Alles hat seine Zeit, heißt es in einem Bibelspruch und das wissen auch Gerold und Anneliese Westerhoven aus Südlohn. Schließlich haben sich die beiden Endsechziger Anfang des Jahres dazu entschlossen, mit dem Motorradfahren aufzuhören. „Wir sind ja nicht mehr die jüngsten und man muss auf sich acht geben“, meint Gerold Westerhoven.

Eine andere Trennung plant das Ehepaar außerdem noch. „Wir möchten unsere Krippe verkaufen. Es ist an der Zeit“, sagt der gebürtige Bocholter und blickt etwas wehmütig auf Maria und Josef und die 53 anderen Krippenfiguren, die sie im Wohnzimmer aufgebaut haben.

„Ja, die stehen etwas ungünstig“, gibt Anneliese Westerhoven zu und schmunzelnd etwas, weil Krippe und Figuren vor der Tür ins Wohnzimmer stehen. Die Folge: Besucher können die gute Stube des Hauses nur über die Küche betreten. „Ach, die meisten Besucher kennen das gar nicht anders.“

Seit 1983 wohnen die Westerhovens in dem Haus. Damals waren sich frisch verheiratet und zur Weihnachtszeit wollten sie auch eine Krippe aufstellen. Es sollte allerdings nicht so ein 08/15-Teil sein, sondern etwas Besonders. Also machte man sich auf und begab sich auf die Suche.

„Eine Motorradtour führte uns dann einmal an den Rhein und nach Kevelar“, erinnert sich Anneliese Westerhoven. Und weiter: „Dort stöberten wir durch einen kleinen Laden, eine Art Manufaktur, die auch Krippenfiguren verkaufte.“
Einige Figuren seien den Südlohnern dabei sofort ins Auge gestochen. „Es waren die Heiligen Drei Könige“, erinnert sich die Erzieherin. „Sie faszinierten uns sofort. Vielleicht, weil man sofort sah, dass sie einem Bild vom Albrecht Dürer nachempfunden waren“, sagt Anneliese Westerhoven und zeigt auf ein Bild, das sie auf den Tisch gelegt hat.
Albrecht Dürer nachempfunden
Es ist die Abbildung eines Gemäldes mit Namen „Anbetung der Könige“ und wurde von Dürer im Jahr 1504 geschaffen. Darauf zu sehen sind neben der Maria eben auch die Heiligen Drei Könige.

Gekauft wurden diese Figuren damals trotzdem nicht. „Zunächst haben wir natürlich Maria, Josef und das Jesuskind gekauft“, sagt Gerold Westerhoven. Das war im Jahr 1984 und danach folgten die weiteren Figuren und ein Stall mit den Maßen 120/76/57 (L/H/T) Zentimetern.
„17 Jahre lang haben wir gesammelt und haben vielleicht 3000 Euro für alle Figuren ausgegeben. Die letzte Figur im Jahr 2000“, sagt das Mitglied des Männergesangsvereins Südlohn.
Apfelschimmel unter 55 Figuren
Neben den üblichen Schafen, Kamelen findet man auch außergewöhnliche Tiere in der Krippensammlung: zwei Elefanten und einen Apfelschimmel. „Der Schimmel ist typisch für Dürer“, weiß die Südlohnerin. Das Tier habe er auf vielen Bildern verewigt. „Sehen Sie hier“, erklärt Anneliese Westerhoven mit Blick auf das schon eben angesprochene Anbetungsbild und sagt, dass vor allem diese Figur ein Hingucker in der Grippe sei. „Auch bei unseren beiden Söhnen“, erinnert sie sich.

Zusammen mit den mittlerweile nicht mehr im Haus lebenden Kindern wurde die Krippe sonst um den 1. Advent herum aufgestellt. „Das war ein Familienereignis“, erzählt sie. So habe man immer die passenden Naturmaterialien in der Natur gesammelt und dann gemeinsam die Krippe gestaltet.
„Sie sah jedes Mal anderes aus. Mal stand sie auf dem Boden, mal etwas höher auf einer Tischtennisplatte. Mal verbauten wir mehr Holz, mal benutzten wir mehr Stroh“, erzählt Gerold Westerhoven und ergänzt: „Natürlich haben unsere Kinder auch mit den Figuren gespielt.“
So wurden Schafe schon mal an eine andere Position gestellt, weil es an der alten Stelle kein Gras mehr gegeben habe. „Uns war es wichtig, dass die Kinder sich auch mit der Krippe auseinandersetzen konnten. Vielleicht auch so eine Faszination für diese entwickeln würden wie wir“, sagt Gerold Westerhoven.

Das mit der Faszination habe geklappt, allerdings besetzen die Söhne schon selbst eigene große Krippen. „Beide sind verheiratet. Einer lebt in Bulgarien, einer in Bayern“, erzählt er weiter. Von den Schwiegereltern hätten sie Krippen übernommen. Auch wunderschöne. Dem Kulturkreis angepasste“, erzählt Anneliese Westerhoven und schaut etwas wehmütig auf die eigene Krippe. „Es ergibt keinen Sinn, diese an unsere Kinder weiterzugeben.“
Also habe man sich überlegt, diese zu verkaufen und habe bei Ebay-Kleinanzeigen ein Angebot mit der Überschrift „Krippe mit Seltenheitswert“ veröffentlicht. „Zu Weihnachten sind wir inzwischen häufig bei unseren Kindern. Der Aufwand, die Krippe auf- und abzubauen lohnt sich da nicht mehr wirklich“, sagt Gerold Westerhoven und seine Ehefrau stimmt ihm bedauernd zu. Und alles in Kisten unten im Keller verstauben zu lassen, sei ja auch zu schade, ergänzen sie.
Zwei Interessenten hätten sich bisher bei ihnen gemeldet. Mehr könnten sie noch nicht sagen. Nur, dass sie es genießen, in diesem Jahr die Krippe noch mal in all ihrer Pracht bestaunen zu können.
„Es ist ja wahrscheinlich das letzte Mal“, meint der Südlohner. Auch wenn sie sagen, dass sie die Krippen nicht um jeden Preis abgeben wollen. „Das sind besondere Figuren, die uns in den letzten 40 Jahren ans Herz gewachsen sind und die wir mit viel Leidenschaft ausgesucht haben. Sie sollten auch geschätzt werden und jedes Jahr mit viel Liebe wieder aufgebaut werden.“