62 Jahre nach Rettung vor dem „Feuertod“ Barbara und Josef sind zurück in Südlohn

Nach über 60 Jahren: Altarfiguren finden den Weg zurück nach Südlohn
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Die Geschichte rund um die beiden Altarfiguren des Heiligen Josef und der Heiligen Barbara von St. Vitus ist eine kuriose, eine in Etappen und nun mit einem glücklichen Ende, das den Kreis schließt: Vor gut 60 Jahren landeten diese Figuren fast auf dem Osterfeuer – nun sind sie an ihre Ursprungsstätte zurückgekehrt.

An einem Mittwoch im Februar erfolgte die offizielle Übergabe von Prof. Dr. Ursula Frohne und deren Mann Christian Katti an Pfarrer Stefan Scho sowie Doris und Ernst Bennemann vom Heimatverein Südlohn. Seit 1961 waren die Figuren mit kurzer Unterbrechung in der Obhut der Familie Frohne.

„Sie sind schon ein wenig ramponiert.“ Als Ursula Frohne die beiden Figuren im Heimatraum des Pfarrheims bei Tageslicht erblickt, da wird ihr gewiss, welche zwei Schätze ihre Familie bewahrt hat. „Unglaublich fein gezeichnet“, meint sie beim Blick ins Gesicht der Barbara.

Dass Barbara und Josef überhaupt wieder den Weg zurück zu St. Vitus gefunden haben, ist einer glücklichen Fügung und dem beherzten Handeln zweier Stadtlohner vor rund sechs Jahrzehnten zu verdanken. Denn die Figuren wären fast dem Feuer zum Opfer gefallen.

Zwei Stadtlohner werden aktiv

Der Reihe nach. Als vor 13 Jahren Engelbert Niehues den Bericht in der Münsterland Zeitung zu Altarfragmenten, die zurück an die St. Vitus-Kirche gegeben wurden, las, da fühlte er sich umgehend ins Jahr 1961 zurückversetzt. Seinerzeit wartete der Stadtlohner auf einen Anschlussbus in Südlohn auf dem Weg von Bocholt nach Stadtlohn. Vor der Vitus-Kirche war ihm „ein Haufen Gerümpel“ aufgefallen – mittendrin habe „goldglänzend ein Teil des neugotischen Alters gestrahlt“.

Arbeiter hatten den Kirchboden aufgeräumt und die Alterteile aufgeschichtet, die verbrannt werden sollten. In der Folge des zweiten vatikanischen Konzils wurde die Kirche seinerzeit neu gestaltet – Altar und Kommunionbänke sowie Strahlenkreuz und Kreuzweg sollten auf dem Osterfeuer landen.

Dank einer Recherche im Internet haben Prof. Dr. Ursula Frohne, Tochter eines Stadtlohners, und Christian Katti die Verbindung nach Südlohn herstellen können. Damit schließt sich ein Kreis.
Dank einer Recherche im Internet haben Prof. Dr. Ursula Frohne, Tochter eines Stadtlohners, und Christian Katti die Verbindung nach Südlohn herstellen können. Damit schließt sich ein Kreis. © Michael Schley

Im Ansinnen, einige Schätze vor dem „Feuertod“ zu bewahren, machte sich Engelbert Niehues auf zu Ludwig Frohne, um dann mit dessen VW Käfer zu retten, was noch zu retten war. Unter anderem fanden die beiden Stadtlohner die Figuren des Heiligen Josef und der Heiligen Barbara auf dem Holzstoß am Krankenhaus. So gelangten die neugotischen Figuren in die Obhut der Familie Frohne.

„Das war gar nicht so einfach. Mein Vater hat förmlich um die Figuren ringen müssen“, erzählt Ursula Frohne. Der Geistliche habe darauf beharrt, dass die Figuren verbrannt werden müssten, da sie geweiht waren. Ihr Vater blieb hartnäckig.

Doch wohin damit? „Wir hatten seinerzeit nur eine Mietwohnung in Stadtlohn“, erinnert sich Tochter Ursula Frohne zurück. Ludwig Frohne nutzte seine Kontakte zum Stadtarchiv, dort war er ehrenamtlich aktiv. Der Lehrer für Biologie und Erdkunde an der Realschule war sehr interessiert an Geschichte, an Porzellan, aber auch an christlichen Bildstöcken. „Geschichte vor allem mit lokaler Anbindung“, berichtet Ursula Frohne.

So fanden die Figuren den Weg zunächst ins Stadtarchiv. Bis 1964, als Familie Frohne nach Billerbeck zog. Schon als Kriegsversehrter hatte Ludwig Frohne übrigens zuvor das Kreuz aus der Coesfelder Kirche gerettet und bei einem Bauern in der Scheune untergebracht.

Fast 60 Jahre in Billerbeck

Ludwig Frohne hatte eine Stelle als stellvertretender Direktor in Münster angenommen. Die Figuren wurden im Haus in Billerbeck im Wohnzimmer aufgestellt, weitere Fragmente wurden im Keller gehortet. Bis zum Tode Ludwigs vor 14 Jahren und von Frau Anna Katharina, einer sehr engagierten Lehrerin, im Jahre 2018.

Zwischenzeitlich hatte es Ursula Frohne und Christian Katti unter anderem nach Köln verschlagen, dann kamen sie zurück ins Münsterland, nach Havixbeck. Ursula Frohne ist aktuell am Lehrstuhl für Kunstgeschichte in Münster tätig – allerdings eher „in der Moderne und in der Gegenwartskunst“.

Nun ist geplant, das Haus der Eltern in Billerbeck auszuräumen und zu sanieren. „Das soll unser Alterswohnsitz werden“, meint Ursula Frohne und lacht. Doch wohin nun mit den Figuren? „Per Zufall bin ich im Internet auf den Zeitungsartikel gestoßen, in dem berichtet wurde, dass 2010 Fragmente des Altars, die seit 1989 in Stadtlohn gelagert worden waren, den Weg zurück nach Südlohn gefunden haben“, sagt die Professorin.

Seinerzeit über einen Kontakt von Ludwig Frohne zu Bernhard Uepping, Stadtlohns langjährigen Kulturdezernenten. Diesem waren die Fragmente 1989 auf einem Anhänger am Rathaus aufgefallen, als der Dachboden aufgeräumt wurde. Im Denken, diese Altarfragmente gehörten zur Stadtlohner Kirche, hatte er veranlasst, dass diese auf dem Dachboden eingelagert wurden. Über 20 Jahre ein Irrglaube.

Die Zeit hat sichtbare Spuren hinterlassen: Neben Barbara und Josef konnten weitere Figuren und Fragmente übergeben werden.
Die Zeit hat sichtbare Spuren hinterlassen: Neben Barbara und Josef konnten weitere Figuren und Fragmente übergeben werden. © Michael Schley

Für Ursula Frohne sei dieser Fund im Internet „ein Ding des Himmels“ gewesen. Sie recherchierte weiter, erinnerte sich an Stefan Demming, den man während einer Universitätszeit in Bremen kennengelernt hatte. „So sind wir in Südlohn und beim Heimatverein gelandet“, so Ursula Frohne. Spät abends habe sie dann den Hörer in die Hand genommen – und glücklicherweise habe Doris Bennemann auch abgehoben. Der Kreis wurde darauf nun offiziell geschlossen.

Aufbewahrungsort ist noch offen

Ein drittes Mal stellt sich nun die Frage: Wohin mit den Figuren? „Wir werden schon eine Lösung finden“, sagen Pfarrer Stefan Scho und Ernst Bennemann vom Heimatverein unisono. Übrigens: Die Figuren wiegen jeweils an die 20 Kilogramm. Für Christian Katti erfüllt sich obendrein nun ein archivarischer Grundsatz: „Relikte sollten bestmöglich immer so nah wie möglich am Entstehungsort aufbewahrt werden.“

Doch wo stammen sie eigentlich her? „Das können wir noch nicht einmal genau sagen“, meint Pfarrer Scho. Es liege nahe, dass sie in sogenannten Altarnischen aufgestellt wurden. „Es hat gar einen Josef-Altar gegeben“, ergänzt Stefan Scho. Eine der vier Gewölbegänge in der Vitus-Kirche ist nach Barbara benannt. Eines sei gewiss, so Stefan Scho: Auch wenn die Figuren in Teilen schon ramponiert sind – sie sollen so bleiben wie sie sind.