Zustände wie im Wilden Westen – so beschreibt Michael Fiedler-Panajatopoulos die Lage auf dem Biodiesel-Markt. „Wer hier den längsten Colt hat, der ist der Gewinner“, erklärt der Marketing-Chef des in Oeding und Burlo ansässigen Unternehmen Chevron REG (Renewable Energy Group).

Zurzeit seien dieses nicht die Biodieselhersteller aus Europa, sondern die Konkurrenz aus Asien, erklärt er weiter. Die seien es schließlich, die den europäischen Markt mit Biodiesel, teils zweifelhafter Deklarierung (Stichwort Palmöl), geradezu überschwemmen.
„In China mit seinen zahlreichen Mega-Metropolen fällt entsprechend viel Altspeisefett an. Hohe Investitionen, gepaart mit günstigen Personal- und Energiekosten, führten dazu, dass chinesische Produzenten ihren Biodiesel etwa 20 bis 30 Prozent günstiger herstellen können als in Europa und somit auch in Oeding“, erklärt der Marketing-Chef weiter.

Schon seit längerer Zeit beklagt das Unternehmen REG deswegen massive Wettbewerbsnachteile und fordert dringend Schutzzölle oder wie er sie nennt „Anti-Dumping-Zölle“. Bisher ohne Erfolg.
Kurzarbeit ab August
Die Folge: Das Oedinger Unternehmen schickt seine Mitarbeiter in Oeding und Burlo in die Kurzarbeit. „Der Betriebsrat hat letzte Woche zugestimmt. Ab 1. August bis Ende des Jahres haben wir Kurzarbeit angemeldet“, sagt Michael Fiedler-Panajatopoulos und weiter: „Wir glauben aber an den Standort in Oeding. Wir haben in den letzten Jahren hier 15 Millionen Euro investiert. Die Anlage ist gerade eine der modernsten überhaupt.“
Aus diesem Grund versuche man die hoch qualifizierten und speziell ausgebildeten Mitarbeiter auch hier zu halten. Und zwar durch finanzielle Aufstockungen, erklärt er. Es soll auch ein Zeichen sein, dass man den Standort hier nicht einfach aufgeben möchte und werde.
Europäische Union muss handeln
Hierzu bedürfe es aber Hilfe und Unterstützung von Seiten der Bundesregierung und der Europäischen Union, erklärt er weiter. „Die EU-Kommission wird nächste Woche Freitag Anti-Dumping-Zölle gegen chinesische Biokraftstoff-Importe ankündigen“, weiß der Marketing-Chef zu berichten.

Allerdings werde das nicht reichen, weil vorherzusehen sei, dass die chinesischen Hersteller wüssten, wie sie diese umgehen könnten. „Sie deklarieren ihr Biodiesel einfach um. Dann kommt es auf einmal nicht mehr aus China, sondern Vietnam, Mexiko oder, oder“, beschreibt er die wahrscheinliche Vorgehensweise. Damit werde das Mittel Schutzzölle ausgehebelt.
Branche anfällig für Betrug
Ein weiteres Problem sei, dass die Branche anfällig für Betrügereien sei. So konnten Produzenten in Nicht-EU-Ländern Biodiesel aus Palmöl (der in Deutschland seit Januar 2023 aufgrund der negativen Klimabilanz nicht mehr gefördert wird) weiterhin hier verkaufen. Bevor dieser Diesel nämlich in Deutschland eintraf, ließ das Herstellerunternehmen diesen als zulässigen Biodiesel mit einer falschen Zertifizierung deklarieren. Diese wurde dann nicht ausreichend kontrolliert und ist somit durch die deutschen Sicherheitskontrollen gegangen.
Diese unsauberen Importe hätten zu einer drastischen Marktverzerrung zulasten der hiesigen Industrie geführt, ist sich der Marketing-Chef sicher und weiter: „Die heimischen Biokraftstoffproduzenten halten sich minutiös an die Vorgaben zur Nachhaltigkeitszertifizierung, während die Zertifizierung der Importware erhebliche Zweifel aufwirft.“
Die Folge sei laut Michael Fiedler-Panajatopoulos, dass Arbeitsplätze und Investitionen in Deutschland und somit auch in Oeding ruiniert würden.
Zulassungsverfahren notwendig
Für Fiedler-Panajatopoulos gibt es nur eine Lösung: „Wir brauchen ein behördliches Zulassungsverfahren für den deutschen Markt. Eingeführt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.“
Bei der Zertifizierung muss ein Prüfer überprüfen, dass der Hersteller tatsächlich die angegebenen Rest- und Abfallstoffe zur Produktion verwendet hat. Auch chinesische Hersteller. Wenn dieses nicht geschehe, dann gerate der Biokraftstoffmarkt weiter ins Wanken. Und mit ihm auch das Oedinger Unternehmen. „
Mit Freude habe ich deswegen gehört, dass das BMUV die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens festgestellt habe“, erklärt er und resignierend sagt er zum Abschluss: „Umso befremdlicher ist es dann, wenn gleichzeitig gesagt wird, dass es keine Finanzmittel für so ein Verfahren gibt. Aber vielleicht tut sich ja noch etwas?“
Zahlen und Fakten rund um das Unternehmen REG in Oeding
- Im Jahr 2002 errichtet, ist die REG seit 22 Jahren der Standort für Biodieselproduktion aus Altspeisefetten. Mit 27 Mitarbeitern ist die Produktionsstätte für Biodiesel in Oeding im Sieben-Tages-Schichtbetrieb rund um die Uhr in Betrieb. Der andere Teil der Produktion liegt in Emden.
- Auch in Burlo gab es einen Produktionsstandort. Dort stand die Fettschmelze der Firma, in welcher altes Speisefett aus der Gastronomie für die Umwandlung in Biodiesel aufbereitet wurde. REG schloss die Anlage jedoch vor drei Jahren aus wirtschaftlichen Gründen. Hier arbeiten nur noch Mitarbeiter im Bereich Büro, Verwaltung und Logistik. In der Spitzenzeit beschäftige das Unternehmen rund 20 Mitarbeiter. „Diese mussten wir bei der Schließung leider kündigen“, bedauert Dieter Hengstermann, Leiter der Anlage in Oeding.
- Die letzte Investition von 15 Millionen Euro floss bei der REG in die Tanklagerkapazitäten und die Anpassung der Produkte an neuen Normvorgaben, wodurch die Qualität des Biodiesels gestiegen ist.
Diesen Artikel haben wir am 11. Juli 2024 veröffentlicht.