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24 Betriebe buhlen bei Jugendlichen um Aufmerksamkeit für eine Ausbildung
Nacht der Ausbildung
Die Suche nach neuen Auszubildenden stellt viele Betriebe in Südlohn und Oeding vor große Probleme. Viele Stellen sind nicht besetzt. Zusammen wollen sie jetzt die Jugendlichen begeistern.
Immer weniger Jugendliche wollen nach der Schule eine Ausbildung machen. Ein Problem, das längst auch in Südlohn und Oeding angekommen ist. Mit der Nacht der Ausbildung wollen 24 Unternehmen aus beiden Ortsteilen den Jugendlichen präsentieren und bemühen sich um Bewerber. Doch wie schlimm ist es wirklich?
Bei Sven Schonebeck, Geschäftsführer der Zimmerei und Dachdeckerei Schonebeck und Sohn, herrscht im Briefkasten bisher noch Ebbe. Keine einzige Bewerbung hat er für die Ausbildungsstellen im laufenden Jahr bekommen. „Es wird immer schwieriger die Stellen zu besetzen“, sagt der Handwerksmeister. Stellen im Handwerk seien einfach nicht mehr beliebt. Er würde gerne Zimmerer und Dachdecker ausbilden. Ob die Nacht der Ausbildung da etwas bewirken kann, mag er noch nicht abschätzen. „Wir lassen uns überraschen“, sagt er. Probieren will er es auf jeden Fall.
Für potenzielle Bewerber hat er sich jedenfalls einiges einfallen lassen. Jugendliche können auf einem Hubsteiger ausprobieren, ob sie schwindelfrei sind. 10 bis 15 Meter können sie damit hochfahren. Auch können sie kleinere Projekte am Computer gestalten und an einer CNC-Abbundmaschine produzieren. „Das ist das große Klischee: Handwerk ist mehr als nur schleppen und körperliche Arbeit“, erklärt er. Dem will er bei der Nacht der Ausbildung etwas entgegenstellen.
Null bis keine Bewerbungen für die Gastronomie
Bei Theo Pass, Inhaber des Burghotel Pass, sieht das ähnlich aus. Bewerbungen? „Null bis keine“, sagt er. Dabei sei Arbeit in der Gastronomie ein extrem spannendes Feld. Aber auch sein Betrieb habe mit Klischees zu kämpfen: „Meistens geht es um die Arbeitszeiten. Arbeiten, wenn andere feiern sehen viele Jugendliche als Problem“, erklärt er.
Er will dennoch um Bewerber kämpfen und wirbt mit spannender Arbeit in einem jungen Team. Die Nacht der Ausbildung sei auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. „Bei einem Besuch im laufenden Betrieb können wir einfach viel besser zeigen, was wir machen, als wenn wir irgendwo einen Zettel ans Schwarze Brett hängen.“ Auch er hofft noch auf Bewerber für das laufende Jahr.
Bei der Firma Pfreundt in Südlohn sieht es besser aus. Noch konnte das Unternehmen alle Ausbildungsplätze besetzen. Doch auch Prokuristin Anja Schemmick sieht die Probleme: „Es werden einfach stetig weniger Bewerbungen“, sagt sie. Bei den kaufmännischen Berufen sei es noch einfacher, die Stellen zu besetzen. Deutlich schwieriger werde es etwa bei den Elektronikern.
Suche nach neuen Auszubildenden ist eine große Herausforderung
Yvonne Brüninghoff, kaufmännische Leiterin Bewital, nennt die Suche nach neuen Auszubildenden nicht schwierig, aber eine Herausforderung. „Viele wollen studieren“, sagt sie. Dabei sei eine Ausbildung auch für ein späteres Studium ein gutes Fundament. Auch bei Bewital werde es aber komplizierter, die gewerblichen Stellen wie Energieelektroniker, Industriemechaniker oder Mechatroniker zu besetzen.
Bei der Nacht der Ausbildung sollen Auszubildende des Unternehmens ihre Berufe vorstellen. „So wollen wir für Transparenz sorgen und uns als Unternehmen nahbar machen“, erklärt sie. Ihr geht es darum, mehr als nur die Ausbildungsberufe selbst vorzustellen: „Man verbringt ja acht Stunden am Tag bei der Arbeit. Da müssen auch das Team und das Umfeld passen.“ Auch das soll bei der Nacht der Ausbildung vermittelt werden.
Jochen Albers, Henricus-Stift, findet noch deutlichere Worte: „Es wäre dumm, bei so einer Aktion nicht mitzumachen“, sagt er. Aktuell sind im Henricus-Stift noch 25 Auszubildende beschäftigt. Doch auch er blickt auf schwindende Bewerberzahlen. „Als ich vor 15 Jahren angefangen habe, hatten wir monatlich noch mehrere Initiativbewerbungen, denen wir absagen mussten. Die Zeiten sind aber lange vorbei“, erklärt er. Die Nacht der Ausbildung will er als Chance nutzen. „So können wir vor Ort die Tür aufmachen und über unser Spektrum informieren“, erklärt er.
Organisatoren sind vorab mit der Resonanz gut zufrieden
Die Organisatoren sind mit der Resonanz bisher sehr gut zufrieden. „44 Berufe in 24 Unternehmen sind für die erste Auflage eine schöne Sache“, sagt Philipp Ellers von Somit (Südlohn-Oeding Marketing Information und Touristik). Die Nacht der Ausbildung sei natürlich keine Südlohner Erfindung. Ähnliche Formate gab es zuletzt in Ahaus und Bocholt.
Dort jeweils mit großem Erfolg. „Wenn das bei uns gut läuft, gibt es auf jeden Fall eine Wiederholung“, sagt er jetzt schon. Direkte Erfolgsfaktoren gebe es so aber nicht. „Das werten wir nachher in Gesprächen aus“, erklärt er. Klar sei aber auch, dass so eine Veranstaltung nur einer unter vielen Mosaiksteinen sein könne.
44 Berufe in 24 Unternehmen in 2 Ortsteilen
- Die teilnehmenden Unternehmen öffnen am Donnerstag, 23. Mai, von 17 bis 21 Uhr ihre Türen zur ersten Nacht der Ausbildung in Südlohn und Oeding. Interessierte können sich frei zwischen den Unternehmen bewegen. Eine feste Route oder Shuttle-Busse gibt es nicht. Anmeldungen sind nicht nötig.
- Eine Übersicht über die 44 in Südlohn und Oeding angebotenen Ausbildungsberufe gibt es hier. Die 24 teilnehmenden Unternehmen sind hier zusammengefasst.
- Infos rund um die Nacht der Ausbildung tragen die Organisatoren bei Facebook und Instagram zusammen.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
