Vier bis fünfmal am Tag geht an der Robert-Bosch-Straße der Alarm los. Dann rast der Rettungswagen zu einem Notfall. Rund 200.000 Euro kostet so ein Fahrzeug. Warum eigentlich?

Südlohn

, 26.11.2018, 12:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Rund 200.000 Euro stehen da auf vier Rädern vor der DRK-Rettungswache an der Robert-Bosch-Straße. Muss er in den Einsatz, kostet das 632 Euro Gebühren.

Vor wenigen Wochen hat die Wache ein nagelneues Fahrzeug bekommen. Unter der Karosserie und in der Kabine schlummert jede Menge Hightech. Wir haben uns einmal in Ruhe umgesehen und uns vom Leiter der DRK-Rettungswache Südlohn, Bernd Heisterkamp, und dem DRK-Koordinator für den Rettungsdienst im Kreis Borken, Jürgen Rave, erklären lassen, was im Rettungswagen alles mit zum Einsatz fährt.

Der Blick von hinten in den Rettungswagen:

Die Ansicht von rechts:

Die Ansicht von links:

360-Grad-Rundumsicht im Innenraum des Rettungswagens:

Jürgen Rave macht eine ganz grobe Überschlagsrechnung auf: 130.000 bis 140.000 Euro koste das reine nackte Chassis. Also der leere Mercedes Sprinter samt Kofferaufbau. Dazu kommt dann medizinische und technische Ausstattung. Ein paar Beispiele: Der Defibrillator kostet 20.000 bis 25.000 Euro, das Beatmungsgerät noch einmal 10.000 Euro, die Stryker-Trage rund 20.000 Euro. „In der Summe kommen wir da schnell auf 200.000 Euro“, erklärt Rave.

Kreisleitstelle schickt den Südlohner RTW vier- bis fünfmal täglich in den Einsatz

Ungefähr vier bis fünf Einsätze mit dem Rettungswagen werden jeden Tag von der Südlohner Wache aus gefahren. Die Koordination übernimmt die Kreisleitstelle in Borken. Kreisweit musste im Jahr 2017 22.007 mal ein Rettungswagen ausrücken. 780 dieser Einsätze wurden von der Südlohner Rettungswache aus abgedeckt.


Patient muss innerhalb von zwölf Minuten erreicht werden

Haupteinsatzgebiete für den Wagen der Südlohner Wache sind Südlohn, Oeding, Burlo, Weseke und Ramsdorf. Danach sind auch Einsätze in Stadtlohn und Gescher an der Tagesordnung. „Im ländlichen Raum müssen wir innerhalb von zwölf Minuten an der Einsatzstelle sein“, so Jürgen Rave. Je nach Einsatzlage kann der Rettungswagen von der Disposition in der Kreisleitstelle aber auch an andere Ort verlegt werden. „Das macht die Kreisleitstelle zentral für alle 17 Städte und Gemeinden im Kreis“, erklärt Jürgen Rave.

Wache ist täglich zwölf Stunden besetzt

Die Wache in Südlohn ist pro Schicht mit vier Kräften besetzt. Von 8 bis 20 Uhr steht die Mannschaft des Rettungswagens bereit. Von 14 bis 22 Uhr ist auch die Besatzung des Krankentransportwagens vor Ort. Sie absolvieren fünf bis sechs Einsätze am Tag – in der Regel sind die allerdings längerfristig geplant.

EKG, Beatmung, Medikamente – was heute selbstverständlich ist, gibt es noch gar nicht so lange im Rettungswesen. Auch Bernd Heisterkamp berichtet noch von der sogenannten „Spiegelrettung“.

DRK-Wachleiter Bernd Heisterkamp (l.) und Jürgen Rave, DRK-Koordinator für den Rettungsdienst im Kreis Borken, erinnern sich noch an andere Standards im Rettungswesen.

DRK-Wachleiter Bernd Heisterkamp (l.) und Jürgen Rave, DRK-Koordinator für den Rettungsdienst im Kreis Borken, erinnern sich noch an andere Standards im Rettungswesen. © Stephan Teine

„Ich habe 1997/1998 als Zivildienstleistender im Rettungswesen angefangen“, erzählt er. Da hätten die älteren Kollegen von der „Spiegelrettung“ erzählt. Bis weit in die 1970er-Jahre gab es – gerade im ländlichen Raum – noch keine standardisierten Rettungswagen. Die Rettung bezog sich meist darauf, dass Notfälle möglichst schnell ins Krankenhaus transportiert wurden. Das hätten damals teils auch DRK-Mitglieder mit ihrem Privatwagen gemacht. „Im Spiegel hat man dann den Patienten auf der Rückbank beobachtet, um zu sehen, wie es ihm geht“, erzählt der Leiter der DRK-Rettungswache in Südlohn.

Björn-Steiger-Stiftung forcierte Entwicklung

Danach hat das Rettungswesen insgesamt eine riesige Entwicklung durchlebt. Beispielsweise durch die Björn-Steiger-Stiftung wurde ab den 1970er-Jahren bundesweit die Einführung eines einheitlichen Rettungswagens forciert: Björn Steiger war ein neunjähriger Junge aus Winnenden, der nach einem Unfall 1969 noch auf dem Weg ins Krankenhaus starb, weil der Krankenwagen über eine Stunde brauchte, bis er am Unfallort eintraf. Seit 2007 gilt EU-weit die Norm EN 1789 Typ C, die regelt, wie ein Rettungswagen ausgestattet sein muss. Eine Übersicht über die Geschichte des Rettungswesens bietet das Deutsche Rote Kreuz hier.

Personal hat unterschiedliche Aufgaben

Unabhängig von der Ausstattung der Fahrzeuge sind aber noch einmal Zusammensetzung und Aufgaben der Besatzung: Rettungswagen sind in der Regel mit einem Rettungssanitäter und einem Rettungsassistenten oder Notfallsanitäter besetzt. Auch deren Aufgabengebiet unterscheidet sich aber von Kreis zu Kreis. Die Verantwortung dafür trägt der jeweilige ärztliche Leiter. „Im Kreis Borken sind wir da ziemlich weit vorne“, sagt Jürgen Rave. Vor allem die Notfallsanitäter hätten hier deutlich mehr Befugnisse als in anderen Gegenden. Was die technische Ausstattung angeht, bewege sich der Kreis auf allerhöchstem Niveau.