
© Johannes Schmittmann
Henricus Stift wegen Coronavirus abgeschottet: „Wenn es kommt, dann kommt‘s.“
Altenwohn- und Pflegeheim
Noch sind alle 102 Bewohner des Südlohner Henricus Stifts vom Coronavirus verschont geblieben. Damit das (vorerst) so bleibt, wird Besuch ab sofort untersagt. Nicht die einzige Maßnahme.
Die Türen sind zu. Seit Freitagmorgen dürfen die Bewohner des Südlohner Henricus Stifts keinen Besuch mehr empfangen. Die Mitteilung an die Angehörigen wurde noch am selben Tag verschickt. Damit folgt das von der Caritas getragene Altenwohn- und Pflegeheim den Empfehlungen des Kreises Borken. „Es ist ein unpopulärer Schritt, aber die Prävention steht aktuell an oberster Stelle“, erklärt Einrichtungsleiter Jochen Albers.
Seit 1994 arbeitet er in der Altenpflege. Eine vergleichbare Situation wie aktuell hat er in den vergangenen 26 Jahren allerdings noch nicht erlebt. „Diese Hochdynamik, dass man keine 24 Stunden mehr Planungssicherheit hat, ist auch für mich alten Hasen neu. Und die Spitze ist noch nicht erreicht.“ Diese Sätze sagte Jochen Albers bereits am Mittwochnachmittag, als die Redaktion sich vor Ort einen Eindruck verschaffen wollte – und bewies damit ein gutes Gespür für das, was noch folgen sollte.
Jochen Albers: „Ich dachte, China wäre weit weg.“
Anders als vor einigen Wochen, wie er selbst unumwunden zugibt: „Da dachte ich noch – wie viele andere – China wäre weit weg. Was jetzt gerade passiert, habe ich ehrlich gesagt nicht kommen sehen.“ Umso akribischer arbeitet Jochen Albers nun mit seinem Leitungsteam daran, der Situation Herr zu werden. Aus der Ruhe bringen, lässt er sich trotz der widrigen Umstände allerdings nicht: „Panik ist der denkbar schlechteste Ratgeber.“

Am Mittwoch, als dieses Foto bei einem Besuch der Redaktion entstand, waren die Türen des Henricus Stifts noch geöffnet. Sebastian Stödtke (l.) und Jochen Albers mussten allerdings am Donnerstag bekannt geben, dass Besuch ab sofort nicht mehr erlaubt ist. Auch für Bewohnerin Christel Burk eine Enttäuschung. © Johannes Schmittmann
Und dennoch mussten einige Maßnahmen ergriffen werden, die im Seniorenwohnheim für wenig Begeisterung sorgten. Schon am Dienstag wurde entschieden, alle hausinternen Veranstaltungen bis auf Weiteres abzusagen. Dazu zählt die Heilige Messe, Bingo-Abende oder das gemeinsame Kegeln. Eine bittere Nachricht für die Bewohner.
Christel Bunk: „Wenn es kommt, dann kommt‘s.“
Christel Bunk, Vorsitzende des Bewohnerbeirats, berichtete am Mittwoch von der Stimmung im Henricus Stift: „Wir unterhalten uns sehr viel über dieses Thema, allerdings sagen auch viele: Wenn es kommt, dann kommt‘s.“ Aufhalten könne man das Coronavirus sowieso nicht. Was die 70-Jährige am meisten vermissen wird, sind die Spiele-Nachmittage am Freitagnachmittag.
„Da kreist dann der Eierlikör und die Stimmung ist ausgelassen. Das ist das pure Leben“, erklärte Christel Bunk, die als inoffizielle Haus-DJane an diesen Nachmittagen auch für den musikalischen Teil verantwortlich ist. Die Lebenslust will sie sich trotz des sich immer weiter verbreitenden Virus nicht nehmen lassen: „Was sollte das bringen? Wir reden hier ja nicht von einer zweiten Pest.“
Bewohnerinnen zeigen Verständnis für Maßnahmen
Auch die 85-jährige Johanna Heisterkamp zeigte sich am Mittwoch noch weitgehend entspannt. Sie sei zwar traurig, dass sie in nächster Zeit auf die Messe verzichten müsse, allerdings habe sie auch Verständnis für die Situation: „Wenn sowas ist, sollte man größere Ansammlungen tunlichste vermeiden.“ Das gelte leider auch für das gemeinsame Singen mit den Südlohner und Oedinger Frauen, auf sie sich sonst immer besonders freue. Obwohl sie beim Gespräch mit Christel Bunk nicht anwesend war, sagte auch sie den Satz: „Was kommt, das kommt.“
Pflegedienstleiter Sebastian Stödtke glaubt zu wissen, woran diese Einstellung liegt: „Viele der insgesamt 102 Bewohner und Bewohnerinnen haben im Laufe ihre Lebens schon ganz andere Situationen überstehen müssen.“ Jochen Albers ist sich hingegen bewusst, dass die nun verhängte Besucher-Sperre auch auf Unverständnis treffen wird: „Es kann passieren, dass es nach ein paar Tagen auf die Stimmung schlägt.“ Denn nicht nur die Angehörigen der Bewohner müssen bis auf Weiteres draußen bleiben, sondern auch zum Beispiel der Friseur.
Das ist nötig, wie Jochen Albers erklärt. Denn er weiß auch: „Irgendwann wird es jemanden von uns treffen. Aber wir wollen es so lange wie möglich hinauszögern.
1991 in Ahaus geboren, in Münster studiert, seit April 2016 bei Lensing Media. Mag es, Menschen in den Fokus zu rücken, die sonst im Verborgenen agieren.
