
© Jürgen Schroer
Abwasser könnte Südlohn bald schon schuldenfrei machen
Abwasserbeseitigung
Südlohn, Gescher und weitere Gemeinden wollen die Abwasserbeseitigung neu regeln. Stimmt die Politik zu, könnte die Gemeinde bald schuldenfrei sein. Höhere Gebühren soll es nicht geben.
Nordkirchen hat’s vorgemacht, Südlohn, Gescher und weitere Kommunen im Kreis Borken könnten folgen. Die Gemeinde Nordkirchen hat ihre Abwasserbeseitigung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Modells auf den Lippeverband übertragen und dafür einmalig 40 Millionen Euro kassiert. Seitdem ist Nordkirchen schuldenfrei und hat noch Geld auf der hohen Kante.
Schuldenfreiheit ist nicht die Haupttriebfeder
Dieser Effekt ist gewollt, aber nicht die Haupttriebfeder: „Es geht uns darum, dauerhaft eine sichere, effiziente Abwasserbeseitigung zu gewährleisten“, erklärt Bürgermeister Christian Vedder am Donnerstag zusammen mit seinem Amtskollegen aus Gescher, Thomas Kerkhoff.
Interkommunale Zusammenarbeit sei gefragt, die Übertragung auf einen Verband – mit millionenschweren Ausgleichszahlungen – nur eine Variante. Beide sehen darin aber ein „gutes Modell“, dessen Umsetzung nach einem positiven Votum im Rat mindestens zwei Jahre dauern würde.
Südlohn will den Weg nur mit Partnern gehen
Südlohn ist Vorreiter, will den Weg aber nur mit weiteren Partnern gehen. In Gescher ist der politische Raum informiert, in öffentlicher Sitzung will Kerkhoff das Thema am 11. März vorstellen. Die Umsetzung ist kompliziert: Während Nordkirchen im Verbandsgebiet liegt, müssten die Kommunen im Kreis Borken eine Anstalt Öffentlichen Rechts (AÖR) gründen, an die sich der Lippeverband wiederum beteiligen könnte.
Auf diesem Wege wäre eine Übertragung der Abwasserbeseitigung möglich, was das Landeswassergesetz seit der Novellierung 2016 zulässt. Wichtig: Es handelt sich nicht um eine Privatisierung und nicht um einen Verkauf des Kanalnetzes, lediglich die Aufgaben und Pflichten der Abwasserbeseitigung werden übertragen.
Höhere Gebühren sollen ausgeschlossen sein
Wichtige Steuerungsinstrumente würden bei der Kommune bleiben. Dazu zählen Investitionsplanung, Satzung und vor allem die Gebühren. Höhere Gebühren als Folge der Übertragung seien ausgeschlossen, weil es sich bei den Wasserverbänden in NRW um Non-Profit-Unternehmen handele, die keine Gewinne erzielen dürften, so die Bürgermeister. „Da schöpft niemand was ab“, so Kerkhoff.
Auch die Mitarbeiter des Abwasserwerkes, die Kerkhoff am Mittwoch über den Sachstand informiert hat, müssten nicht mit Nachteilen rechnen: Sie hätten das Wahlrecht, ob sie weiterhin bei der Stadt oder bei der zu gründenden AÖR beschäftigt sein wollen, und könnten weiterhin ihren Job machen. Das wäre frühestens 2022 der Fall.
Wertausgleich und jährliche Zahlungen
Was das Vorhaben besonders reizvoll macht: Für die Nutzung der bestehenden Abwasseranlagen durch den Lippeverband erhielten die Gemeinden – neben jährlichen Zahlungen für kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen – einen Wertausgleich. In Nordkirchen lag dieser Betrag bei 40 Millionen Euro.
In Südlohn ist die Bewertung der Abwasseranlagen bereits erfolgt – das Ergebnis mochte Vedder am Donnerstag noch nicht beziffern. Ob Gescher – deutlich größer als Nordkirchen – noch mehr kassieren würde, darüber mochte Kerkhoff gestern nicht spekulieren. In jedem Fall sei davon auszugehen, dass Gescher sämtliche Kredite im Kernhaushalt (rund 23 Mio. Euro) und die Schulden des Abwasserwerkes auf einen Schlag tilgen könnte. Das würde ganz neue Spielräume eröffnen, weil damit auch die jährlichen Zins- und Tilgungszahlungen der Stadt von zurzeit rund 500.000 Euro entfallen würden.
Einen ähnlichen Effekt erhofft sich Vedder für Südlohn. Was der Haken an der Sache ist? „Es gibt keinen“, versichert Südlohns Bürgermeister. Das Thema sei von allen Seiten geprüft worden. Vorrangiges Ziel sei aber nicht die Schuldenfreiheit, sondern die Sicherstellung einer funktionierenden Abwasserbeseitigung.