Arbeit, lange Zeit des Blühens Regenbeständigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit seien gewünschte Attribute, erklärt er weiter.
Neue Entwicklungen auf Markt
Früher waren gelungene Blumenschöpfungen über Jahrzehnte im Handel. Inzwischen sind es oft nur wenige Jahre. Auch in der Zierpflanzenmode sind die Trends schnelllebiger geworden. Züchter würden sich darum bemühen, neue Entwicklungen rascher auf den Markt zu bringen als die Konkurrenz. Gleichzeitig müssen sie sicher gehen, dass es keine Überraschungen gibt. Wer sich eine Saison über strengen Geruch oder mangelnde Haltbarkeit seiner Gartenzierde geärgert hat, ist im nächsten Jahr kaum bereit, der gleichen Pflanze erneut eine Chance zu geben, auch wenn der Züchter sie inzwischen verbessert hat.

Vor der Markteinführung durchlaufen die Blumen deshalb die strenge Sortenprüfung der Züchter. Hier müssten die Pflanzen im Topf behaupten und ihre Sommerperformance unter Beweis stellen, erklärt der Oedinger. Erst nach erfolgreichem Test unter Produktionsbedingungen werden diese dann für den Handel freigegeben und mit einem begleitendem Marketing auf dem Markt gebracht.
Gartenbaumesse Flowers Trials
Einer dieser Marketingmaßnahmen ist die Teilnahme an Gartenbaumessen. „Letzte Woche waren wir bei den Flower Trails vertreten. Zum mittlerweile 20. Mal im Übrigen“, erzählt Westhoff.
Rund 58 Züchter aus Deutschland und den Niederlanden hätten bei dieser viertägigen Veranstaltung ihre neusten Kreationen für Topf- und Beetpflanzen vorgestellt. „Wir hatten sogar Besucher aus Australien“, sagt er nicht ohne Stolz und weiter: „Diese Veranstaltungen sind immer sehr interessant und auch inspirierend. Aber natürlich auch sehr anstrengend. Aber die Teilnahme ist für den Austausch mit Kollegen einfach auch ein Muss.“ Schließlich wolle man ja die eigenen grünen Innovationen auf den Markt und an den Mann bringen.
Firma wurde 1957 gegründet
Ein Rückblick: Gegründet wurde der Gartenbaubetrieb im Jahr 1957 durch die Brüder Josef und Heinrich Westhoff. Inzwischen ist aus dem damals gerade mal 80 Quadratmeter großen Firma einer von Deutschlands größten und modernsten Fertigbaugärtner geworden, mit 50 Mitarbeitern, die saisonal bedingt bis auf eine Anzahl von 100 Mitarbeitenden anwachsen.
Die Betriebsfläche erstreckt sich dabei mittlerweile auf eine Fläche von 200.000 Quadratmetern. Mehr als 15 Millionen Pflanzen werden hier jährlich produziert und kommen zum Versand. In der Großgärtnerei laufen Klimatisierung und Bewässerung automatisch. Wie viele Gartenbesitzer es praktizieren, wird es auch bei der Oedinger Firma gemacht: Regenwasser wird umweltfreundlich aufgefangen, um Blumen feucht zu halten. Der einzige Unterschied findet sich in den Größenverhältnissen: Die „Regentonne“ bei Westhoff hat ein Volumen von 45 Millionen Liter, das sind circa 350.000 Badewannenfüllungen. Drei Heizzentralen stellen die Wärmeversorgung sicher.